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Seelennoete

Seelennoete

Titel: Seelennoete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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Bill.
    „Wofür?“
    „Dass du nicht die Bullen geholt hast.“
    „Junge, wenn du wüsstest, wie oft in meinem Leben ich schon NICHT die Bullen geholt habe. Frag mal Jerry.“
    Sie trugen Sam zu dem altmodischen Ambulanzwagen, der oben an der Straße parkte. Sam gab keinen Laut mehr von sich und ließ alles über sich ergehen.
    George nahm hinter dem Steuer Platz und Bill schlug die Türen zu, nachdem Jerry zu Sam gestiegen war. Während George behutsam Gas gab, setzte sich Jerry neben Sam und musterte ihn.
    „Hallo Sam“, sagte er freundlich. „Weißt du noch, wer ich bin?“
    Sam nickte zögernd.
    „George? Kann er eigentlich auch sprechen? Ich meine Wörter und so?“, rief Jerry nach vorne.
    „Ja, das kann ich“, sagte Sam. „Du bist Jerry.“
    Jerry nickte.
    „Stimmt genau. Also … äh ... Sam … ich muss sagen … wow. Normalerweise hab ich andere Patienten. Ich werde jetzt versuchen, dir zu helfen, okay?“
    „Okay“, sagte Sam leise. „Das tut so weh.“
    „Das glaube ich. Ich muss jetzt ein paar merkwürdige Dinge tun, Sam. Aber nichts davon tut dir weh. Ist das in Ordnung?“ Jerry legte ihm den Blutdruckmesser um den Arm und pumpte Luft in die Manschette.
    „Ich hab schon Schlimmeres erlebt, als das, was du da hast“, sagte Sam.
    „Glaub ich dir, du kleines Labor-Opfer“, sagte Jerry.
    „Gib nichts drauf, Sam!“, rief George von vorne. „Jerry hat nen schrägen Humor.“
    „Bisschen niedrig, aber noch okay … für nen Menschen“, urteilte Jerry. „Wenn ich jetzt noch wüsste, ob das auch für dich gilt, wär mir wohler.“
    Jerry nahm das Stethoskop und horchte Sam ab.
    „Hm … also du scheinst kein Herz zu haben. Das ist ja großartig. Wie bist du denn so lange ohne Herz ausgekommen?“
    George zollte Jerry im Stillen Anerkennung. Jerry war fabelhaft im Umgang mit Patienten und er hatte sich schnell in den Griff bekommen.
    „Der Einschuss sitzt genau über der Herzgegend. Hab mich vorhin schon gewundert … aha … da haben wir’s. George, der Junge hat das Herz am rechten Fleck, könnte man sagen. Da sind vermutlich ein paar Organe anders angeordnet. Dein Herz sitzt auf der rechten Seite. Glückwunsch, Kleiner. Ich würde dich ja auch zu gerne an den Tropf hängen, wenn ich wüsste, dass ich dich damit nicht umbringe. Ich nehme nicht an, du weißt was über ihn, George? Blutgruppe oder Ähnliches? Verträgt er Medikamente?“
    „Nein, weiß ich nicht“, kam die Antwort von vorne. „Aber Bill könnte was wissen. Wir sind gleich da. Kannst du ihm nicht einfach ein Schmerzmittel geben?“
    „Könnte ich, vorausgesetzt, er verträgt es auch. Aber der Schmerz ist das Einzige, was ihn bei Bewusstsein hält. Wenn ich ihm jetzt was gebe, ist er weg vom Fenster und wir brauchen vielleicht noch ein paar Infos von ihm. Hast du irgendwelche … ich sag mal … Verwandten, Sam?“
    „Ja“, sagte Sam. „Meinen Onkel.“
    „Wo ist der? Ist er so wie du?“, fragte Jerry.
    „Ja … ich weiß nicht, wo er jetzt ist. Oft geht er wohin, wo er was trinken kann. Er sagt immer, er geht was trinken.“
    „Sam und sein Onkel sind manchmal auch auf Beinen unterwegs, Jerry. Ich weiß, wie das klingt, aber glaub es mir einfach, okay?“
    „Du machst mich fertig, Alter. Du willst mir erzählen, die können mal eben …?“
    „Ist eine Art Metamorphose oder so was. Ich hab’s selbst gesehen. Lass uns das später besprechen, ja?“
    Jerry atmete einmal durch und kratzte sich den Nacken.
    „Mannomann, da machste was mit. George? Wir beide. Später. Unter vier Augen. Falls sie mich dann noch nicht in ner Zwangsjacke abgeführt haben. Bis dahin würde ich gern daran glauben, dass ich noch im Bett liege und penne und gleich der Wecker klingelt. Und sonst gar nichts.“
    „Geht klar.“
     Jerry wandte sich wieder Sam zu. „Er geht also was trinken. Der Knabe scheint ein Schluckspecht zu sein. Geht er in Bars? Und geht er da auch morgens hin?“
    „Ja, ich glaube schon. Da in der Nähe, wo früher meine Höhle war.“
    „Weißt du das nicht genauer?“, fragte George von vorne. Sam schüttelte schwach den Kopf und schloss die Augen.
    „Hey, hey Kleiner … hiergeblieben.“ Jerry klopfte ihm auf die Wangen. „George, beeil dich. Das haut nicht mehr lange hin.“
     
     
     
    Bill parkte hinter dem Krankenwagen auf dem kleinen Hinterhof von Jerrys Haus. Laine saß neben ihm. Sie hatte während der Fahrt kein Wort gesprochen. Sie trug trockene Kleidung von Bill, aber ihr Haar hing noch

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