Seelenrächer
telefonierte und ihn anwies, dafür zu sorgen, dass sein Informant für ein Gespräch zur Verfügung stand, wenn sie eintrafen. Natürlich erhob der Mann Einwände, weil es schon so spät war, doch Quinn erklärte ihm, die geplante Befragung stehe in direktem Zusammenhang mit dem Verschwinden seiner Frau. Als sie die grauen viktorianischen Mauern passierten, saß Lorne McGeadys Buchhalter bereits in einem Verhörraum.
Quinn hatte einen Karton Zigaretten für ihn dabei. Wenn er sie verkaufte, sprang für ihn mehr heraus, als wenn Quinn ihm Bares gab, und seinem Ruf im Gefängnis schadete es auch nicht. Der Crawthumper war in seinen Vierzigern und bereits ziemlich ergraut. Ein schmächtiges Kerlchen mit hagerem Gesicht. Obwohl er aussah, als hätte er nie genug zu essen bekommen, gehörte er zu den klügsten Köpfen in Mountjoy, und seinem wachsamen Auge entging nichts.
»Hallo Craw«, begrüßte ihn Quinn, während er sich setzte. Das Mobiliar beschränkte sich auf einen Tisch und drei Stühle.
»Sie kennen Sergeant Doyle?«
»Wer kennt den nicht? Sein Ruf eilt ihm voraus.«
»Craw, Sie wissen, dass meine Frau verschwunden ist.«
»Natürlich, das weiß doch jeder, und ich kann Ihnen sagen, dass diese Sache nicht nur draußen, sondern auch hinter diesen geheiligten Mauern große Entrüstung ausgelöst hat. Bestimmte Grenzen dürfen nicht überschritten werden, das wissen sogar Soziopathen wie unsere Ukrainer.«
»Hören Sie«, sagte Quinn, »ich brauche Hilfe, sonst finde ich sie nicht rechtzeitig. Und demjenigen, der mir weiterhilft, werde ich das bestimmt nicht vergessen.« Er reichte ihm den Karton mit den Zigaretten.
»Während wir hier miteinander reden«, antwortete Craw, »betet die gesamte Mountjoy-Bruderschaft auf den Knien für Ihre Frau, das dürfen Sie mir glauben.«
»Ich brauche mehr als gottverdammte Gebete, Craw, ich brauche Informationen.« Quinn atmete scharf durch die Nase ein. »Warum wollte Paddy Maguire hier im Gefängnis mit Conor Maggs reden, obwohl er doch vorhatte, vor Gericht gegen ihn auszusagen?«
Craw lehnte sich zurück. »Mmh, das wollte doch kürzlich erst jemand von mir wissen«, meinte er nachdenklich. »Ach ja, jetzt fällt es mir wieder ein.« Er breitete die Hände aus. »Ich kann euch nur sagen, was Maggs mir erzählt hat, aber wenn ihr Patrick danach fragt, wird er vermutlich behaupten, Conor habe ihn um ein Gespräch gebeten und nicht umgekehrt.«
Quinn dachte einen Moment über diesen Kommentar nach.
»Wie sollte es auch anders sein«, fuhr der Craw fort. »So läuft das hier drinnen nun mal: nie ich, Sir, sondern immer der andere. Es sei denn, man hat einen Vorteil davon.«
»Aber Maggs hat Ihnen erzählt, Patrick sei von sich aus zu ihm gekommen.«
»Das hat Maggs zumindest behauptet.«
»Worüber haben die beiden gesprochen?«
»Über Maden«, antwortete der Crawthumper.
Maggs hatte mit verschränkten Armen am Tisch gesessen, als Paddy Maguire hereinkam, blickte jedoch erst hoch, nachdem die Tür wieder ins Schloss gefallen war und der Gefängnisbetreuer seine weiche Lederaktentasche auf dem Tisch abgestellt hatte.
»Na, das ist aber eine Überraschung, Bruder«, sagte er, »mit deinem Besuch habe ich hier wirklich nicht gerechnet.«
Maguire sah ihm in die Augen. »Ich bin nicht dein Bruder.«
»Nein, natürlich nicht, das ist mir schon klar. Das ist doch nur so eine Redensart.«
»Mir gegenüber kannst du dir die sparen. Hast du mich verstanden?«
Maggs nickte. »Nun lass mal hören – nachdem du ja gegen mich aussagen willst, bin ich wirklich neugierig –, über was du mit mir reden willst.«
»Conor, du wolltest mit mir sprechen.«
Mit einem vielsagenden Nicken deutete Maggs auf die Lederaktentasche. »Verstehe«, sagte er, »du hast ein Aufnahmegerät da drin und hoffst auf ein Geständnis.« Er lachte freudlos. »Was soll das, Paddy? Haben Quinn und Doyle dich geschickt? In der Hoffnung, vor Gericht doch noch etwas vorweisen zu können, das nicht mit Gewalt erzwungen wurde?« Er blies für einen Moment die Wangen auf und stieß die Luft dann wieder aus. »Das können sie vergessen, Bruder. Du wirst mich nicht dazu bringen, meinen Namen unter weitere Lügen von denen zu setzen.«
»Hast du mich vorhin nicht verstanden?«, entgegnete Maguire. »Ich bin nicht dein Bruder! Und in meiner Tasche ist auch kein Aufnahmegerät.«
»Was willst du dann? Mir deine psychologische Betreuung angedeihen lassen? Ist es das? Oder willst du vielleicht einfach
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