Seelenraub
Spitzen.
»Abgefahren«, sagte Riley. »Ich wette, das kann man vom Weltraum aus sehen.«
»Das war auch die Absicht«, erwiderte die Kellnerin. »Wie immer?«
Riley nickte. Simi sorgte stets dafür, dass die heiße Schokolade mit Unmengen von Schlagsahne und Schokoraspeln bedeckt war. Leider würde es sie an Simon erinnern, aber das dringende Verlangen musste gestillt werden.
»Und wie geht’s deinem Freund, dem mit den umwerfenden blauen Augen?«, fragte die Kellnerin. »Es ist total scharf.«
»Simon ist Vergangenheit.«
»Ist ja ätzend. Und was ist mit dem Dämonenfänger?«
Nach dem, was ich zu ihm gesagt habe?
»Auch Vergangenheit.«
Simi warf ihr einen besorgten Blick zu. »Du verbrauchst die Kerle wie ich die Kaffeefilter, Mädel. Mach lieber mal ein bisschen langsamer.«
Als sie an Ori dachte, verbarg Riley ein Lächeln vor ihrer Freundin.
Simi stellte die Tasse mit der heißen Schokolade vor ihr auf den Tresen und tippte den Preis ein. Automatisch warf Riley das Wechselgeld in die Kaffeekasse, dann könnte sie sich noch einmal nachschenken lassen, wenn sie wollte.
Bei all den herumlaufenden Tagungsgästen war es nicht ganz einfach, zu ihrem Tisch zu gelangen, aber sie schaffte es, ohne zu kleckern, und rutschte auf die Bank. Während sie darauf wartete, dass das Getränk sich abkühlte, knabberte sie an den Schokoraspeln.
Das habe ich mir echt verdient.
In ihrer Tasche läutete es, kaum zu hören in diesem lärmenden Café. Sie kramte ihr Handy heraus, las die SMS und begann umgehend zu lächeln. Ori.
ICH VERMISSE DICH SEHEN WIR UNS SPÄTER ?
Sie tippte das JA , ehe sie sich bremsen konnte.
Was konnte es schon schaden? Vielleicht nahm er sie zu einem weiteren engelhaften Picknick mit. Im Gegensatz zu Martha erwartete er nicht von ihr, die Welt zu retten oder so etwas. Während sie zusah, verschwand seine SMS , als hätte sie nie existiert.
Wie macht er das?
Bestimmt irgendeine Engelsmagie. Sie glaubte nicht einmal, dass Ori ein Telefon besaß, aber andererseits war es für jemanden mit seiner Jobbeschreibung wahrscheinlich kein großes Problem, auch ohne Handy SMS zu verschicken. Und sie wieder verschwinden zu lassen, war dann ebenfalls ein Kinderspiel.
Riley legte ihr Handy auf den Tisch und probierte die Schokolade. Die Schlagsahne hinterließ einen weißen Schnurrbart auf ihrer Oberlippe und rief gute Erinnerungen in ihr wach. Ein Zwischenstopp im Café war eine alte Blackthorne-Tradition. Riley hatte immer heiße Schokolade genommen, und ihr Dad hatte Kaffee getrunken, aber aus einer richtigen Tasse. Er konnte diese Pappdinger nicht ausstehen. Als sie jetzt an ihrer Tasse nippte, meinte sie, sein zerzaustes braunes Haar, die Lachfalten in den Augenwinkeln, dieses schüchterne Lächeln direkt vor sich zu sehen. Diese Nische war sein Lieblingsplatz gewesen, ganz hinten, ruhiger als die anderen. Sie würde diesen Ort mit niemandem teilen, nicht einmal mit Ori.
Riley schloss die Augen. Die Hintergrundgeräusche wurden schwächer, und an ihre Stelle trat das Klappern des Löffels an der Keramiktasse, mit dem ihr Dad seinen Kaffee umrührte. Sie konnte sein Aftershave riechen, hörte ihn von seinem Tag erzählen, von ihrer Mom, von allem. Von was auch immer. Sie konnte seine Gegenwart spüren, und das tröstete sie. Solange sie diesen Augenblick festhalten und bewahren konnte, würde er immer ein Teil von ihr bleiben, selbst wenn er sich für irgendeinen reichen Widerling abarbeitete.
Die Sitzbank ihr gegenüber knarzte, und sie hörte jemanden ihren Namen sagen. Riley riss die Augen auf, ihr Herz wollte an das Wunder glauben, doch es war Beck. Ein rascher Blick in den Raum verriet ihr, dass sie bleiben mussten, wo sie waren, da es keine freien Plätze mehr gab.
Er nahm seine Atlanta-Braves-Kappe ab, warf sie auf den Tisch und strich sich mit der Hand übers Haar, um es zu bändigen. Es war länger geworden, und das stand ihm gut. Einen kurzen Moment lang sah sie etwas in seinem Blick, aber was immer es war, es verschwand innerhalb eines Sekundenbruchteils, als hätte er gemerkt, dass er mehr zeigte, als er zeigen wollte.
»Hab ich mir doch gedacht, dass ich dich hier finde.« Er nickte ihr anerkennend zu. »Du siehst gut aus. Dein Haar gefällt mir.«
Riley hatte nicht mit dem Kompliment gerechnet und bemühte sich, nicht zu erröten. Sie hatte sich nur ein wenig geschminkt, nichts Besonderes. »Danke.«
»Das ist für ihn, oder?«, fragte er. Sein Tonfall wurde finsterer.
Sie
Weitere Kostenlose Bücher