Seelenrächer
ihm denn abgeknöpft? Und wie verträgt sich das mit deinen Freunden aus der Bibelgruppe?«
»Ich habe auch noch eine Frage an dich, Conor«, meldete Quinn sich wieder zu Wort. »Wen kennst du, der aus Kildare stammt?«
Maggs sah ihn verblüfft an.
»Die lilienweißen Jungs. Du kennst doch das Gedicht?«
»Natürlich kenne ich das.«
»Lilienweiße sind Leute aus Kildare. Also, wen kennst du, der aus Kildare kommt?«
Auf einmal fing Maggs zu lachen an.
»Was ist daran so komisch?«, wollte Quinn wissen.
Maggs schüttelte den Kopf.
»Warum zum Teufel lachst du?«
»Maguire, Moss. Patrick Maguire.«
»Was ist mit ihm?«
»Er kommt aus der Grafschaft Kildare.«
Quinn starrte ihn an. »Nein, das stimmt nicht. Er ist aus Dublin.«
»Nein.« Maggs beugte sich vor. Ein paar lange Haarsträhnen fielen ihm in die Stirn, während er Quinn mit seinen dunklen Augen fixierte. »Er kommt aus dem Ort Clane in der Grafschaft Kildare.«
»Woher weißt du das?«, fragte Doyle.
Wieder breitete Maggs die Hände aus. »Weil er es mir gesagt hat.«
Dienstag, 2. September, 19:45 Uhr
Sie ließen ihn allein. Draußen auf dem Gang sah Quinn Doyle fragend an.
»Was meinst du?«
Doyle zog die Schultern hoch. »Schlag mich, aber ich weiß es nicht. Die ganze Sache wird mir immer schleierhafter.«
»Sagt er die Wahrheit?«
Zum ersten Mal zögerte Doyle.
»Haben wir Mist gebaut, Doyle?«, fragte Quinn. »Waren wir voreingenommen? Haben wir uns von persönlichen Gefühlen leiten lassen?«
Doyle zog ein Gesicht. »Ich hätte die ganze Zeit schwören können, dass ich mit meinem Bauchgefühl richtig lag. Ich war mir so sicher, dass er unser Mann ist …«
»Und jetzt?«
»Ich weiß es nicht. Wenn ich ehrlich sein soll, Moss, dann muss ich zugeben, dass ich es nicht mehr weiß. Eva ist die Tochter meines Bruders. Ich habe versprochen, auf sie aufzupassen. Aber jetzt tappe ich völlig im Dunkeln.«
Als sie wieder hineingingen, saß Maggs noch genauso da, wie sie ihn zurückgelassen hatten. Doyle hatte inzwischen Tee in Auftrag gegeben. Ein paar Minuten später stellte der junge Beamte von vorhin drei Tassen auf den Tisch.
»Trinkst du ihn mit Zucker?«, fragte Quinn Maggs.
Maggs sah ihn von der Seite an.
»Was ist los?«, fragte Doyle. »Du wirst doch wohl wissen, ob du deinen Tee mit Zucker magst oder nicht.«
Maggs lachte nervös. »Das ist es nicht. Das Problem seid ihr beide: Erst haltet ihr mir ein Gewehr an den Kopf, und einen Moment später fragt ihr mich, ob ich Zucker in meinen Tee möchte.«
»Wie würdest du denn an unserer Stelle vorgehen?«, fragte ihn Quinn. »Nur mal angenommen, du wärst mit ihr verheiratet und ich säße auf deinem Platz. Sie ist spurlos verschwunden, und dir läuft die Zeit davon. Wie würdest du da vorgehen, Conor?«
Maggs, der wie ein Kind beide Hände um seine Tasse gelegt hatte, nahm einen Schluck Tee. »Warum habt ihr beide euch eigentlich getrennt?«, fragte er.
Quinn überlegte einen Moment, bevor er die Frage beantwortete. »Weißt du, was mit meinem Sohn passiert ist?«
Maggs nickte. »Unfall mit Fahrerflucht. Nördlich des Flusses. Ich habe natürlich davon gehört.«
»Das stand irgendwie zwischen uns.«
»Trauer ist etwas Schreckliches.« Maggs warf einen schnellen Blick zu Doyle hinüber. »Jeder Mensch geht damit auf seine eigene Weise um. Als damals meine Mutter starb, zog mir das auch den Boden unter den Füßen weg. Ich weiß, wie die Leute über sie dachten, aber sie war trotzdem meine Mutter. Sie war Alkoholikerin, also suchtkrank. Es war eine richtige Krankheit, sie konnte nichts dafür. Ich habe es gehasst, wie sie ihren Lebensunterhalt verdiente, andererseits hatte sie wohl keine andere Wahl. Unter anderen Umständen wäre sie bestimmt nie so geworden.«
Sein Blick schien am Boden festgewachsen. »Ich habe mit Evas Verschwinden nichts zu tun, Moss. Du musst doch wissen, dass ich ihr niemals etwas antun könnte. Während meiner Kindheit war sie meine einzige Freundin. Dir war das nie klar, aber als du nach Kerry gekommen bist, hast du mir meine einzige Freundin genommen. Sie war immer nett zu mir. Schon möglich, dass ich in sie verliebt war und dass ich mir eingebildet habe, aus unserer Freundschaft könnte mehr werden. Aber Eva hat immer zu mir gehalten, egal, was die anderen über mich dachten. Eva war meine Freundin.«
Er holte kurz Luft und fuchtelte mit den Händen durch die Luft. »Alle meinten, ich würde mir einbilden, einen Anspruch auf sie zu
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