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Seelenprinz

Seelenprinz

Titel: Seelenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. Ward
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möglich, dass die Gesellschaft der Lesser in mein Geschäft einsteigen möchte?«
    Xcor saß im Kerzenlicht, allein.
    Im Lagerhaus war alles ruhig, seine Soldaten waren noch nicht zurück, und auch über ihm liefen keine Menschen oder Schatten oder sonst etwas herum. Die Luft war kalt, das Gleiche galt für den Betonboden unter ihm. Alles war dunkel, außer diesem kleinen, goldenen Lichtsee, an dessen Rand er saß.
    Eine leise Stimme in seinem Hinterkopf meldete, dass die Dämmerung bedenklich nah bevorstand. Und da war noch was anderes, etwas, woran er sich erinnern sollte.
    Aber keiner dieser Gedanken hatte eine Chance, durch den Nebel zu ihm durchzudringen.
    Er hatte den Blick auf die Kerzenflamme geheftet und ging die Nacht wieder und wieder in Gedanken durch.
    Dass er den Sitz der Bruderschaft gefunden hatte, war womöglich etwas zu viel gesagt– aber auch nicht ganz falsch. Er war dem Mercedes aufs Land gefolgt, Meile für Meile, ohne einen wirklichen Plan, was zu tun sei, wenn er anhielt… als ihr Signal völlig unvermittelt verlorenging oder vielmehr radikal abgelenkt wurde– wie ein Ball, der gegen eine Wand prallte und in die Gegenrichtung weiterflog.
    Verwundert war er umhergeirrt und hatte sich hierhin und dorthin materialisiert, vor und zurück– und dabei hatte ihn ein merkwürdiges Grauen beschlichen, als wäre seine Haut eine Antenne und warnte ihn vor unmittelbarer Gefahr. Er hatte sich ein Stück zurückgezogen und war am Fuße eines Berges gestanden, dessen Konturen selbst im hellen Mondlicht verschwommen und undeutlich erschienen.
    Das musste ihr Standort sein. Vielleicht oben auf dem Gipfel. Oder an der rückseitigen Flanke.
    Eine andere Erklärung gab es nicht , schließlich wohnte die Bruderschaft beim König, um ihn zu beschützen… also würden sie alle möglichen Schutzvorkehrungen treffen, und vielleicht brachten sie Technologien und geheimnisvolle Maßnahmen zum Einsatz, die niemandem sonst zur Verfügung standen.
    Hektisch hatte er die Umgebung abgesucht und den Berg mehrfach umkreist, spürte aber nichts als die Brechung ihres Signals und dieses merkwürdige Grauen. Letztlich schloss er, dass sie irgendwo in diesem weitläufigen, undurchdringlichen Areal stecken musste. Er hätte es gespürt, hätte sie es verlassen, egal, in welche Richtung, und wäre sie in ihren heiligen Tempel zurückgekehrt oder auf eine andere Existenzebene oder – der Himmel verbiete es – gestorben, hätte er sie doch sicher gar nicht mehr gespürt.
    Seine Auserwählte war irgendwo auf diesem Berg.
    Xcor kehrte zur Lagerhalle zurück, in die Gegenwart, an den Ort, an dem er jetzt saß, und rieb langsam die Hände aneinander, vor und zurück, während seine Schwielen in der Stille ein schabendes Geräusch machten. Links von ihm, am Rande des Kerzenscheins, hatte er seine Waffen aufgereiht, die Dolche, die Schusswaffen und seine geliebte Sense, sorgfältig angeordnet neben der unachtsam hingeworfenen Überkleidung, die er abgelegt hatte, sobald er sich diesen Flecken auf dem Boden ausgesucht hatte.
    Er blickte seine Sense an und wartete darauf, dass sie zu ihm sprach: Das tat sie oft, ihre blutrünstige Art passte zu der Aggression, die in seinen Adern floss, die sein Denken bestimmte und sein Handeln antrieb.
    Er wartete darauf, dass sie ihn aufforderte, die Brüder dort anzugreifen, wo sie ihre Schlafstätte hatten. Wo ihre Frauen waren. Wo ihre Kinder schliefen.
    Das Schweigen war besorgniserregend.
    Dabei war es der Wunsch nach Macht, der ihn in die Neue Welt geführt hatte, und die kühnste Ausdrucksform dieses Wunsches war es, den König zu stürzen– also hatte er ganz selbstverständlich diesen Kurs eingeschlagen. Und er machte Fortschritte. Das Attentat vom Herbst, das zweifellos das Todesurteil für ihn und seine Soldaten bedeutete, war ein strategischer Schachzug gewesen, der den Krieg beinahe beendet hatte, ehe er überhaupt begann. Die Zusammenarbeit mit Elan und der Glymera trieben seine Pläne darüber hinaus voran und festigten seinen Stand in den Kreisen der Aristokratie.
    Aber was er heute Nacht erfahren hatte…
    Fürwahr, fast ein Jahr Arbeit und Entbehrung und Planung und Kampf verblasste im Vergleich zu dem, was er heute Nacht entdeckt hatte.
    Wenn seine Vermutung stimmte– und anders konnte es nicht sein–, musste er nur seine Soldaten zusammentrommeln und zu Anbruch der Nacht eine Belagerung beginnen. Es würde eine epische Schlacht werden, und das Anwesen der Bruderschaft und der

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