Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)
hast
geschummelt!“ Beleidigt rappelte sich Tizian auf und klopfte
den nichtvorhandenen Staub von seiner Hose.
„ Geschummelt? Tut
mir leid – ich wusste nicht, dass es beim Kämpfen verboten
ist, zurückzuschlagen.“
Tizian antwortete nicht.
Stattdessen stürzte er sich erneut auf sie. Diesmal gelang es
Melica sofort, auszuweichen. Sie schaffte es sogar, ihm beim
Herumwirbeln einen solch harten Tritt zu verpassen, dass Tizian durch
den halben Raum geschleudert wurde.
Mitleidig beobachtete sie,
wie Tizian gegen die Wand prallte. Sie hatte ihm nicht wehtun wollen…
„ Geht es dir gut?“,
fragte sie besorgt, als Tizian sich nicht rührte.
„ Nein. Es ist
verdammt peinlich, wenn man von einem so unerfahrenen Dämon wie
dir im Kampf besiegt wird“, erklärte Tizian nach einiger
Zeit des Schweigens und sprang zurück auf die Beine. Scham und
Begeisterung lagen zu gleichen Teilen auf seinem Gesicht, während
er sie unverhohlen musterte. Dann seufzte er. „Wir können
aufhören. Es macht keinen Sinn, dich trainieren zu wollen.“
„ Du meinst, ich soll
so in den Krieg ziehen?“, fragte Melica entsetzt. Sie wollte
kämpfen! Egal, was Isak auch sagte! Sie musste einfach helfen!
„Ich weiß doch gar nicht, wie man richtig kämpft!“
Tizian strich sich mit
einer leicht verzweifelten Geste über den kahlgeschorenen Kopf.
„Es tut mir leid, Kleine. Aber ich kann dir nichts beibringen.
Du bist besser als ich.“
Ein lauter Gong hallte
durch den Raum und ließ Melica verwirrt herumfahren.
Tizian jedoch zuckte mit
den Schultern. „Klingt so, als wäre es ohnehin Zeit fürs
Abendessen.“
~*~
„ Warum Abendessen?“,
fragte Melica, während sie Tizian durch einen der unzähligen
Gänge des Antrums folgte. „Was ist mit dem Mittagessen?“
„ Dem bist du
entkommen, indem du bewusstlos in Isaks Räumen herumgelegen
hast.“
„ Warte – wie
lange genau bin ich denn ohnmächtig gewesen?“, wunderte
sich Melica verdutzt und zog die Tür zum Speisesaal auf.
Zugegeben – es war vielleicht nicht ganz höflich von ihr,
seiner Antwort keinerlei Beachtung zu schenken. Doch sie schaffte es
einfach nicht, sich auf Tizians Worte zu konzentrieren.
Verwundert starrte sie
durch die Tür. Der Speisesaal war um einiges besser besucht als
er es am Morgen gewesen war. Und doch war es totenstill. Melica
musste kein Genie sein, um den Grund für die gespenstische
Stille zu erraten.
Der Tisch, der nur dicht
vor der Tür stand, war auf eine kleine Anhebung gestellt worden.
Der Tisch war lang und schmal und schien, soweit es Melica erkennen
konnte, für acht Personen gedeckt worden zu sein. Momentan
befanden sich jedoch nur vier Dämonen auf ihren Plätzen.
Gregor war einer von ihnen und seine Anwesenheit sicher der Grund,
warum alle Schattenkrieger dermaßen ehrfürchtig durch die
Gegend starrten.
„ Der Mann scheint es
ja zu lieben, sich in den Mittelpunkt zu drängen“,
murmelte sie unfreundlich.
„ Halt die Klappe! Du
hast keine Ahnung, wovon du sprichst!“, zischte ihr Tizian zu.
Melica fuhr leicht
zusammen. Wenn sie seinen Blick richtig deutete, war Tizian wirklich
wütend auf sie. Anders waren die zusammengezogenen Augenbrauen
und die müden Mundwinkel wohl kaum zu deuten. Interessant…dieser
Gregor schien wirklich mehr draufzuhaben als es den Anschein hatte.
Entschuldigend hob sie die
Arme, bevor sie sich mit einem Mal aus ihrer Starre löste und
auf einen leeren Tisch am Rande des Saales zumarschierte.
„ Wo willst du hin?“,
rief ihr Tizian verstört nach.
„ Mir einen Platz
suchen? Mein Magen funktioniert nämlich noch!“
„ Wir sitzen bei den
anderen“, sagte Tizian und deutete kurz auf den höhergestellten
Tisch.
Melica riss die Augen auf.
„Du meinst, wir dürfen uns in der Nähe von Gregor
aufhalten? Dem Gregor? Cäsars Sohn? Dem König der Könige?
Der Berühmtheit? Oh mein Gott – ich werde mir diesen Tag
rot im Kalender anstreichen!“
„ Hör auf damit,
verdammt!“, knurrte Tizian und stieß ihr seinen
Ellenbogen in die Seite. „Gregor hat es verdient, ernst
genommen zu werden! Wage es ja nicht, dich noch einmal über ihn
lustig zu machen, verstanden?“
Melica lächelte nur.
Anscheinend hatte sie Recht gehabt. Gregor musste tatsächlich
mächtiger sein, als er es ihr gegenüber vorgab.
Als sie den grauhaarigen
Mann knapp eine Minute später verstohlen musterte, bemerkte sie
zum ersten Mal, welche Stärke Gregor ausstrahlte.
Entschlossenheit lag auf seinem Gesicht
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