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Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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worden?‹«
    Alles am Tisch lacht.
    »Dann sog ma eam, dass er verlurn hat. Darauf der Hans: ›Aber er hot sei Dam eigstellt.‹«
    »Klare Gewinnstellung«, echoten daraufhin die anderen Herren. Alles lachte. Als sie sich noch die Lachtränen aus den Augenwinkeln wischten, trat ein älterer Herr mit gutmütiger Miene ein.
    »Ah, da Willi.«
    »Servas, hock die her da zu uns.«
    »Hast den Samstag schon verdaut?«
    Herr Willi nickte.
    »Da hot’n da Bosniak vo Donaustadt ordentlich aufprackt. Gö, Willi.«
    Herr Willi nickte abermals. Diesmal schon im Sitzen.
    »Was brauch ma die Tschuschn, dass uns unseren Willi einihaun? Des kenn ma sölber a!«
    Wieder gutmütiges Lachen.
    Daraufhin wurde ernsthaft über verschiedene Probleme schachlicher Natur diskutiert, es standen Mittelspielstrategeme zur Diskussion, bis ein hagerer Herr, ebenfalls mittleren Alters, eintrat. Leicht vorgebeugt, mit Tränensäcken und tiefen Falten.
    »Servas, ihr Oarschlächer«, begrüßte er die Clubkameraden, eine Zigarette anrauchend.
    »Ah, da Stoß«, rief alles und freute sich.
    Der Angesprochene wandte sich sofort einem Herrn zu, der bis dahin schweigend geraucht hatte.
    »Servas, Puppi, heit panier i di.« Dann, zu allen gewandt. »Gegen den Wappler spü i schon seit dreißg Jahr, no nia gwunna. Aber heut, da panier i eam. Gö, Puppi.«
    Der bis dahin Schweigende streifte provozierend gelassen seine Asche ab und antwortete trocken: »Wenn’st ma a Melange zahlst, Stoß, dann lass i di gwinna.«
    Mit der Zeit trudelten immer mehr ein, auch Korkarian kam. Er wurde mit geziemendem Schmäh empfangen und setzte sich zu den anderen. Korkarian bestellte einen Mokka, rauchte Zigaretten aus einem silbernen Etui und warf an passenden Stellen Witzworte ein. Bei schachlichen Themen hatte er das letzte Wort, seine Analysen blieben unwidersprochen. Von Schwefeldampf und Pferdefüßen keine Spur. Aber Erichs Stimme, die ich in meinem Kopf hörte, erinnerte mich daran, dass der Teufel die Verkleidung liebt. Nachdem ein zweiter Mokka bestellt war und ich zu einer noch unaussprechlicheren Tageszeitung, als es die Krone ist, gewechselt hatte, spitzte ich wieder die Ohren.
    »Und wies so kummt, spült da Korkarian uman Turniersieg mit. Braucht nur noch an halben Punkt, a Remis.«
    Zigaretten wurden angezündet, es wurde am Kaffee genippt, alles bereitete sich auf eine neue Geschichte des Herrn mit Glatze und Vollbart vor. Der Erzähler saß da, auf einen ebenholzschwarzen Spazierstock mit silbernem Griff gestützt. Zwischen seinen breit gespreizten Beinen ruhte der gewaltige Bauch auf der Bank. Die Weste war halb aufgeknöpft.
    »Sei Gegner ist der Hans, abgeschlagen Letzter.«
    »Isser um 400 Elo schwächer wie i«, bemerkte Korkarian, in seinem russisch angehauchten Idiom.
    »Wiss ma eh alle, dass er a Klass schwächer is wia du.«
    »Was heißt hier eine? Zwei!« Korkarian hielt zwei Finger in die Luft. Er grinste schelmisch und sog dann an seinem Tschik.
    »Da Hans hat eigentlich ka Lust mehr auf des Turnier, eh kloa, nua valurn bis dato, und bietet Remis.«
    »Noch vor die Partie«, fügte Korkarian hinzu.
    »Aber unsa Vardan nimmt net an.«
    »Remis isse halbe Niederlage. I spiele immer für Sieg.«
    »Darauf der Hans: Na wart, di hob i ma aufgschriebn. Sie setzen si ans Brettl, im Sechsten opfert der Hans a ganze Figur für Angriff, …«
    »Die Königsläufer!«, erläuterte der Armenier.
    »… und wia i so danebn steh und zuschau, kummt da alte Hrdy, kennts ihn eh?«
    Alles nickte unter beifälligem Gemurmel wie »fast 90«, »netter Mensch«, »starker Spieler«.
    »… und da alte Hrdy sagt: ›Na bummsti.‹ Und wenn der so was sagt, dann stimmt’s.«
    Der Erzähler nahm einen genießerischen Schluck von seinem Kaffee, stellte ab und fuhr fort.
    »Na was soll i sagn. Der Hans betoniert n Vardan a so, dass der im Dreißigsten aufgibt.«
    »29.!«
    »Und alles, was er braucht hätt, wär a Remis gwesen.«
    »Remis isse halbe Niederlage. I spiele immer für Sieg.«
    Nachdem alles gelacht hatte, Korkarian am lautesten, bemerkte ein Herr mit Blick auf die Uhr: »Meine Herren, es ist halb. Fang ma an.«
    Man erhob sich und ging ins Hinterzimmer, wo die Bretter standen. An der Tür ließ sich Stoß noch einmal hören: »Heit panier i di, Puppi.« Der Angesprochene reagierte gar nicht. Von drinnen hört ich noch: »Schwarz drückt die Uhr«, dann fiel die Tür ins Schloss und sperrte mich aus.
     
    Bis jetzt hatte noch nicht viel an Information

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