Seelenrächer
musste.
Nachdem Pat genug gehört hatte, begab er sich ins Jett O’Carroll’s. Unterwegs entdeckte er in der Menge Maggs, der aus einiger Entfernung zu ihm herüberstarrte.
»Tja«, murmelte Patrick vor sich hin, »der Kerl hat anscheinend doch Rückgrat. Zumindest ist er mutiger als früher, das steht fest.«
Maggs trug eine lässige Jeans, Stiefeletten und eine Weste mit Paisley-Muster. Um die Handgelenke hatte er Lederbänder gebunden. Pat ging durch den Kopf, dass Maggs ohne Freunde aufgewachsen und als Junge von allen mit Jimmy Hanrahans Polaroid-Aufnahme gehänselt worden war.
Aus einem solchen Jungen konnte alles Mögliche werden.
Das Jett O’Carroll’s platzte fast aus allen Nähten. Er brauchte zehn Minuten, um an ein Bier zu kommen. Schließlich aber hatte er eines ergattert und stellte sich an die Tür, um dem Gedränge zu entgehen. Dabei fiel ihm wieder das Mädchen von vorhin auf – die, die ihn an Eva erinnerte. Mittlerweile war sie allein unterwegs. Schwankend stakste sie die Straße entlang und rempelte dabei mehrere Leute an. Patrick sah Maggs vom John B. Keane’s herüberkommen und fragte sich, ob er womöglich einen neuen Versuch unternehmen wollte, mit Eva zu sprechen. Jedenfalls passte er genau wie das betrunkene Mädchen nicht auf, wo er hinging: Direkt an der Ecke stießen die beiden zusammen.
»Mary Harrington sah aus wie Eva, als sie jünger war«, bemerkte Doyle. »Und Patricks Aussage über den Vorfall auf der Straße wurde durch Schüreisen-Jimmy bestätigt. Wir haben unsere Arbeit also durchaus gemacht, Moss. Wir hatten Maggs nicht ohne Grund auf dem Kieker.«
Quinn schwieg einen Moment. »Wir beide waren zu der Zeit noch in Cork, oder?«
»Ja, waren wir.« Doyle wirkte plötzlich wehmütig. »Ich weiß noch genau, wie gern ich auf dem Festival gewesen wäre. Ich hab mich auf ein richtig gutes Porter gefreut. Das nur Eamon O’Carroll ausschenkt.« Er beugte sich vor und stellte sein leeres Glas auf den Couchtisch. »Wir verschwenden hier bloß unsere Zeit. Ich statte dem Kerl einen Besuch ab. Ich nehme Murphy mit. Das Finucane-Mädchen kassieren wir auch gleich ein. Mal sehen, was sie zu sagen hat.«
Quinn hörte ihm gar nicht zu. Sein Blick war immer noch auf die zuoberst liegende Aussage gerichtet. »Paddys Wort, gestützt durch das von Jimmy Hanrahan«, murmelte er, »dessen Mutter sich ertränkte und dessen Vater in seiner Küche Tote sieht.«
Jimmy hasste die Bullen. Das gab er auch ganz offen zu. Er erzählte es jedem, der es hören wollte. Am meisten hasste er Joe Doyle, weil der ihm damals eine schlimme Tracht Prügel verpasst hatte, nachdem er, Jimmy, die alte Mrs. Bolton mit ihrem eigenen Schürhaken niedergeschlagen hatte.
Er hasste auch dieses Fest – zumindest die Musik. Das einzig Gute daran war, dass es ein bisschen Geld in den Ort brachte. Und ein paar Wagen, die er hätte aufbrechen können, wenn er noch in dem Geschäft tätig gewesen wäre. Doch die einzige illegale Beschäftigung, der er inzwischen noch nachging, war ein bisschen Wildern, wenn sein Arbeitslosengeld knapp wurde. Sein alter Herr mochte hin und wieder ein Stück frisches Fleisch, und für Jimmy war es ein Kinderspiel, auch außerhalb der Jagdsaison das eine oder andere Reh zu erlegen. Dort, wo sie beide lebten, ließen die Bullen sie in Ruhe, und Besuch bekamen sie sowieso nie. Wer besuchte schon gerne einen halb verrückten alten Mann, der ständig von den Seelen der Toten faselte und alles mit Weihwasser besprengte?
Jimmy stand gerade an der Ecke des Platzes, als die Made auftauchte. »Hallo, Jimmy.« Maggs steuerte auf ihn zu. Mit verächtlicher Miene zog Jimmy ein letztes Mal an seiner Zigarette, ehe er sie zu Boden fallen ließ, ohne sie auszutreten.
»Made«, murmelte er, »was hat denn dich aus deinem Loch hervorgelockt?«
»Ich lebe jetzt in Dublin«, informierte ihn Maggs. »Ich bin mit meiner Freundin hier.«
»So?« Jimmy ließ den Blick die Straße entlangschweifen. »Wo ist sie denn dann, die alte Hexe? Ist es die, mit der ich dich vorhin gesehen habe – ungefähr so hübsch wie der haarige Hintern deiner Ma?«
Maggs musterte ihn kalt. »Was bist du doch für ein kleiner Scheißer, Jimmy. Wie geht’s denn deinem Alten? Hat er den Geist deiner Mammy schon gesehen?«
»Vorsicht«, antwortete Jimmy in warnendem Ton, »leg dich lieber nicht mit mir an. Ich hab dir schon mal eine reingewürgt und kann es wieder tun.«
»Ach ja, Jimmy, kannst du das? Kannst du das immer
Weitere Kostenlose Bücher