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Seelennoete

Seelennoete

Titel: Seelennoete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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schmerzlich.
    „Manchmal, wenn Bill Laine umarmt hat, dann wollte ich ihn auch unter Wasser ziehen und dort festhalten. Das ist schrecklich von mir, aber ich kann nichts dagegen tun.“
    „Wolltest du Laine auch schon mal unter Wasser ziehen und festhalten?“, fragte George und Jerry warf ihm einen bedeutungsschweren Blick zu.
    „Nein, noch nie“, sagte Sam. „Aber ich bin auch schuld, dass mein Vater tot ist. Ich bin schuld und ich will schlimme Sachen tun. Mein Onkel ist böse auf mich. Er war doch sein Bruder. Deshalb wird er mir nicht helfen. Und ihr braucht mir auch nicht zu helfen. Ich hab das nicht anders verdient, als es jetzt ist.“ Sam starrte zur Decke und die Tränen liefen unablässig aus seinen Augen.
    „Ich kenne die ganze Geschichte. Bill hat mir alles erzählt. Das war nicht deine Schuld. Dein Vater war ein erwachsener … Meermann. Er hat so entschieden und Unfälle passieren. Sie können jeden treffen. Du bist genauso unschuldig daran wie er.“ George drückte Sams Hand.
    „Darf ich auch mal was sagen?“, meldete sich Jerry zu Wort. „Weißt du, was ein Instinkt ist?“
    „Nein“, sagte Sam traurig.
    „Die Menschen kennen viele Geschichten, in denen Fischmenschen, Meerjungfrauen oder ähnliche Viecher vorkommen, die Menschen ertränken, also unter Wasser ziehen und dort festhalten, bis sie sterben. Kann es nicht sein, dass es zu eurer Natur gehört, das zu tun? Instinkte bringen uns dazu, Dinge zu tun, die wir im Jetzt nicht mehr in dieser Form brauchen, aber versteckt in uns sind sie noch da. Wenn das unter Wasser ziehen von Menschen in deinen Instinkten noch verankert ist, dann kannst du nichts dafür.“
    Sam sah zu ihm auf. „Wirklich nicht?“
    „Jerry hat recht“, sagte George. „Da kannst du nichts dafür. Aber du kannst gegen dieses Verlangen angehen. Laine wolltest du nie ertränken. Du kannst es, wenn du jemanden magst. Und du kannst Leben retten. Das haben wir heute gesehen. Allein deshalb bin ich dir für immer dankbar, Sam. Du kannst jederzeit auf mich zählen.“
    Sam presste die Lippen zusammen. George erkannte Sams Seelennöte genau. Er hatte jahrelange Erfahrung. Dieser Junge war schwer traumatisiert, vollkommen verwirrt und einsam mit seinen Problemen, woran Abernathy mit Sicherheit nicht ganz unschuldig war. Vielleicht hatte er den Abgrund in Sams Geist geöffnet, ihn aber dann hinein fallen lassen, statt ihn aufzufangen. In diesem Moment riss Bill die Tür auf.
    „Ich glaube, ich hab ihn.“
    „Am Telefon?“, fragte George. Bill nickte. „Der Barkeeper hat ihn ans Telefon geholt. Anscheinend hängt der da ständig ab. Willst du mit ihm reden?“
    Bill hielt ihm das Handy hin und George nahm es.
    „George Cunnings hier. Spreche ich mit Sams Onkel Marc?“
    „Was wollen Sie?“, fragte eine Stimme.
    „Vielleicht interessiert es Sie, dass Ihr Neffe schwer verletzt ist.“
    „Inwiefern verletzt“, sagte Marc, ohne den Satz als Frage zu betonen.
    „Eine schwere Schusswunde. Er benötigt dringend eine Blutspende und da kamen Sie uns in den Sinn, da wir leider alle nicht in Frage kommen, wie Sie sich denken können. Kann ich mit Ihnen rechnen? Wir holen Sie auch ab.“
    Schweigen am anderen Ende der Leitung. Dann sagte Marc: „Woher weiß ich, dass ich Ihnen trauen kann.“
    George hielt Sam das Telefon hin: „Sag ihm was in deiner Sprache.“
    Sam sirrte schwach.
    „Gut, ich komme“, sagte Marc.
    „Vielen Dank, M… aufgelegt.“
    George sah Bill verwundert an.
    „Vielleicht ist er nur geschockt von der Nachricht“, mutmaßte Bill.
    „Dein Onkel wird bald hier sein, Sam.“ George lächelte ihm aufmunternd zu.
    „Das … kann ich nicht glauben“, sagte Sam und versuchte, den Kopf zu heben. „Er würde nie …“
    Er stöhnte vor Schmerzen auf.
    „Ich bin unterwegs. Handykontakt“, sagte Bill.
    „Und ich werde es dir jetzt etwas leichter machen, Sam. Du warst sehr tapfer“, sagte Jerry und zog eine Spritze auf.
    „Ich denke, wir wissen alles, was wir wissen müssen.“
    „Wie lange wirst du brauchen hin und zurück?“, fragte George.
    „Ich denke, so ne gute Stunde. Und Laine bleibt besser hier. Wir kennen den Kerl ja überhaupt nicht.“
    Jerry beugte sich über Sam. „So, jetzt gibt’s ne Dröhnung, die sich gewaschen hat. Die Schmerzen hören gleich auf.“
    Bill verließ den Raum und kurz darauf hörte man, wie der Motor ansprang und er zurücksetzte.
     
     
    Sam lag ganz still und die Augen waren ihm zugefallen. Die Wirkung des

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