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Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Titel: Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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Name. Hat er eine Bedeutung?«
    »Es gibt eine Entspannungsmethode ›nach Kaluza‹. Ich weiß allerdings nicht, wie sie funktioniert. Friederike meinte, ein Hund diene der Entspannung mindestens so gut wie jede andere Methode und so wurde aus ihm Kaluza.«
    Sie bat die Männer sich zu setzen und sah sie aufmerksam an.
    »Friederike hat eine Abtreibung durchführen lassen. Wussten Sie davon?«
    Jede Farbe wich aus ihrem Gesicht. Ihre Unterlippe begann zu zittern und Tränen stiegen ihr in die Augen.
    »Sie hat ein Baby abgetrieben? Aber das kann doch nicht sein, sie hätte doch mit mir sprechen können! Eine Lösung für dieses Problem zu haben, wäre so einfach gewesen. Sie wusste das doch auch«, schluchzte Frau Weinreich und vergrub ihr Gesicht in den Händen.
    »Sie hat also nicht mit Ihnen darüber gesprochen?«
    »Nein! Sehen Sie, so wie sie den Hund einfach hier gelassen hat, hätte sie es auch mit einem Kind tun können. Ich wäre doch jederzeit bereit gewesen, es bei mir aufzunehmen.«
    »Kennen Sie den Kindsvater?«, fragte Skorubski.
    »Keine Ahnung. Sie war in der Regel nie längere Zeit mit demselben befreundet. Und seit sie ausgezogen ist, sprachen wir so gut wie nie über so private Dinge.«
    »Nun, eine Schwangerschaft ist auch wirklich sehr privat. Vielleicht hat sie Ihnen deshalb nichts davon erzählt.«
    Frau Weinreich wischte sich die Tränen von der Wange und putzte sich die Nase. Dann sah sie die beiden Ermittler lange schweigend an.
    »Nein, das wird wohl nicht der Grund gewesen sein.«
    In der Stille des Raumes erklangen die fröhlichen Stimmen der beiden Töchter aus dem Garten und das muntere Gebell des Hundes. Nachtigall wartete geduldig.
    »Sie hat mir nichts gesagt, weil sie sich schon entschieden hatte. Meine Einstellung zu diesem Thema war Friederike bekannt. Für mich wäre dieser Weg nie in Betracht gekommen. Sie wollte sich nicht anhören, dass man am besten vorher verhütet statt später zu töten. Gerade wo es heute doch so einfach ist.«
    »Sie wären aus religiösen Gründen dagegen gewesen?«
    »Nein! Das ist für mich keine Frage der Religion, sondern eine Frage der Menschlichkeit. Für mich ist das ab dem ersten Moment ein Leben. Jede andere Definition erscheint mir abartig. Aber das ist meine Entscheidung. Wer eine andere trifft, muss das mit seinem Gewissen ausmachen. Und Friederike hat mit Sicherheit gewusst, dass ich diese Entscheidung von ihr nicht gebilligt hätte. Sie wollte sich eine Diskussion mit mir ersparen.«
    »Hätten Sie ihr denn gedroht?«, hakte Skorubski nach.
    »Nein, natürlich nicht. Aber ich hätte sie genötigt sich wirklich mit diesem Problem auseinanderzu- setzen – mit einem billigen »Ich will das so« wäre sie mir nicht davongekommen.« Sie stockte und fuhr nach einer Pause fort: »Friederike hat den Eingriff sicher fachmännisch durchführen lassen. Sie wäre nie zu irgendeiner geheimen Adresse oder einer Anlaufstelle in Polen gefahren. Dazu hätte sie viel zu viel Angst um ihre Gesundheit gehabt. Vielleicht war sie bei meinem Gynäkologen. Ich gebe Ihnen den Namen und die Adresse, dann können Sie dort nachfragen.«
    Müde erhob sie sich und nahm aus einer Schublade einen Zettel und einen Bleistift.
    Das dunkle Regal zog sich an der gesamten Stirnwand des Zimmers entlang. Viele Türen boten Platz für Dinge, die man aus den Augen räumen wollte, aber sie sorgten dafür, dass das Möbel dräuend wie ein Unwetter wirkte. Selbst an diesem sonnigen Tag schluckte es komplett die Lebendigkeit des Lichts.
    »Vielleicht gehen Sie ein bisschen in den Garten«, schlug Nachtigall vor, der sich nicht vorstellen konnte, wie man sich in so einem düsteren Raum wohlfühlen konnte. »Ihre Kinder sind auch draußen und würden sich sicher freuen, wenn ihre Mutter mitspielt.«
    Sie lächelte matt und schüttelte den Kopf.
     
    »Eine seltsame Familie«, murrte Albrecht Skorubski. »Aber dass die Tochter sich nicht an ihre Mutter wendet, wenn sie in Schwierigkeiten steckt, ist, ganz schön traurig. Vielleicht ist das symptomatisch für unsere Gesellschaft: Keiner nimmt mehr Kontakt mit dem anderen auf.«
    »Ja, da ist was dran. Alle haben Handys, doch zum Telefonieren nutzen sie die Dinger gar nicht. Wenn du genau hinguckst, dann spielen sie damit, oder sehen sich Fotos an, die sie sich gegenseitig schicken. Da geht es doch auch nur darum den anderen zu toppen. Sieh her, ich bin in solch toller Gesellschaft, und du? Nichts anderes als: Mein Haus, mein Boot, mein

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