Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
Vom Netzwerk:
durcheinander. Es war nichts zu verstehen.
    Ich stieg ganz hinauf unters Dach, stellte mich in einen dunklen Winkel und wartete. Es wunderte mich, dass nicht das ganze Haus auf den Füßen war, um der Polizei zuzusehen. Vielleicht waren alle im Urlaub. So stand ich also im Dunkeln und wartete, bis ich wieder unverdächtig an Buehlins Wohnungstür vorbei konnte. Nur nicht auffallen.
    Da läutete mein Handy. Mit einem Reflex, der Spiderman alle Ehre gemacht hätte, riss ich das Handy aus der Innentasche meines Jacketts und drückte den grünen Knopf.
    »Ja.«
    »Hier Moratti, Kripo Wien Zentrum.«
    »Was kann ich für Sie tun?«
    »Wo halten Sie sich momentan auf?«
    »Im neunten.«
    »Warum sind Sie nicht in Ihrem Büro?«
    »Das geht Sie gar nichts an.«
    »Hören Sie gut zu, Linder. Mein Sinn für Humor ist begrenzt. Normalerweise lache ich ausschließlich, wenn wir Uni-Lektoren verhaften.«
    »Gut, dann haben wir denselben Sinn für Humor. Da lach ich nämlich auch.«
    Moratti brüllte irgendwas, das die Boxen meines Handys überforderte. Dann raschelte es ein wenig und seine Chefin meldete sich.
    »Wie lange brauchen Sie zum Kort?«
    »Viertelstunde.«
    »Ich gebe Ihnen 20 Minuten. Akademisches Viertel ist keines drin. Dann schreibe ich Sie zur Fahndung aus.« Und aufgelegt.
    Ich beruhigte mich kurz und schlich dann die Treppe hinunter. An dem Uniformierten vorbei, der den friedlichen Ausdruck einer Mumie im Gesicht trug, zur Tür. Mir fiel auf, dass es diesmal zwar immer noch nach Kohlsuppe stank, aber nicht mehr nach dem beißend scharfen Laborgeruch aus Buehlins Wohnung. Draußen auf der Straße machte ich mich so klein als möglich, ging an ein paar Polizisten in weißen Mänteln vorbei und überquerte die Straße Richtung Kanal. Im Fadenkreuz von Kirche und Polizei, dabei stoned und völlig ahnungslos. Das sah überhaupt nicht gut aus. Ich hatte schon mal bessere Karten gehabt und doch verloren.

Kapitel 4

I
    Eine Viertelstunde später hetzte ich den U-Bahn-Schacht am Schottenring hinauf, zur Krimineserzentrale. Irgendwie war es sich ausgegangen. Kein U-Bahn-Fahrer war eingeschlafen, kein Obdachloser hatte auf dem Schienenstrang sein Leben beendet und auch sonst hatte es keine unliebsamen Verspätungen gegeben. Das ausgeschüttete Adrenalin hatte Alkohol und THC so weit unter Kontrolle. Vorläufig jedenfalls.
    Unten beim Eingang fragte ich nach und wurde nach oben geschickt. Von der ganzen Umgebung blieb mir nichts im Gedächtnis, bis auf einen vagen Eindruck von unpersönlicher Abneigung. Den sowohl der Lift, die Gänge als auch die Menschen, denen ich begegnete, ausstrahlten. Was nicht nur für die Polizisten unter ihnen galt.
    Irgendwann half mir jemand und ich fand den Raum, den ich suchte. Wenn Molnar ihre Drohung ernst gemeint hatte, so war ich schon seit zwei Minuten zur Fahndung ausgeschrieben, das sagte mir ein schneller Blick auf meine Armbanduhr. Ich atmete noch einmal tief durch und wagte dann zu klopfen. Nach einem undeutlichen »Ja« trat ich ein.
    Das Büro maß etwa sechs mal fünf Meter. Die Atmosphäre war nicht ganz so staubig-trostlos, wie ich erwartet hätte. Eine weibliche Hand schien durch Blumen und ein paar bunte Gegenstände etwas Lebensbejahendes in den Raum gebracht zu haben. Vielleicht täuschte ich mich auch und Moratti zeichnete dafür verantwortlich. Heutzutage ist alles möglich.
    »Setzen Sie sich.« Moratti wies auf einen Stuhl vor dem U-förmigen Schreibtisch der beiden. Ich leistete brav Folge. Während Moratti ein paar Floskeln bemühte, telefonierte Molnar. So ganz verstand ich nicht, was sie sagte, doch es schien, als bliese sie die Fahndung nach mir ab. Ich verstand so viel wie: »Ja, ja, ist soeben eingetroffen, genau, nicht mehr notwendig, danke.« Sie hatte es also ernst gemeint. Das war mit Sicherheit kein gutes Vorzeichen für das bevorstehende Gespräch. Verhör, verbesserte ich mich.
    »Was sagt Ihnen der Name Buehlin?«
    »Ist ein Bekannter von mir, den ich ab und zu besuche.« Immer mit ein paar Halbwahrheiten beginnen. Das hält einem die Richtung offen. Egal, ob man eher Richtung Wahrheit oder Trug gehen will.
    »Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«
    »Vor ein paar Tagen. Warum? Ist was passiert?«
    »Wie kommen Sie darauf, dass etwas passiert sein könnte?«
    »Weil es sonst, wenn er weder verschwunden noch tot wäre, egal wäre, wann wir uns das letzte Mal gesehen haben. Deshalb.«
    »Also, wann?«
    »Also, warum?« Kampflos war ich nicht bereit

Weitere Kostenlose Bücher