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Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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Flötenmusik lief im Hintergrund. Sicher armenisch, der Sound, dachte ich mir. Über die Straße zogen ein paar Nebelschwaden, die hatte ich im dichten Wald gar nicht bemerkt.
    »Also, was wollen Sie?«
    »Ich dachte, Sie wollten was.«
    »Haben Sie Buch hier?« In seinen Augen glitzerte es. Gott sei Dank hatte ich es nicht bei mir. Seine Rechte war verdächtig unter sein Jackett gewandert.
    »Nein.«
    »Wo haben Sie es?«
    »Fahren wir los.«
    »Wohin?«
    »Fahren wir los.« Und wir fuhren. Zuerst die Amundsenstraße hinunter, durch Laubwälder und letzte Nebelschlieren, dann ein paar Hintergassen, die steilen Hügel hinauf. Schlussendlich hielten wir an einer kleinen Kreuzung. Ringsum nur Bäume, geflickter Asphalt und die Hintermauer des Sanatoriums auf der Baumgartner Höhe. Der Motor lief leise, die Musik klang gedämpft, und es war noch immer warm im Auto.
    »Gut so, der Ort?«
    »Perfekt. Wir wollen doch nicht, dass Kana plötzlich auftaucht.«
    »Sicher nicht.«
    »Was krieg ich dafür?«
    »Tausend.«
    Ich musste schmunzeln und ließ mir Zeit für eine Antwort.
    »Schnell. Machen Sie schon. Wir haben keine Zeit für solche Spiele.«
    »Warum?«, wieder ein bisschen gedehnt.
    »Weil Sie Kana beklaut haben. Der glaubt nun, dass ich dahinterstecke. Der kommt zu mir mit seine Gorillas. Meine Tochter ist allein zu Hause. Müssen schnell sein.«
    »Gar nichts glaubt der.«
    »Wieso?«
    »Weil ich ihm das ausgeredet habe. Der denkt alles Mögliche, aber niemals, dass ich für Sie arbeite.«
    »Zuerst haben Sie ihn beklaut und dann mit ihm geredet? Sie sind dort geblieben, obwohl Sie die Papiere hatten, weil Sie eine falsche Fährte legen wollten?« Genau das war mein Plan gewesen. Kana konnte ich in den Verwicklungen nicht mehr gebrauchen. Es würde auch ohne ihn schwer genug sein, die Sache so zu schaukeln, wie ich mir das vorgenommen hatte.
    »Genau.«
    »Frech«, meinte Korkarian. Vielleicht war sogar ein kleiner Hauch Anerkennung in seiner Stimme zu finden. Jedoch eben nur vielleicht.
    »Sicherlich war es frech, aber auch unvermeidlich. Sonst wäre der sofort bei Ihnen aufgetaucht.«
    »Der wird sowieso kommen.«
    »Denke ich auch. Nur haben wir so ein bisschen Zeit gewonnen.«
    »Kann sein.«
    »Sicher haben wir das.«
    »Gutt.« Hinter seiner schönen Stirn ratterten die Gedanken. Leider ließ sich nicht sagen, welche.
    »Wo isstes?«
    »In Sicherheit.«
    »Wie das? Ich denke, Sie kommen gerade von Kana?«
    »Ich war nicht allein dort. Mein Partner hat es.«
    Da kicherte Korkarian in sich hinein. Es fehlte nur noch, dass er sich die Hände rieb, dann wäre er wahrhaftig als Seelenhändler durchgegangen.
    »Partner? Gebe Ihnen Rat, gratis.«
    »Ich höre.«
    »Gibt keine Partner.«
    »Aus berufenem Mund.«
    Er ignorierte die Stichelei und kam sofort wieder zum Geschäft zurück.
    »Also, wie viel Sie wollen?«
    »Kein Geld. Ich will die Unterlagen für das Konto auf den Caymans.« Cayman Islands, das klingt schon so nach Tropensonne und Piratenschätzen. Man müsste sich »Inseln im Strom« einpacken und ein bisschen Urlaub machen, vielleicht auch zu fischen anfangen. Aber ganz eigentlich stehe ich weder auf Sonne noch auf Sand zwischen den Zehen. Andererseits könnte man auch in Wien bleiben und Privatgelehrter werden. Den ganzen Tag in Bibliotheken und Cafés verbringen und dabei riesige Berge an unnützem Wissen anhäufen. Oder aber Laura. Ein aberwitziges Happy End mit uns beiden auf einem Riesenhaufen Kohle, eine nicht enden wollende Fahrt in den Sonnenuntergang. Aber zuvor müssten Kana und Korkarian in den Knast. Sonst müsste man immer ein paar Bodyguards im Gepäck haben. Auch nicht das Wahre. Korkarian unterbrach meine Fantasien.
    »Woher wissen Sie von die Konto?«
    »Ich bin irgendwann darüber gestolpert.«
    »Hm.« Er grübelte. »Kann ich Ihnen nicht alles geben, geht nicht. Ich zahle Sie gut, wenn Sie mir das Notizbuch bringen. Ein Drittel des Kontos.«
    »Wie viel wäre das?« Das war ein Fehler.
    »Sie wissen gar nicht, wie viel Geld da draufliegt?«
    »Keinen Deut. Ich weiß nur, dass es da ist und dass es üppig ist.«
    Er kicherte wieder.
    »Halbe Million, vielleicht auch ein bisschen mehr.«
    »Für mich.«
    »Für Sie.« Er fixierte mich. Genau der gleiche Blick, den auch seine Tochter draufhatte, damals im Kreditbüro. Wieder fühlte ich mich wie die Gazelle, die dem Löwen ins Auge blickt, nur diesmal nicht einem jungen, sondern einem alten, erfahrenen, den die Jahre schon ein wenig zu

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