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Seelennoete

Seelennoete

Titel: Seelennoete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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Schmerzmittels hatte eingesetzt. Als George seine Hand drückte, reagierte er nicht.
    „Jerry?“, fragte George ruhig.
    „Das ist normal. Hab dir ja gesagt, wenn ich ihm was gebe, ist er hinüber. Die Anstrengung, die Ängste und die Schmerzen, die fordern irgendwann ihren Tribut. Lass ihn einfach schlafen.“
    „Dann wird er nicht wach sein, wenn sein Onkel hier ist.“
    Jerry seufzte und nahm George sanft beiseite.
    „Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass er diesen Moment noch erleben wird“, flüsterte er.
    „Was? Das ist nicht dein Ernst.“
    „Seh ich aus, als würd ich Witze machen?“ Jerry ging zur Liege zurück und fühlte Sams Puls.
    „So. Schläft tief und fest. Ich hab mich schon gewundert, dass er immer noch durchhält. Ganz schön zäher Bursche.“
    „Und warum hast du ihm jetzt das Schmerzmittel gegeben? Er wird seinen Onkel dann vielleicht gar nicht mehr sehen.“
     „Fragt man sich nur, ob er da wirklich was verpasst. Der ist ja nicht gerade in Tränen ausgebrochen. Und bringt es was, wenn Sam sich zu Tode quält? So hat er wenigstens noch gedacht, sein Onkel kommt zu ihm. Ich fand, das war einfach der richtige Moment, ihn von den Schmerzen zu erlösen. Ich hab jede Minute mit einem Zusammenbruch gerechnet. Ein Mensch wäre schon viermal tot an seiner Stelle.“
    „Das muss ich jetzt Laine sagen“, meinte George tonlos.
    „Würde ich nicht machen“, sagte Jerry. „Lass sie einfach. Es bringt ihr nichts, weinend hier zu stehen, bis es vorbei ist.“
    „Und wenn du es mit einer Infusion zur Überbrückung versuchst?“, fragte George. Jerry wiegte den Kopf.
    „Das habe ich natürlich erwogen. Ist aber ne schwere Entscheidung. Wenn er sie nicht verträgt und ihn das umbringt, beißen wir beide uns in den Arsch, dass wir nicht auf den Blutonkel gewartet haben. Das ist ne winzige Chance, aber immerhin. Wenn er jetzt in den nächsten Minuten stirbt, dann ärgern wir uns, dass wir die Infusion nicht versucht haben. Wer soll das entscheiden?“
    „Ich entscheide es“, sagte George. „Gib ihm die Infusion.“
    Jerry sah ihn über die Brillengläser hinweg an.
    „Du siehst aus, als hättest du ihn adoptiert, weißt du das? Aber du hast noch ein anderes Kind. Vielleicht solltest du mal nach deiner Tochter sehen.“
    George betrat den kleinen Nebenraum. Laine saß mit angezogenen Beinen auf einem Stuhl und hatte die Arme um die Knie geschlungen. Er kannte diese Haltung bei seinem Kind und wusste sofort Bescheid.
    „Hey, Schätzchen“, sagte George.
    „Wie geht es Sam?“, fragte Laine. Es klang verheult.
    „Jerry kümmert sich um ihn“, sagte George ausweichend. „Wir beide sollten uns jetzt mal unterhalten.“
     
     
    Als Bill sich auf dem Parkplatz des „Fisherman“ umsah, konnte er niemanden entdecken. Um die Uhrzeit sah man nur wenige Autos, die vor der Kaschemme parkten.
    Irgendwie geil, dass er sich diese Kneipe ausgesucht hat, dachte er.
    „Hallo? Marc?“, rief Bill leise.
    Eine Gestalt löste sich aus den Schatten der Bäume, die den Parkplatz des „Fisherman“ säumten. Der große blonde Mann sah schon von Weitem riesig aus. Als Bill auf ihn zuging, wurde er irgendwie zu schnell immer größer. Den Kerl nahmen sie garantiert in jedem Basketballteam mit Handkuss. Er trug Jeans, ein Hemd und überraschenderweise auch Schuhe. Sam weigerte sich bis heute, Schuhe zu tragen und lief immer barfuß.
    „Sind Sie Marc? Ich bin Bill.“ Bill streckte dem Mann die Hand hin, der sie ignorierte.
    „Interessiert mich einen Dreck, wer du bist. Fahr mich jetzt da hin“, sagte der Riese.
    Bill hob die Brauen, dann lächelte er süffisant.
    „Kein Problem. Wissen Sie, ich habe die Erziehung Ihres Neffen mit übernommen. Und wie man an Ihnen sieht, keinen Tag zu früh. Steigen Sie ein.“
     
     
    Eine SMS kündigte sich durch ein schwaches Piepsen in Georges Tasche an. Er sah nach.
    Hab ihn und bin gleich bei euch, Bill.
    Laine wischte sich über die Augen. „Ich hab so ein schlechtes Gewissen, Dad. Abernathy hatte recht. Ich hab Sam Hoffnungen gemacht und jetzt hasst er mich.“
    „Schätzchen, er hasst dich doch nicht. Er hat ein bisschen Liebeskummer. Das vergeht wieder. Und du hast jetzt die Chance, was daraus zu lernen. Möchtest du denn mit Bill zusammen sein oder bereust du es jetzt?“
    Jerry öffnete die Tür. „Alles klar hier? Ich sag euch, der Kleine ist vielleicht ein zäher Hund. Hat sich am Leben festgebissen. Hat Bill sich mal gemeldet?“
    „Er ist auf dem

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