Seelenraub
dem Beschwörer reden.«
Das war mehr als nur ein Vorschlag. »Du meinst, er weiß, was wir gemacht haben?«
»Er muss die Magie gespürt haben. Es würde mich interessieren, was er meint, wo sie herkam.«
Morts Haushälterin ließ sie kommentarlos eintreten, so wie Riley erwartet hatte, und führte sie in den runden Raum, in dem es nach Holzfeuer roch. Mort saß an seinem Schreibtisch, Bücherstapel um ihn herum aufgebaut wie ein Bollwerk aus Worten. Ein Teller Strudel stand an seinem Ellbogen.
Er stand auf. »Was zum Teufel war das?«, fragte er.
Der Abend war so absonderlich gewesen, dass Riley nicht anders konnte und zu lachen begann. Was sollte sie sonst tun? Als sie sich schließlich beruhigt hatte, sagte sie: »Ich habe keine Ahnung. Meine Hexenfreundin auch nicht.«
Mort sank zurück auf seine Bank, die Fingerspitzen in nachdenklicher Pose aneinandergelegt. »Ich habe eine alte Magie gespürt, so alt, dass die Beschwörer keinen Namen dafür haben. Erzähl mir, was geschehen ist.«
Riley nahm ihm gegenüber am Tisch Platz. »Na ja, wir haben diesen Drachen gesehen«, begann sie und erzählte dann den Rest der Geschichte. Mort unterbrach sie nicht. »Mir fällt nichts mehr ein, was ich sonst noch ausprobieren könnte«, sagte sie.
Mort nickte mitfühlend. »Ozymandias hat eine Belohnung auf den Leichnam deines Vaters ausgesetzt, aber bisher hat sich niemand gemeldet, um sie einzuheimsen.«
»Jeder will meinen Dad haben«, sagte sie verbittert.
»Sieht so aus. Ein Inkassounternehmen hat die Gesellschaft verklagt mit der Begründung, wir würden sie daran hindern, ihren
Aktivposten
, einen gewissen Paul Blackthorne, zurückzubekommen. Offensichtlich schuldest du ihnen Geld«, sagte Mort.
Riley stöhnte.
»Nur damit du Bescheid weißt, ich habe eine magische Einladung ausgesandt. Wenn der Beschwörer aus irgendeinem Grund die Kontrolle über den Geist deines Vaters verliert, habe ich seinen Geist eingeladen, hier Zuflucht zu suchen.«
Riley starrte ihn an. »Du meinst, mein Vater könnte versuchen wegzulaufen?«
»Das passiert manchmal, aber in seinem Fall scheint derjenige, der die Beschwörung durchgeführt hat, sehr mächtig zu sein, wer auch immer es gewesen ist. Ich bezweifle, dass wir so viel Glück haben.«
Und wenn es kein Nekromant war …
Riley starrte auf ihre Hände hinunter. Unter ihren Fingernägeln war Dreck, wahrscheinlich war er während ihrer Panikattacke auf dem Hinterhof dorthin gelangt. »Was, wenn ich ihn nie finde?«, fragte sie.
»Dann können wir nur hoffen, dass er in einem Jahr wieder in Frieden unter der Erde ruht.«
Das war nicht die Antwort, die sie sich gewünscht hatte. Nein, sie wollte den Entführer ihres Vaters bluten sehen, wollte, dass er so sehr litt wie sie. Nachdem sie Mort für all seine Hilfe gedankt hatte, verließ Riley den Raum auf dem Weg, auf dem sie gekommen war. Hinter sich hörte sie den Beschwörer leise etwas murmeln und das dumpfe Knallen, mit dem ein Buch aufgeschlagen wurde. Er hatte nicht aufgegeben, egal, was er gesagt hatte.
Und ich werde es auch nicht.
Ihre Freunde warteten vor dem Hexenladen auf sie. Peter hielt ihr eine Papiertüte hin.
»Was zu essen. Du brauchst es. Wenn du noch magerer wirst, kannst du bald als Model in New York arbeiten.«
»Danke«, murmelte sie. Riley öffnete die Tüte und entdeckte ein Thunfischsandwich und einen Schokoladen-Chip-Cookie in Übergröße.
Mmhhh
. »Danke«, wiederholte sie, dieses Mal mit mehr Begeisterung.
Ayden berührte sanft ihre Schulter. »Was hat der Beschwörer gesagt?«
»Er hat keine Ahnung, wer das war.«
»Wie ich gedacht hatte. Ich glaube, es ist das Beste, du hältst dich an das, was dein Vater gesagt hat: Du bist stärker, als du glaubst. Das ist wichtig. Geister lügen normalerweise nicht.«
Eine weitere Sache, die ihr Vater gesagt hatte, ließ die Hexe unerwähnt: »Ich sehe dich bald.« Da es nicht so aussah, als könnte Riley ihn von demjenigen zurückholen, der seinen Leichnam gestohlen hatte, konnte das nur eins bedeuten:
Das hier ist möglicherweise der letzte Cookie, den ich in meinem Leben essen werde.
26. Kapitel
Riley wusste, dass sie eigentlich in der Kirche sein sollte, aber sie war es leid, sich wie ein ängstliches kleines Kind zu verstecken. Jeder Mensch stieß irgendwann an seine Grenze, und sie hatte ihre bereits weit überschritten. Wenn Ori recht hatte, könnte es möglicherweise den Fünfer herbeilocken, wenn sie sich draußen herumtrieb, und dann
Weitere Kostenlose Bücher