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Seelenrächer

Seelenrächer

Titel: Seelenrächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G O'Carroll
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deswegen frage ich dich jetzt noch mal: Wieso warst du unten am Fluss?«
    Wieder richtete Maggs den Blick auf den Boden. »Wenn du es unbedingt wissen musst: Ich war dort, weil ich gesehen hatte, wie Patrick Eva anstierte. Das war mir schon am ersten Abend im Pub aufgefallen, und dann sah ich seinen Blick, als ihr beide miteinander abgezogen seid. Er ist euch gefolgt, Moss. Ich bin bloß hinter ihm hergegangen.« Mittlerweile musterte er Quinn eindringlich. »Er hat Eva auf eine Art angesehen, die mir nicht gefallen hat. Warum, glaubst du, hat er so ein Theater veranstaltet und wie ein Irrer herumgeschrien? Mal angenommen, du hättest mich beim Spannen erwischt, wie er angeblich mich. Was hättest du dann getan? Wie ein Irrer geschrien? Wohl kaum. Ich schätze eher, du hättest mich ganz still und leise so weit wie möglich weggezerrt, um mich in Ruhe verdreschen zu können.«

Dienstag, 2. September, 20:30 Uhr
    Der Kanal bot ein friedliches Bild: die Schatten der Bäume im Licht der Straßenlampen; ein paar Leute, die auf der anderen Seite den Treidelpfad entlangspazierten. Patrick Maguire stand in seiner dunklen Wohnung am Fenster und blickte in den Abend hinaus, wie er es so gerne tat. Wenn ihn kein Licht ablenkte, konnte er all die Feinheiten viel besser erkennen, die Nuancen der Nacht. Er dachte an Eva. Er dachte an Willie Moore und dessen Berechnungen. Und an sein Telefongespräch mit Quinn, das noch keine zwei Stunden zurücklag.
    Er schenkte sich noch einen Bushmills ein. Nachdem er in der Küche einen Schuss Leitungswasser hinzugefügt hatte, kippte er den Inhalt des Glases hinunter und stellte es auf das Abtropfbrett. Er empfand eine leichte Nervosität. Mit einem plötzlichen Gefühl von Beklemmung wanderte er in der Wohnung umher. Ein solches Gefühl hatte er schon ganz lange nicht mehr gehabt. Schließlich ließ er sich auf einen Sessel sinken und stemmte einen Fuß gegen den Kamin. Wie immer zog ihr Bild seinen Blick magisch an.
    Frank hatte recht: Er hätte es längst in den Müll werfen sollen.
    Er spielte mit dem Gedanken, sich einen weiteren Whiskey einzuschenken, aber nachdem er schon zwei große gehabt hatte, ließ er es dann doch lieber bleiben. Noch einen, und er würde Kopfschmerzen bekommen. In der Wohnung aber hielt er es nicht mehr aus, sie kam ihm plötzlich so eng und vollgestopft vor.
    Er überquerte die Straße und trat auf den Treidelpfad, wo er einen Moment zögerte. Statt seinem ersten Impuls zu folgen und nach rechts in Richtung Lansdowne Road zu gehen, entschied er sich für die Gegenrichtung und steuerte auf die Richmond Bridge zu, um von dort aus zur Kaserne hinunterzuspazieren.
    Was er dann aber doch nicht tat.
    Er ging über die Brücke und blieb kurz stehen, um mit gerümpfter Nase die Raucher zu betrachten, die sich vor dem Portobello-Hotel versammelt hatten. Nachdem er noch ein wenig weitergewandert war, kehrte er im Jocky O’Connell’s ein. Er bestellte sich ein Bier und ließ sich an der Theke des Pubs nieder, um ein bisschen mit Marie zu plaudern, der Bardame. Er kannte sie gut – die Jungs kannten sie alle –, und Marie bat ihn, Moss auszurichten, dass die ganze Stadt bete, seine Frau möge wohlbehalten zurückkehren.

Dienstag, 2. September, 21:00 Uhr
    Eva hatte kein Zeitgefühl mehr, auch wenn es draußen inzwischen wohl wieder dunkel war und die Uhr weitertickte. Sie spürte, dass das Leben langsam aus ihr wich.
    Sie sah Dannys Gesicht, wenn auch nur verschwommen. Jess und Laura konnte sie ebenfalls sehen, allerdings noch verschwommener als Danny.
    Sie sah ihre Mutter und ihre Schwestern und ihren Onkel Joe.
    Sie sah Moss, als er noch ganz jung war. Und Patrick Maguire.
    Worte, Sätze, Halbsätze. Dinge, die sie irgendwann mal gehört hatte. Bilder aus der Vergangenheit – das alles zog vor ihren Augen vorüber. So war das wohl. So war es, bevor man starb.
    In dem Moment hörte sie die Schritte.
    So schwach sie auch war, die Schritte hörte sie trotzdem.
    Sofort begann sie zu zittern. Ihr Magen fühlte sich noch flauer an als ohnehin schon, und sie spürte Urin, wo längst keiner mehr war.
    Sie hörte die Uhr und die Schritte.
    Sie hörte, wie die Tür aufging und er den Raum über ihr betrat. Während sie auf seine Stimme wartete, weinte sie ohne Tränen. Sie wusste, dass er genau über ihr stand und dass sie nichts tun konnte.
    Am liebsten hätte sie geschrien, aber sie war so schwach, so verwirrt. Selbst wenn sie kein Klebeband über dem Mund gehabt hätte,

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