Seelenrächer
danach gefragt, aber als ich versuchte, einen Deal auszuhandeln, wollten sie davon nichts wissen.« Ein gnadenloses Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Im Zusammenhang mit dem, was da draußen gerade abläuft, könnte dieser kleine Schnipsel Wissen eine Menge wert sein.«
Dienstag, 2. September, 14:35 Uhr
Murphy fuhr Molly Parkinson auf die Nordseite des Flusses. Als sie zum Harcourt Square zurückkam, redeten in der Einsatzzentrale alle von Jimmy Hanrahan. Quinn saß am Computer, und Doyle hing an der Strippe. Von Frank Maguire war weit und breit nichts zu sehen. Murphy nahm sich einen Moment Zeit, um ein paar persönliche Worte mit Quinn zu wechseln.
»Wie geht es dir, Moss?«, fragte sie. »Kommst du weiter?«
Während er sich seufzend zurücksinken ließ, versuchte er, ein Lächeln zustande zu bringen. »Ehrlich gesagt weiß ich das selbst nicht so genau. Solange ich Maggs für den Täter hielt, bestand für mich noch die Hoffnung, dass es Eva gut geht. Dass sie nicht in irgendeiner gottverlassenen Gegend in einem Loch liegt und langsam verdurstet. Immerhin gab es mal eine Zeit, da hat er sie geliebt. Wenn sie es mit Maggs zu tun hätte, könnte sie ihn vielleicht zur Vernunft bringen.«
»Willst du damit sagen, dass du ihn inzwischen nicht mehr für den Täter hältst? Veranstalten wir hier deswegen alle so ein Theater wegen Schüreisen-Jimmy?«
Quinn blickte durch die Glasscheibe zu den anderen Detectives hinaus, die im angrenzenden Raum über ihre Schreibtische gebeugt saßen. Er musste an die unzähligen uniformierten Beamten denken, die im ganzen Land nach Eva suchten. Dann hatte er plötzlich Sandsteinfelsen vor Augen und eine raue Stimme im Ohr.
»Jimmy und Maggs verbindet eine lange Geschichte«, erklärte er, »das war uns von Anfang an klar. Hinzu kommt, dass die Jungs aus Kerry eine Polaroid-Kamera in seinem Haus gefunden haben.«
Murphy ließ sich nieder. »Wurde sein Haus denn nicht schon durchsucht, als ihr damals Marys Leiche gefunden habt?«
»Nein, wieso auch? Zu dem Zeitpunkt hatten wir uns doch längst unwiderruflich auf Maggs eingeschossen.« Er überlegte einen Moment. »Seit Evas Verschwinden bin ich gezwungen, alles neu zu bewerten. Noch einmal von Anfang an zu rekonstruieren, was Mary widerfahren sein könnte. Ich war so felsenfest von Maggs’ Schuld überzeugt, dass ich wohl alle anderen Möglichkeiten außer Acht gelassen habe. Lieber Himmel, so etwas sollte nicht passieren, aber in diesem Beruf passiert es eben doch manchmal.« Er überlegte einen Moment.
»Du weißt, dass Jimmys Mutter Selbstmord begangen hat?«
Sie nickte. »Und?«
»Ich finde es nur interessant. Ich meine, in unserem Zusammenhang. Auf den ersten Blick wirkt Jimmy ja nicht gerade wie der poetische Typ. Aber er schießt gerne Fotos, vorzugsweise mit einer Polaroidkamera.« Er deutete auf den Bildschirm, wo er erneut die Informationen aufgerufen hatte, auf die er und Doyle vorhin gestoßen waren. »Die lilienweißen Jungs, Murph. Zunächst konnten wir überhaupt nichts damit anfangen, aber sobald man etwas genauer hinschaut …«
»Die Ballade von der grausamen Mutter.« Murphy überflog den Text auf dem Bildschirm. »Eine Frau bringt ein, zwei uneheliche Kinder auf die Welt, meist handelt es sich um Söhne. – Moss, soll das heißen, es gibt zwei von der Sorte?«
»Nein, natürlich nicht. Aber sieh dir mal die siebte Zeile von dem anderen Gedicht an: ›… seven stars in the sky; or … the seven who went to heaven.‹ Sechs Frauen sind bereits tot, und nun wird eine siebte vermisst.«
Mit gerunzelter Stirn starrte sie ihn an. »Demnach reden wir also von einem Verbindungsglied zwischen all diesen Fällen?«
»Ehrlich gesagt, weiß ich selbst nicht so genau, wovon wir hier eigentlich reden. Der ganze Schwachsinn, den wir aufgetischt bekommen, dieser ganz mysteriöse Mist – so etwas passiert doch sonst nur im Film und nicht im wirklichen Leben.«
Murphy dachte scharf nach. »Moss, die Fälle können nicht alle miteinander zusammenhängen. Fünf von den Frauen waren alleinerziehende Mütter, während die sechste vermutlich noch gar nicht wusste, dass sie schwanger war. Und die siebte …«
»Hat einen Sohn verloren und ihren Ehemann von sich gestoßen.« Quinn gestikulierte mit einer Hand. »Man könnte argumentieren, dass Eva durch meinen Auszug zur alleinerziehenden Mutter geworden ist. Ich spiele nur alle Möglichkeiten durch, Murph, oder versuche es zumindest. Jedenfalls wusste der
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