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Seelenprinz

Seelenprinz

Titel: Seelenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. Ward
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zuvor aus dem Schlafzimmer geflohen.
    Doch jetzt war alles anders, jetzt hatte er die Sache in der Hand. Qhuinn war der Trostsuchende, und Blay konnte ihm nachgeben oder sich verwehren, je nach Gefühl: Halt zu bieten war nicht das Gleiche wie gehalten zu werden– oder Halt zu brauchen.
    Für Blay war es okay, anderen eine Stütze zu sein. Das war sicher, denn in dem Fall hatte er die Kontrolle. Es war etwas ganz anderes, als in den Abgrund zu stürzen. Niemand wusste das so gut wie er: Er war jahrelang da unten gewesen.
    » Ich würde alles tun, um es zu ändern«, sagte Blay und streichelte Qhuinn über den Rücken. » Es tut mir so leid, dass du das durchmachen musst . «
    Ach, Worte waren einfach nutzlos.
    Sie verharrten eine Ewigkeit in dieser Haltung, und die Stille umschloss sie wie ein Kokon. In regelmäßigen Abständen schlug die alte Uhr auf dem Kaminsims, und dann, nach einer Weile, fuhren die Rollläden vor den Fenstern herunter.
    » Ich wünschte, ich könnte etwas tun«, sagte Blay, als sich die Läden mit einem metallischen Scheppern schlossen.
    » Du musst wahrscheinlich weg.«
    Blay ließ diesen Kommentar im Raum stehen. Denn die Wahrheit wollte er nicht zugeben. Keine zehn Pferde, keine Feuerwaffen, Brechstangen, Löschschläuche, Elefantenherden… nicht einmal ein Befehl vom König persönlich hätte ihn von hier wegbewegen können.
    Und ein Teil von ihm ärgerte sich. Nicht über Qhuinn, sondern über sein eigenes Herz. Doch gegen die eigene Natur kam man nicht an– das wurde ihm nun nach und nach klar. Die Trennung von Saxton, das Coming-out vor seiner Mutter, dieser Moment hier, all das trug zu dieser Erkenntnis bei.
    Qhuinn stöhnte und richtete sich auf, dann rieb er sich das Gesicht. Als er die Hände sinken ließ, waren seine Wangen gerötet, wie auch seine Augen, aber nicht, weil er weinte.
    Sein Kontingent an Tränen hatte er für die nächsten zehn Jahre offensichtlich in der vergangenen Nacht verbraucht, als er vor Erleichterung geweint hatte, weil er einem Familienvater das Leben gerettet hatte.
    Hatte er zu diesem Zeitpunkt schon gewusst, dass es Layla nicht gut ging?
    » Weißt du, was das Schlimmste ist?«, fragte Qhuinn und klang schon wieder mehr wie er selbst.
    » Was?« Es stand so viel zur Auswahl.
    » Ich habe das Kind gesehen.«
    Die feinen Haare in Blays Nacken kitzelten. » Wovon redest du?«
    » Weißt du noch, wie mich die Ehrengarde erwischt hat und ich fast gestorben wäre?«
    Blay hüstelte. Die Erinnerung stand ihm so klar vor Augen, als wäre es erst eine Stunde her. Und doch klang Qhuinn vollkommen ruhig und gefasst, als würde er von einem Abend im Club erzählen oder dergleichen. » Äh, ja, ich entsinne mich.«
    Ich habe dich wiederbelebt dort am Straßenrand, verdammt noch mal, dachte er.
    » Ich bin zum Schleier aufgestiegen…« Qhuinn stutzte. » Alles in Ordnung?«
    Ach, nicht doch, alles bestens. » Entschuldige. Erzähl weiter.«
    » Ich war dort. Ich meine, es war… genau so, wie alle immer sagen. Alles war weiß.« Qhuinn rieb sich erneut das Gesicht. » Weiß, weiß. Überall. Da war eine Tür, und ich ging darauf zu… Ich wusste, wenn ich den Knauf drehe, dann gehe ich rein und es gibt kein Zurück mehr. Ich streckte die Hand danach aus… und da sah ich sie. In der Tür.«
    » Layla«, unterbrach Blay ihn, und er hatte das Gefühl, als hätte ihm jemand ein Messer in die Brust gestoßen.
    » Meine Tochter.«
    Blay stockte der Atem. » Deine…«
    Qhuinn sah ihn an. » Sie war… blond. Wie Layla. Aber ihre Augen…« Er deutete auf sein eigenes Gesicht. » …das waren meine. Ich zog meine Hand zurück, als ich sie sah, und dann lag ich auf einmal wieder am Straßenrand. Ich hatte zunächst keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte. Aber dann, lange Zeit später, kommt Layla in die Triebigkeit und wendet sich an mich, und alles fügte sich zusammen. Es fühlte sich an… als wäre das alles vorherbestimmt gewesen. Es war Schicksal, verstehst du? Sonst wäre ich nie bei Layla gelegen. Ich habe es nur getan, weil ich wusste , dass wir ein kleines Mädchen bekommen.«
    » Heilige Jungfrau.«
    » Aber ich habe mich getäuscht.« Er rieb sich zum dritten Mal über das Gesicht. » Vollkommen getäuscht– und ich wünschte wirklich, ich hätte die Finger davon gelassen. Nichts bereue ich in meinem Leben mehr– na ja, bis auf eine Sache, um genau zu sein.«
    Blay musste sich fragen, was noch schlimmer sein konnte als die Situation, in der Qhuinn

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