Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
Anschlag?«
»Was soll ich sagen? Sie durfte nicht mehr in mein Haus kommen. Ihren Unterhalt habe ich selbstverständlich weiter gezahlt. Ab und an haben wir uns hier irgendwo in der Stadt getroffen – aber ziemlich selten in der letzten Zeit.«
»Und Ihr Sohn? Hatte der noch engeren Kontakt zu seiner Schwester?«
»Nein.«
»Frau Weinreich erzählte mir, Friederike habe ihn vor einer Dummheit bewahrt. Irgendwie bin ich davon ausgegangen, die beiden hätten ein enges Verhältnis zueinander.«
»Nein. Das ist vorbei. Dirk freute sich darüber, dass wir wieder eine Familie sein würden. Er mag Rita sehr. Friederike hat ihn dafür gehasst. Sie hielt ihn für einen willenlosen Duckmäuser und warf mir vor, ich hätte seinen Charakter verdorben.«
»Wussten Sie, dass Ihre Tochter eine Abtreibung hatte?«
Peter Nachtigall forschte vergeblich im Gesicht seines Gegenübers nach einer Reaktion.
»Ja. Sie rief mich an. Sie war schwanger und wollte kein Kind. Ich war auch der Meinung, dass sie noch nicht reif genug dafür war, und riet ihr, das Baby abzutreiben.«
»Haben Sie hinterher mit ihr Kontakt aufgenommen?« Nachtigall sah ihn direkt an und Herr Petzold wich diesem Blick aus und betrachtete beschämt einen kleinen Kaffeefleck auf der Tischplatte.
»Sie haben also nicht. Friederike blieb mit der psychischen Belastung einfach allein.«
Stumm nickte Friederikes Vater und starrte weiter vor sich hin.
»Ich ging davon aus, ihre Mutter würde sich schon kümmern. Das ist doch eigentlich Aufgabe einer Mutter, oder? Sie hätte ihrer Tochter zur Seite stehen müssen!«, wies er jede Verantwortung zurück.
»Sind Sie sicher, dass sie überhaupt etwas von der Schwangerschaft wusste? Haben Sie sie darauf angesprochen?«
Stummes Kopfschütteln antwortete ihm.
Wut kroch in ihm hoch. Das Opfer mochte wirklich boshaft gewesen sein, das konnte er nicht mehr beurteilen, aber bestimmt hatte sie es nicht verdient ständig mit allen Problemen allein gelassen zu werden. Kaum älter als Jule! Der Vater hatte versucht sie mit Geld ruhig zu stellen und hatte ihre Psyche in die Hände einer Fremden gelegt, die er auch wieder für ihre Dienste bezahlte. Es schien, als hätten alle nur ihre Ruhe vor diesem Mädchen haben wollen. Aber gab es hier ein Motiv, überlegte er, welchen Grund sollte der Vater gehabt haben, Friederike umzubringen? Schließlich hatten die beiden kaum noch Kontakt.
»Ihre Frau und das Baby haben den Sturz von der Treppe gut überstanden?«
Der Kopf des Mannes zuckte hoch und Nachtigall sah in verschleierte Augen.
»Rita musste in die Klinik. Es wurde ein kleiner Eingriff vorgenommen und für den Rest der Schwangerschaft musste sie sich schonen. Vor vier Monaten wurde unser Sohn geboren. Gesund und munter, ein echter Sonnenschein.«
Wenigstens hier schien das Mädchen keinen bleibenden Schaden angerichtet zu haben.
Peter Nachtigall wunderte sich, wie erleichtert er darüber war. Nicht noch eine Tragödie.
»Hat Friederike sich über die Geburt ihres Halbbruders gefreut?«
»Das weiß ich nicht. Ich habe ihr eine Karte geschickt, mit einem Foto – aber sie hat nicht geantwortet. Und besuchen durfte sie uns nicht mehr. Sie hat das Kind bei unseren Gesprächen nie erwähnt.« Er zuckte hilflos mit den Achseln.
»Wissen Sie, bei welchem Gynäkologen Ihre Tochter war?«
»Ja. Ich habe sie selbst dort angemeldet. Eine Frau Dr. Grün.«
Peter Nachtigall schob ihm einen Zettel zu und Herr Petzold notierte Namen und Telefonnummer darauf, die er seinem Handheld entnahm.
»Für heute fällt mir nun nichts mehr ein, was ich Sie fragen sollte, außer der üblichen Frage: Wo waren Sie am frühen Morgen des 21. August?«
»Das war in der Nacht auf Montag, nicht? Moment«, er strich sich nachdenklich übers Kinn. »Oh, im Nachtzug nach Berlin. Ich kam aus Amsterdam. Eine große Firma plant eine gigantische Feier zum 250. Firmenjubiläum. Und wir richten sie aus – mit Bands und internationalen Künstlern. Wir verhandeln sogar mit David Copperfield ...«
»Dann haben Sie auch sicher noch das Ticket«, unterbrach ihn Nachtigall.
»Mal sehen.« Friederikes Vater öffnete seine Brieftasche und begann zwischen den Belegen zu suchen, dann steckte er alles wieder ein und wühlte in seiner überdimensionierten Aktentasche. Vergeblich. »Nein, wohl nicht. Ich kann im Büro nachsehen, möglicherweise habe ich es schon zu den Steuerunterlagen gepackt. Ansonsten müssen Sie mir wohl einfach glauben«, jetzt lächelte er
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