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Seelenrächer

Seelenrächer

Titel: Seelenrächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G O'Carroll
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um eine kriminelle Laufbahn einzuschlagen. Während ihrer ersten paar Sitzungen hatte er Patrick erklärt, er habe verschiedene Berufe in Betracht gezogen und sich überlegt, wie viel Geld er damit verdienen würde, und das Ergebnis dann mit dem verglichen, was er als Heroinhändler einsacken konnte.
    Ein Wärter brachte ihn in den Besucherraum. Willies erste Handlung bestand darin, einen Blick auf die Uhr zu werfen und die angezeigte Zeit dann mit der auf der Armbanduhr des Wärters zu vergleichen.
    »Nur um sicherzugehen, dass ich meine volle Stunde bekomme, Mr. McShane«, erklärte er.
    »Sie bekommen schon Ihre Stunde, Willie, keine Sorge.« Der Wärter nickte Maguire zu. »Es ist wie immer schön, Sie zu sehen, Patrick.«
    »Wie geht es Ihnen, Willie?«, fragte Maguire, nachdem der Beamte gegangen war. »Wie läuft es denn so?«
    »Recht gut, Patrick.« Er unterstrich seine Worte mit einer forschen Handbewegung. »Ich freue mich immer auf Ihren Besuch, weil ich sonst ja kaum Gelegenheit habe, ein vernünftiges Gespräch mit jemandem zu führen. Das geistige Niveau hier ist definitiv einer der Nachteile eines Gefängnisaufenthalts, aber damit muss ich nun mal leben.«
    »Betrachten Sie einen solchen Aufenthalt immer noch als Berufsrisiko?«, fragte ihn Maguire.
    »Natürlich. Das habe ich Ihnen ja schon bei unseren ersten Gesprächen erklärt: Ich habe meine Entscheidung erst nach eingehender Prüfung sämtlicher Vor- und Nachteile getroffen.«
    »Sie meinen, es war ein klar berechneter Schritt von Ihnen, Drogenhändler zu werden?«
    »Heroinhändler, um genau zu sein. Es ist ein Markt wie jeder andere auch: Man hat ein Produkt, einen Kundenstamm und einen Preis.«
    »Es kostet sie sieben Jahre Ihres Lebens, Willie. Ist es das wirklich wert?«
    »Natürlich. Ansonsten wäre ich nicht hier. Als ich anfing, habe ich mir ausgerechnet, wie viele Jahre ich im Fall einer Verhaftung schlimmstenfalls bekommen würde und welches finanzielle Polster ich bräuchte, um mir das leisten zu können.«
    »Leisten zu können?«
    »Das ist alles Teil der Gleichung. Selbst bei sieben Jahren – von denen ich übrigens nur drei absitzen werde – bin ich finanziell immer noch fein raus. Ich habe jede Menge Geld auf der Seite. Sobald ich wieder draußen bin, organisiere ich mich erst mal neu, strukturiere einiges um – und weiter geht’s!«
    »Einfach so, ohne jedes schlechte Gewissen? Obwohl dieses Land inzwischen ein Drogenproblem hat wie noch nie zuvor?«
    Moore bedachte ihn mit einem sardonischen Grinsen. »Nun hören Sie aber auf, Patrick, was kümmert uns denn ein Drogenproblem? Wir sprechen vom Keltischen Tiger, einer der am schnellsten gewachsenen Wirtschaften Europas. Kaum irgendwo gibt es so viele Millionäre pro Quadratkilometer wie hier bei uns. Wir haben ein Drogenproblem, sagen Sie? Und wenn schon! Ein Alkoholproblem haben wir schon seit jeher, und ein Tabakproblem haben wir auch. Der einzige Unterschied besteht in der Steuer. Im Grunde bin ich nicht anders als die Bierbrauer oder Zigarettenhersteller, bloß dass ich keine Steuern zahle. Ich befriedige eine Nachfrage, und zwar zu einem Preis, den die Leute sich leisten können. Die Zeit im Gefängnis ist sozusagen als Verlust zu verbuchen, aber unter dem Strich rechnet es sich trotzdem.«
    »Lieber Himmel, Willie«, meine Maguire, »ich sollte es allmählich ja schon wissen, aber Sie sind wirklich ein kaltschnäuziger Hund.«
    »Alles hat seinen Preis«, gab Moore zurück. »Wer es im Gefängnis nicht aushält, taugt nicht zum Verbrecher. Das ist ein Klischee, aber es stimmt.«
    »Trotzdem, Willie, sieben Jahre! Sie sind ein junger Mann, für den das Leben doch sicher nicht nur aus Geldverdienen besteht. Was ist mit Ihren Eltern, Ihrer Familie? Oder mit dem Wunsch nach einer Freundin? Oder sogar einer Ehefrau und Kindern? Wie verbuchen Sie diese Seite Ihres Lebens, wenn Ihr einziger Plan darin besteht, mit dem Dealen weiterzumachen?«
    Moore zog ein Gesicht. »Meine Familie weiß, wie ich bin. Und Freundinnen kommen und gehen.«
    Einen Moment lang betrachtete Maguire ihn schweigend. »Sie haben der Polizei nie die Wahrheit über sie erzählt, oder?«
    Moore setzte eine verächtliche Miene auf. »Natürlich nicht. Eine so wichtige Information hat ihren Preis. Zu der Zeit wartete ich gerade auf meinen Prozess, wenn Sie sich erinnern, und war auf jedes Ass in meinem Ärmel angewiesen. Ich brauchte schließlich eine gute Verhandlungsbasis. Natürlich haben sie mich damals

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