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Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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seinen Wagen in den Schredderraum und lässt die Maschinen ihre Arbeit tun. Auch hier gibt es ein Zeitlimit. Etwa 20 Minuten. Dann beginnt die Prozedur von Neuem.
    »Stör ich?«
    »Kaviar, du?«
    »Hast du ein paar Minuten Zeit für mich, oder gibt’s dann Probleme?«
    »Passt schon, die Maschine läuft gerade. Hab noch« – ich hörte ihn auf die Uhr blicken – »17,23 Minuten Zeit.«
    »Gut. Ich hab ein seltsames Anliegen, extra seltsam.«
    »Lass hören.«
    »Unter den Wirtschaftstreibenden in Österreich, gibt’s da wen, den du für fähig halten würdest, in Alchemie zu investieren?«
    »Arno, bist du stoned?«
    »Ja, schon. Wieso?«
    »Dann ist eh alles in Ordnung. Wenn’s nicht der Fall gewesen wäre, hätte ich mir Sorgen gemacht. Da gibt’s ein Problem, ich unterliege der Schweigepflicht.«
    »Hab’ ich mir schon gedacht. Aber ich will ja auch gar nichts über eure Klienten wissen. So ein Spinner wird bei euch sicher nicht genommen.«
    »Meinst auch nur du. Was da für Typen auftauchen, ist einfach unfassbar. Ich frag’ mich nur immer, wie die zu ihrem Geld gekommen sind. Können ja nicht alle alles geerbt haben.«
    »Wahrscheinlich nicht. Also, kannst du mir den Gefallen tun?«
    »Wenn’s nicht unter Verschwiegenheit fällt, dann schon.«
    »Hättest du ad hoc einen Verdächtigen?«
    »Hmm. Alchemie.« Er dachte kurz nach. »Was meinst du mit Alchemie? Blei in Gold verwandeln?«
    »Nein, nicht wirklich. Es geht da eher um irgendwelche durchgeknallten Nazimaschinen, die alternative Energiequellen abgeben sollen.«
    »Sonnenlicht und so? Ökoquatsch?«
    »Nein, irgendwelche esoterischen Sachen, blicke da selbst nicht so ganz durch.«
    »Du suchst verhaltensauffällige, leicht kriminelle Unternehmer, die hinter dem schnellen Geld her sind.«
    »Genau.«
    »Weißt du was, ich werd ein bisschen nachdenken und ein paar Leute in der Kanzlei fragen. Ich mail dir dann eine Liste.«
    »Nein, das geht nicht. Hab momentan keinen Internetzugang.«
    »Pleite?«
    »Nein. Doch, schon. Jedoch nicht deswegen. Meine Wohnung wird repariert.«
    »Dann halt auf der Uni.«
    »Da hat alles zu und in meinem Büro hab ich nicht mal einen PC.«
    »Dann geh halt zu der Informatikverwaltung. Die ist im NIG. Die Leute da sind echt freundlich. Du, ich muss aufhören, die Maschine ist in 11,19 Minuten so weit, und ich muss noch unbedingt eine heizen.«
    »Gut, Eugen, aber beeil dich mit der Liste.«
    »Sicher. Wenn ich was finde, kann’s aber nicht versprechen.«
    Als Eugen auflegte, war noch das Rascheln eines Chesterfield-Päckchens und das Klicken eines billigen Plastikfeuerzeugs zu hören gewesen.

VII
    Es ging langsam auf den Mittag zu, im Bus wurde es immer heißer und draußen im Sonnenlicht glühten die Farbtupfer in den staubigen Straßen. Häuser, kleine Parks, noch mehr Häuser und viele Mädchen in kurzen Röcken zogen am Fenster vorbei. Im Ohr hatte ich die ›Sketches of Spain‹, von Miles Davis und Gil Evans. Eigentlich keine meiner Lieblingsaufnahmen, aber heute hatte es mir »Solea« angetan. Wieder, wieder und immer wieder drückte ich Repeat. Das pompöse, orchestrale Intro, der durchgehende lebhafte, punktierte Rhythmus und die spanisch-stolze Trompete von Miles passten genau in meine Stimmung. Irgendwann stieg ich um, wartete ein bisschen, stieg wieder um und ging dann zu Fuß. Schließlich stand ich in der Servitengasse, vor der Haustür 17. Einen Moment musste ich mich besinnen, um wieder draufzukommen, warum ich eigentlich hier war. Ach ja, Buehlin. Ich stoppte Miles und läutete. Sofort summte der Türöffner. Ich wurde misstrauisch. Das letzte Mal hatte Buehlin dafür eine gefühlte Viertelstunde gebraucht. Ich war schon so weit, meinen Verdacht abzuschütteln, als ich im Augenwinkel zwei parkende Autos vor der Haustür wahrnahm. Sie waren dunkelblau-silbern. Mit einem roten Streifen. Und auf den Türen stand geschrieben: Polizei. Mein Herz tat einen Sprung, das Adrenalin verdrängte schlagartig Alkohol und THC. Die Haustür war schon hinter mir ins Schloss gefallen, also konnte ich nicht mehr umkehren. So ging ich also betont ruhig auf Buehlins Wohnung zu. Als ich um die Ecke kam, sah ich schon das gelbe Absperrband. Dahinter einen Uniformierten, der Schmiere stand. Ich ging lässig an ihm vorbei zum Stiegenabsatz. Sobald ich außerhalb seines Sichtbereiches gelangt war, blieb ich stehen und lauschte. In Buehlins Wohnung schien eine Kompanie zugange zu sein. Viele Stimmen, alle sprachen

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