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Seelenrächer

Seelenrächer

Titel: Seelenrächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G O'Carroll
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Gespräch beendet hatte, trank er rasch sein Bier aus und wischte sich mit dem Handrücken den Schaum vom Mund.
    »Cora Maggs«, sagte er an Doyle gewandt. »Sie hat gerade ihre Schwester tot aufgefunden. In ihrer Küche.«
    Doyle begleitete ihn die kurze Strecke. Vor dem Haus stand bereits ein Krankenwagen. Beim Aussteigen bekreuzigten sich die beiden Männer und eilten dann den Weg zum Eingang hinauf, neben dem ein uniformierter Beamter postiert war. Cora saß von Schluchzern geschüttelt auf der Treppe.
    In sanftem Ton fragte Doyle sie, was denn passiert sei.
    »Ich habe den Abflussreiniger immer unter dem Spülbecken aufbewahrt«, erklärte sie stockend, »und zwar in einem kleinen Blechkanister, das schwöre ich. Heilige Muttergottes, Mr. Doyle, was hat sie sich bloß dabei gedacht, ihn in eine Flasche umzufüllen?«
    Doyle kniff die Augen zusammen. »Sagen Sie das noch mal, Cora.«
    »Den Abflussreiniger, das Ätznatron oder was immer es ist. Wir haben hier schon seit Längerem Probleme mit dem Abfluss, deswegen habe ich das stärkste Zeug besorgt, das ich auftreiben konnte. In der Eisenwarenhandlung in Listowel. Sogar für den Profi-Bedarf geeignet, haben sie mir dort gesagt. Es stand unter dem Spülbecken, und zwar in einem kleinen Blechkanister, das schwöre ich, oder vielleicht …« – sie schüttelte den Kopf – »vielleicht verliere ich ja den Verstand. Keine Ahnung … Lieber Himmel, sie hat ja bekanntlich alles Mögliche in sich hineingeschüttet, wenn es ihr schlecht ging, aber das …«
    Nachdem er mit ihr gesprochen hatte, begab sich Doyle in die Küche, wo er Maggs’ Mutter auf dem Boden liegen sah, die Fußknöchel übereinandergeschlagen und einen Arm seitlich ausgestreckt. Neben ihr lag eine umgefallene, mittlerweile leere Weinflasche. Ihr ausgelaufener Inhalt hatte sich regelrecht durch das Linoleum gefressen. Martin McCafferty blickte auf ihr Gesicht hinunter. Die Augen waren weit aufgerissen, und die Zunge klebte völlig verätzt an den Zähnen. Auch die Wangen und Lippen wiesen starke Verätzungen auf. Aus den Gesichtszügen sprach blankes Entsetzen. Das Notarztteam war noch an ihr zugange, während die Sanitäterin, eine junge Frau, fassungslos den Kopf schüttelte.
    »Lieber Himmel«, sagte sie, »ich habe ja schon viele schlimme Sachen gesehen, aber …« – sie deutete auf die Flasche – »offenbar hat sie es hinuntergekippt, ohne nachzudenken. Ein kräftiger Schluck, und das Zeug muss angefangen haben zu brennen, bis es sich komplett durch sie durchgefressen hatte.« Sie deckte die tote Frau mit einer Decke zu.
    Erst in dem Moment bemerkte Doyle Conor, der dicht an die Wand gepresst in der Ecke stand. Er betrachtete den Jungen einen Moment, ehe er ihn fragte: »Conor, weißt du, was hier passiert ist? Hast du es gesehen?« Der Junge schüttelte den Kopf.
    »Warst du hier?«
    Wieder schüttelte er den Kopf.
    »Wie ist das Zeug in die Weinflasche gekommen? Deine Tante sagt, es war in einem kleinen Blechkanister.«
    Conor sah ihn noch immer nicht an.
    »Conor?«
    »Das war Mam«, sagte der Junge schließlich leise. »Das Blechding, das meine Tante gekauft hat, ist rostig geworden. Sie hatte Angst, dass etwas auslaufen würde, deswegen hat sie es in die Flasche geschüttet.«
    »Woher weißt du das?«, fragte ihn Doyle. »Woher weißt du, dass sie das war?«
    Wieder blieb ihm der Junge die Antwort schuldig.
    »Conor, woher weißt du, dass sie das war?«
    Der Junge zuckte mit den Achseln. Den Blick auf den Boden gerichtet, weigerte er sich nach wie vor, Doyle anzusehen, und seine Mutter, die ausgestreckt unter der Decke lag, sah er ebenfalls nicht an. »Keine Ahnung«, murmelte er, »wahrscheinlich hat sie es mir erzählt. Ich weiß es nicht. Ich kann mich nicht erinnern.«

Dienstag, 2. September, 10:35 Uhr
    Frank Maguire fuhr in schnellem Tempo zurück zum Harcourt Square. In den Straßen von Dublin staute sich wie üblich der Verkehr. Das Blaulicht auf seinem Dach war eingeschaltet, und hin und wieder ließ er auch die Sirene aufheulen. Doyle hatte ihn telefonisch darüber informiert, dass Maggs wieder in Irland sei und er, Doyle, gerade unterwegs zu den Tom-Kelly-Wohnungen, um ihn einzukassieren. Was die Ermittlungen betraf, bedeutete das zweifellos einen Durchbruch, doch da Doyle für seine Vorgehensweise berühmt-berüchtigt war, hatte Maguire es sehr eilig, nach seiner kurzen Besprechung mit dem Polizeipräsidenten in die Einsatzzentrale zurückzukehren.
    Während er den Fluss

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