Seelenprinz
Qhuinn.« Ihr Ton wurde scharf. » Da draußen wartet deine Arbeit. Und du hast gehört, was Havers gesagt hat. Es wird eben eine Weile dauern, und das kann sich ziemlich in die Länge ziehen. Es besteht keine Gefahr, dass ich verblute, und ehrlich gestanden habe ich vor dir das Gefühl, stark sein zu müssen. Dazu fehlt mir die Kraft. Bitte komm und sieh zwischendurch nach mir, ja? Aber ich werde verrückt, wenn du hier dein Lager aufschlägst, bis die Sache überstanden ist.«
Sprachlose Verzweiflung.
Das empfand Qhuinn, als er auf der Bettkante saß und Laylas Hand hielt.
Kurz danach stand er auf, um zu gehen. Sie hatte recht. Sie brauchte möglichst viel Ruhe, und abgesehen davon, sie anzustarren und ihr das Gefühl zu geben, ein Freak zu sein, konnte er nichts tun.
» Ich bin immer in deiner Nähe.«
» Das weiß ich.« Sie hob seine Faust an die Lippen, und er erschrak, wie kalt sie waren. » Du hast… mehr getan, als ich erbitten hätte können.«
» Nicht doch, ich habe doch nichts…«
» Du warst hochanständig. Zu jeder Zeit.«
Das war Ansichtssache. » Hör zu, ich habe mein Handy bei mir. Ich komme in ein paar Stunden wieder und seh e nach dir. Wenn du schläfst, werde ich dich nicht stören.«
» Danke.«
Qhuinn nickte und begab sich seitwärts zur Tür. Er hatte mal gehört, dass man einer Auserwählten nicht den Rücken zuwandte, und etwas Benimm konnte ja wohl nicht schaden, fand er.
Er schloss die Tür und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Der Einzige, den er jetzt sehen wollte, hatte kein Interesse daran…
» Was ist los?«
Die Stimme erschreckte ihn derart, dass er dachte, er hätte sie sich eingebildet. Doch dann trat Blay aus der Tür des Salons im ersten Stock. Als hätte er die ganze Zeit dort gewartet.
Qhuinn rieb sich die Augen und lief los, angezogen von dem einen, den er sich so sehr an seine Seite gewünscht hatte.
» Sie verliert es«, hörte Qhuinn sich tonlos sagen.
Blay murmelte eine Antwort, aber Qhuinn hörte sie nicht.
Merkwürdig, der Schwangerschaftsabgang hatte bisher nicht real gewirkt. Nicht, bis er Blay davon erzählt hatte.
» Wie bitte?«, fragte Qhuinn, als ihm auffiel, das Blay auf eine Antwort wartete.
» Kann ich irgendetwas tun?«
Schon komisch. Qhuinn hatte immer das Gefühl gehabt, als wäre er erwachsen auf die Welt gekommen. Aber er war eben nie verhätschelt oder verwöhnt worden, niemand hatte ihn getröstet, wenn er sich wehgetan hatte, oder bei Furcht in den Arm genommen. Infolgedessen fiel er nie auf kindliche Verhaltensweisen zurück. Denn solche kannte er nicht.
Und doch klang er wie ein Kind, als er jetzt sagte: » Mach, dass es aufhört?«
Als hätte allein Blay die Macht, ein Wunder zu bewirken.
Und dann… wurde ihm sein Wunsch erfüllt.
Blay breitete die Arme aus und bot Qhuinn den einzigen Zufluchtsort, den es je für ihn gegeben hatte.
» Mach, dass es aufhört?«
Blay begann am ganzen Leib zu zittern, als Qhuinn diese Worte aussprach: Er kannte den Kerl nun schon so viele Jahre und hatte ihn in vielen Stimmungen und Situationen erlebt. Aber nie so. Nie so vollkommen am Boden zerstört.
Wie ein verängstigtes Kind.
Und obwohl er sich ernsthaft vor allen gefühlsmäßigen Verquickungen hüten musste, breiteten sich von ganz allein seine Arme aus.
Als Qhuinn zu ihm kam, erschien er viel kleiner und zerbrechlicher, als er es in Wirklichkeit war. Und die Arme, die sich um Blays Hüften schlangen, schienen keine Kraft in den Muskeln zu haben.
Blay stützte sie beide.
Er erwartete, dass Qhuinn sich bald von ihm lösen würde. Normalerweise ertrug der Kerl Körperkontakt nicht länger als eine Sekunde, sofern es nicht um Sex ging.
Aber Qhuinn rührte sich nicht. Er schien bereit, für alle Zeiten hier im Eingang zum Flur zu stehen.
» Komm«, sagte Blay, zog Qhuinn in den Salon und schloss die Tür. » Zum Sofa.«
Qhuinn schlurfte hinter ihm her.
Sie setzten sich einander zugewandt hin, sodass sich ihre Knie berührten. Als Blay ihn ansah, bewegte ihn die Traurigkeit des Freundes so tief, dass er unwillkürlich die Hand ausstreckte und über das schwarze Haar strich .
Unvermittelt klappte Qhuinn in der Mitte zusammen und schmiegte sich an Blay, floss regelrecht in seinen Schoß.
Insgeheim erkannte Blay, dass sie sich auf gefährlichem Terrain bewegten. Sex war das eine– und schon das war nicht leicht zu verdauen. Aber dieser stille Moment hatte das Potenzial, ihn zu zerstören.
Aus diesem Grund war er auch am Tag
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