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Seelennoete

Seelennoete

Titel: Seelennoete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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Zelle zu dem Bild der Unterwasserkamera in Sams Becken. Abernathy hatte es sich mit einem guten Wein gemütlich gemacht und beobachtete seine beiden Gefangenen. Sam war die letzten Minuten unruhig, mit fast aggressiven Flossenschlägen, umhergeschwommen. Jetzt lag er auf dem Boden des Beckens und bildete Beine aus.
    „So ist es gut, mein Junge“, sagte Abernathy zufrieden. „Du hältst die Einsamkeit nicht aus. Dir bleibt nichts als dein einziger Freund Greg.“
    Der Input hatte gewirkt. Er hatte gesät und würde bald ernten. Er schaltete kurz zu Laine hinüber, die nach wie vor auf dem Sofa lag, dann wählte er wieder die UW-Cam. Sam war nicht zu sehen. Er nahm die Deckenkamera. Sam zog sich soeben aus dem Wasser und blieb auf dem Metallgitter liegen. Nachdem er sich erholt hatte, zog er die Kleider an, die dort stets bereit hingen. Mühevoll schleppte er sich die Stufen hinunter und ging auf die Tür des „Wohnzimmers“ zu. Sofort schaltete Abernathy auf DVD um, klappte den Laptop zu und tat, als würde er fernsehen. Als Sam hereinkam, lief eine Dokumentation über ein Kinderhospital.
    „Hallo, mein lieber Sam“, rief Abernathy gut gelaunt. „Komm doch herein. Setz dich.“
    Sam ging zu seinem Sessel und nahm Platz.
    „Alles in Ordnung? Möchtest du was trinken?“
    „Nein, danke. Was ist das?“, fragte Sam.
    „Oh, entschuldige … das ist nichts Schönes. Ein Film über Kinder im Krankenhaus. Die können einem echt leidtun.“
    „Was haben die denn für eine Krankheit?“, fragte Sam.
    „Das ist ganz verschieden. Jedenfalls gibt es keine Medizin für diese Krankheiten. Das ist meistens das Problem.“
    Sam blickte zum Bildschirm. Großäugige Kinder saßen mit hilflosen Gesichtern in weiß bezogenen Betten. Die Kamera glitt an ihnen vorbei, blieb am Gesicht eines kleinen Mädchens hängen, das traurig in die Linse sah. Sam glaubte beinahe, dass das Menschenkind zu ihnen in den Raum schauen konnte und fühlte sich unbehaglich.
    „Müssen die alle sterben?“, fragte er.
    „Ich denke schon. Zumindest die meisten.“ Abernathy behielt Sam scharf im Auge.
    „Und wo kann man Medizin für sie bekommen?“
    „Hm … das ist nicht so einfach. Die Forschung kommt bei vielen Krankheiten seit Jahren nicht wirklich vom Fleck. Da kann man nichts machen. Nimm dir das nicht so zu Herzen.“ Abernathy schaltete den Fernseher aus. „Ich möchte nicht, dass du das siehst. Das macht dich traurig und ich will, dass es dir gut geht.“
    „Schon gut“, sagte Sam. „Ich bin okay. Ich habe nachgedacht und wollte mit dir reden.“
    „Nenn mich doch Greg“, bot Abernathy an.
    „Okay … Greg. Du hast gesagt, du willst mein Freund werden“, fuhr Sam fort.
    „Ja, und dazu stehe ich auch.“
    „Wenn ich die Freundschaft annehme, lässt du mich dann frei? Ein Freund hält seinen Freund doch nicht gefangen.“
    Abernathy spürte ein warnendes Kribbeln im Nacken. Das hatte er nicht eingeplant. Schlaues Kerlchen.
    „Nun, da hast du zunächst mal recht. Und wie du weißt, habe ich dich hierher gebracht, um dir meine guten Absichten zu beweisen. Du wärest nie freiwillig zu mir gekommen. Habe ich das denn geschafft? Glaubst du mir, dass ich dein Freund sein will?“
    „Ja, ich glaube dir“, sagte Sam.
    „Siehst du, aber ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob du auch mein Freund bist.“ Er sah Sam kurz an.
    „Aber … das bin ich doch“, sagte Sam.
    „Es würde mir helfen, wenn ich deine Freundschaft an irgendwas erkennen könnte. Dann könnte ich sicher sein“, sagte Abernathy. „Was ist, wenn ich dich gehen lasse und du kommst nie mehr zurück?“
    Er schaffte es, seine Stimme traurig klingen zu lassen.
    „Doch, ich würde zurückkommen und dich besuchen. Ich verspreche es. So wie ich früher Laine und Bill besucht habe.“
    Abernathy wischte sich die Augen.
    „Das ist so lieb von dir, Sam. Das bedeutet mir viel.“
    Sam atmete tief durch.
    „Wenn du mir Blut abnehmen dürftest, wäre das ein Freundschaftsbeweis für dich? Dann kannst du vielleicht für die kranken Kinder eine Medizin herstellen.“
    „Das würdest du wirklich tun?“, fragte Abernathy und gratulierte sich innerlich, dass er eben noch die Kurve gekriegt hatte.
    Sam nickte.
    „Also gut, dann komm mit. Ich bewundere deine Einsatzbereitschaft.“ Abernathy öffnete eine Tür zum Nebenzimmer. Sam folgte ihm. Das Licht flammte auf und Sam taumelte vor Schreck zurück, als er all die medizinischen Geräte sah.
    Abernathy fasste ihn sanft an

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