Seelenprinz

geblasen.
    » Ich habe hier etwas für Sie.«
    » Nachschub? Ach herrje, woher wussten Sie das nur? Ich habe nur noch fünfzig Gramm übrig, und ich…«
    Connors alias C-Rider war schnell. Mit drei Schritten war er bei dem Haupt- Lesser, holte weit aus und stieß ihm das Messer in einer großen, kreisförmigen Bewegung seitlich in den Kopf. Die Stahlklinge drang tief ein, schnitt durch die weiche Knochenregion der Schläfe und bohrte sich in die umnebelten grauen Zellen.
    Der Haupt- Lesser bekam einen Krampfanfall– möglicherweise aufgrund der Verletzung… wahrscheinlicher aber, weil seine Adrenalindrüsen sich soeben restlos in die Blutbahnen entleert hatten und der Stoff sich nicht gut mit dem Kokain vertrug. Als der kleine Haufen Scheiße vom Stuhl kippte und zu Boden ging, blieb das Messer in Connors’ Hand und löste sich aus dem Schädel, die Klinge verschmiert mit schwarzem Blut.
    Connors begegnete dem fassungslosen Blick seines von nun an ehemaligen Chefs und genoss seine eigene Beförderung in vollen Zügen. Omega war höchstpersönlich bei ihm erschienen und hatte ihm den Job angeboten, da er zweifellos wie alle anderen erkannt hatte, dass einen Skater-Punk alles überforderte, was die Organisation eines Pokerabends überstieg. Zugegeben, der Kerl war recht effektiv gewesen, was den Truppenzuwachs betraf. Aber Quantität war eben nicht Qualität, und es bedurfte keiner Army, Navy, Air Force oder der Marines, um zu erkennen, dass es in der Gesellschaft der Lesser von gesetzlosen Youngstern mit ADHS -Syndrom nur so wimmelte.
    Mit einem Fußvolk wie diesem war es schwierig, irgendwelche Pläne umzusetzen– es sei denn, man hatte einen echten Profi an der Spitze.
    Und deshalb hatte Omega diese Sache hier ins Laufen gebracht.
    » Wa-wa-warum…«
    » Sie sind gefeuert, Arschloch.«
    Der letzte Schritt der gewaltsamen Pensionierung bestand in einem zweiten Messerstich, diesmal mitten in die Brust. Mit einem lauten Knall und etwas Rauch war das neue Regime etabliert.
    Und Connors war der neue Chef.
    Kurz trat ein überlegenes Lächeln auf Connors’ Züge, ehe er den Blick durch den Raum schweifen ließ. Aus irgendeinem Grund musste er an die Febreze-Werbung denken, in der ein stinkendes Loch von einem Raum wie bekloppt mit dem Zeug besprüht wurde, ehe dann » Leute von der Straße, keine Schauspieler« reingeholt wurden, die herumschnuppern sollten.
    Mann, abgesehen von den Essensresten– Jäger benötigten keine Nahrung– war alles da: die Stockflecken an der Decke, die schäbigen Möbel, der tropfende Wasserhahn… und insbesondere der ganze Mist, den eine mehrfache Drogenabhängigkeit so mit sich brachte. Spritzen, Löffel, sogar die Zweiliterflasche Sprite, die als Crystal-Meth-Labor diente, lagen in der Ecke.
    Das hier sah nicht aus wie ein Machtzentrum. Es war ein ordinäres Crackhouse.
    Connors schnappte sich das Handy von dem Loser. Das Display war gesprungen, und auf der Rückseite befand sich ein klebriger Fleck. Das Ding war nicht passwortgeschützt, und als er das Postfach öffnete, stieß er auf jede Menge kriecherischer Nachrichten, viel Blabla und Glückwünsche zur Initiationszeremonie, die heute steigen sollte.
    Aber der Haupt- Lesser hatte nichts von alledem gewusst. Es war nicht seine Party.
    Doch Connors würde keine Vergeltung üben. Diese arschkriechenden Schleimer versuchten nur zu überleben und würden jedem die Stiefel lecken, um weiter zu atmen. Er ging davon aus, dass dieselben Leute bald bei ihm anklopfen würden, und das war ganz in seinem Sinne. Spione hatten immer ihren Platz im großen Gefüge.
    Und es gab wirklich viel zu tun.
    Nach allem, was er in seiner dankenswert kurzen Zeit des Buckelns herausgefunden hatte, verfügte die Gesellschaft der Lesser kaum noch über Mittel wie Waffen, Munition oder Immobilien. Es gab kein Bares, weil sich dieser Loser alles, was bei kleinen Raubzügen abgefallen war, durch die Nase gezogen oder in den Arm gespritzt hatte. Es gab keine Liste der Rekruten, keine Truppenorganisation, kein Training.
    Hier musste einiges neu aufgebaut werden, und zwar schnell…
    Ein kalter Luftzug streifte ihn, und Connors drehte sich um. Omega war aus dem Nichts erschienen, die weiße Robe des Bösen leuchtete hell, der schwarze Schatten darunter sah aus wie eine optische Täuschung.
    An den Ekel, der ihn erfasste, musste sich Connors wohl erst noch gewöhnen. Omega unterhielt eine sehr spezielle Beziehung zu seinen Haupt- Lessern – und vielleicht war