Seelenraub
war, und ihr mit Fragen zusetzen, weil sie dabei gewesen war.
Es war nicht so, dass das Erlebnis verblasste, wenn sie darüber sprach. Ganz im Gegenteil, die höllischen Bilder waren noch zu frisch und brannten sich jedes Mal, wenn sie daran dachte, tiefer in ihre Erinnerung. Wenn sie ihre Klassenkameraden heute hinhalten könnte, hatte beim nächsten Mal vielleicht schon etwas anderes ihr Interesse geweckt.
Hauptsache, es hat nichts mit mir zu tun
.
Die Schulen veranstalteten diese obligatorischen historischen Ausflüge dreimal im Jahr, wobei die Klassen auf verschiedene Tage verteilt waren. Heute würden vermutlich rund zweihundert Kids hier sein, und der Schulbezirk stellte keine Busse mehr zur Verfügung. Obwohl die Klassen in Dreißig-Minuten-Intervallen ankommen sollten, ebbte der Strom der Schüler, die auf den Eingang des Oakland-Friedhofs zustapften wie eine Herde gutgekleideter Zombies, niemals ab.
Schließlich fand Riley einen Parkplatz, drei Blocks vom Friedhof entfernt. Als sie sich dem steinernen Torbogen näherte, der auf den Friedhof führte, entdeckte sie ein bekanntes Gesicht. »Peter?«, murmelte sie. Ihr bester Freund stand neben dem Haupteingang und musterte die Grüppchen von Schülern, die an ihm vorbeigingen. Seine Miene hellte sich auf, als er sie erblickte, und er winkte.
»Hey!«, sagte er, als sie zu ihm kam. »Ich hatte schon Angst, du würdest den Ausflug ausfallen lassen.«
»Völlig ausgeschlossen. Mrs Haggerty führt eine Strichliste, und ich kann’s mir nicht erlauben, nachzusitzen.«
Er hielt ihr ein Päckchen entgegen. »Ein Ausdruck von den Recherchen deines Vaters über das Weihwasser. Dieses Mal habe ich es gelesen. Dein Dad war echt erstaunlich.«
»Ja, das war er«, sagte sie und nahm das Paket entgegen. »Ich glaube, ich habe eine Spur.« Sie erzählte ihm von dem ungekennzeichneten LKW , der die recycelten Weihwasserflaschen eingesammelt hatte. »Wenn ich diesen Typen folge, finde ich vielleicht heraus, wer die Flaschen klaut und sie neu befüllt.«
»Klingt nach einem Plan«, sagte Peter und nickte anerkennend. »Sag mir Bescheid, wenn du einen Beifahrer brauchst.«
Cool
. »Abgemacht.« Sie gingen unter dem Torbogen hindurch auf den Friedhof. »Ich dachte, du solltest erst morgen hierherkommen.«
»Ich wurde in deine Klasse versetzt«, grinste Peter.
Als Riley abrupt stehen blieb, fluchte der Schüler hinter ihr, weil er beinahe in sie hineingerannt wäre. »Tut mir leid«, sagte sie und wandte sich wieder an ihren Freund. »Du meinst, du hast den Computer geha …«
Peter hielt ihr den Mund zu. »Wie ich gerade sagen wollte, ich bin glücklich zu berichten, dass unsere pädagogischen Oberherren entschieden haben, mich in deine Klasse gehen zu lassen.« Er ließ seine Hand sinken und zwinkerte ihr zu. »Stell dir nur meine Überraschung vor.«
Überraschung. Klar
. Peter hatte es geschafft, das Computersystem mit den Schülerdaten zu hacken und die Versetzung zu veranlassen. Wenn man ihn erwischte, würde er von der Schule fliegen und wäre zum Exil im finstersten Illinois mit seiner durchgeknallten Mutter verdammt.
»Bist du verrückt?«
»Natürlich. Es war gar nicht so schwer, sobald ich herausgefunden habe, dass ich gleichzeitig noch zwei oder drei andere versetzen muss, um meine Spuren zu verwischen. Gute Tarnung ist alles.«
»Du hast noch andere Leute in unsere Klasse versetzt?«
»Klar.« Er lächelt, offensichtlich zufrieden mit sich. »Es war echt leichter als gedacht.«
»Aber …«
Jemand stellte sich vor ihnen auf die Straße und versperrte ihnen den Weg.
O nein
. Als wäre das Leben nicht schon absurd genug, hatte sich der Möchtegern-Vampir aus ihrer Klasse vor ihr aufgebaut, der Junge mit dem pechschwarzen Haar und blutroten Hemd mit der dekorativen Spitze am Kragen. Eine Kamee zierte seinen Ausschnitt. Das Gesicht auf dem Medaillon protzte mit Reißzähnen.
Das meinst du doch wohl nicht ernst.
»Du bischt noch am Leben«, lispelte er und starrte Riley finster mit gerunzelter Stirn an. Die falschen spitzen Zähne störten offensichtlich gewaltig beim Sprechen.
»Ja, ich bin am Leben. Hast du irgendetwas dagegen?«, fragte sie, verärgert über diese Unterbrechung.
»Niemand beschiegt unsch«, erwiderte er. Das Lispeln war dieses Mal noch deutlicher zu hören, dazu versprühte er ordentlich Spucke.
Widerlich
. »Würdest du mir bitte aus dem Weg gehen?«
Der falsche Vampir rührte sich nicht, sondern fuhr fort, sie finster
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