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Seelenraub

Seelenraub

Titel: Seelenraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Oliver
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ausfüllen. Vielleicht sogar ihre. Sie ging ins Badezimmer, um ein paar Taschentücher zu holen, und kam zum Tisch zurück.
    Beck ließ einen weiteren Ordner auf den Fertig-Stapel fallen. »Nur noch ein paar«, sagte er. Sie merkte, dass es ihn genauso quälte wie sie.
    Riley nickte und machte sich wieder an die Arbeit. Erst als sie den Stapel fast abgearbeitet hatten, las sie sich das Kleingedruckte auf der zweiten Seite des Antragsformulars durch. Unter dem Namen des Begünstigten war Platz für Unterschrift und Adresse, so dass der Scheck direkt an die Person geschickt werden konnte.
    »Beck?«
    »Hmm?«, sagte er, ohne aufzublicken, während er mühsam einen Buchstaben malte.
    »Warum musste ich kein Formular für meinen Dad unterschreiben?«
    Er hielt den Blick gesenkt, doch er schrieb nicht länger.
    »Beck?«
    Er legte den Stift bedächtig hin und lehnte sich mit ernstem Gesicht zurück. »Ich hab’s unterschrieben.«
    »Warum?«
    »Weil das Geld an mich geht.«
    »Ich bin nicht Dads Begünstigte?«, fragte sie vollkommen perplex.
    »Wenn Paul dir das Geld hätte ausbezahlen lassen, dann würden die Schuldeneintreiber es sich womöglich unter den Nagel reißen. Wenn ich es kriege, kommen sie nicht ran. Keine Sorge, ich sage Feuerwehr-Jack, er soll austüfteln, wie du das Geld bekommst.«
    »Wieso? Es ist dein Geld. Du könntest dir einen neuen Truck davon kaufen. Niemand könnte etwas dagegen sagen.«
    Beck verzog verletzt das Gesicht. »Wie kannst du denken, dass ich …«
    »Ich weiß nicht mehr, was ich noch denken soll. Nichts ist das, wofür ich es gehalten habe. Ich hatte gedacht, ich würde meine Lizenz bekommen, und dann würden Dad und ich die ganze Zeit zusammen sein und …«
    Sie sprang vom Stuhl auf und fand sich neben dem großen Fenster wieder, von dem man den Parkplatz überblicken konnte. Unter ihr schleppte eine Frau Einkäufe zur Eingangstür. Es stellte sich als schwierig heraus, da ihr Pudel jeden Autoreifen markieren wollte, an dem sie vorbeikamen.
    Beck stand jetzt direkt hinter ihr. »Ich behalte nichts von dem Geld, Mädel. Es gehört dir. Dein Daddy wollte es so, ich schwöre es.«
    »Er hat mir nicht vertraut.«
    »Dir schon, aber nicht den Schuldeneintreibern. Er wollte nicht, dass du das Einzige verlierst, was er dir hinterlassen konnte.«
    Zögernd legte Beck ihr den Arm um die Schultern und zog sie an sich. Sie spürte, wie er bebte.
    »Ich werde dich nicht verhungern lassen«, flüsterte er. »Ich werde es um jeden Preis verhindern. Ich habe es am Grab deines Daddys geschworen.«
    Ihr Vater hatte ihm vertraut.
Warum tue ich es nicht?
    Ein paar Minuten standen sie da, schauten einfach nur aus dem Fenster, ohne dass einer von ihnen etwas sagte. Schließlich ließ Beck sie los und kehrte zum Tisch und dem Papierkram zurück. Widerstrebend folgte Riley ihm, und schweigend arbeiteten sie sich durch die restlichen Akten.
    Sobald sie fertig waren, packte er die Ordner in seine Reisetasche, sammelte seine Jacke ein und bedankte sich. Riley verschloss die Tür hinter ihm. Sie hatte das Gefühl, eigentlich etwas sagen zu müssen, aber sie war sich nicht sicher, was das sein könnte.
    Den dicken weißen Umschlag unter dem Stapel mit den Rechnungen entdeckte sie erst später. Er war mit Zwanzigern vollgestopft, und sie zählte sie in Hundert-Dollar-Stapeln ab. Es waren zehn Stück.
    Eintausend Dollar.
    Beck musste ihn unter den Stapel geschoben haben, als sie die Taschentücher geholt hatte. Riley ließ verzweifelt den Kopf hängen. Sie hatte ihm praktisch vorgeworfen, ihr Geld zu stehlen, und die ganze Zeit über hatte der Umschlag dort gelegen. Er hatte keinen Ton gesagt.
    Sie dachte daran, wie er, tief in Gedanken versunken, am Fenster gestanden hatte. Wie defensiv er war, weil er kaum lesen und schreiben konnte. Wie ihr Vater ihm vertraut hatte, das Richtige zu tun.
    Es war schwer, Denver Beck zu mögen, und noch schwerer, ihn zu verstehen. Doch eins war klar: Sein Wort war Gold wert.
    Warum kann ich das nicht akzeptieren?

17. Kapitel

    »Was hat dieser Ort bloß an sich?«, brummte Riley, als sie am Oakland-Friedhof vorbeifuhr und in eine Seitenstraße abbog, um einen Parkplatz zu finden. »Wieso verbringe ich hier den Großteil meines Lebens?« Das Universum hatte keine Antwort für sie, also fuhr sie weiter die Straßen auf und ab. Dieser Schulausflug war ihr erster Schultag nach der Katastrophe im Tabernakel. Ihre Klassenkameraden würden wissen wollen, was wirklich passiert

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