Seelensplitter: Thriller (German Edition)
Sven und deutet zur Pinnwand. »Da geht’s schon los. Wenn ein Explosionskörper die Bauchdecke wegreißt, dann zerfetzt das natürlich auch das Laken. Unsere Tote jedoch ist hübsch zugedeckt. Fast drapiert. Das passt hinten und vorne nicht.«
»Aber es gibt eine Abschiedsnachricht. An mich. So hingehängt, als hätte sie gewusst, dass ich die Wohnung betrete.«
»Sie hat sich außerdem die Pulsadern aufgeschnitten«, sagt Sven. »Nicht sehr fachmännisch, und daran ist sie auch nicht gestorben.«
»Die Pulsadern aufgeschnitten?«
»Ja. Laut Gerichtsmedizin hat sie sich selber geschnitten. Außerdem haben wir das passende Messer mit ihren Fingerabdrücken unter dem Bett gefunden.«
»Und was ist mit dem Vibrator?«, fragt Lina.
»An dem waren natürlich keine Spuren mehr festzustellen. Einfache Konstruktion. Darin waren zwei ummantelte Sprengkörper eingebaut, die durch einen Elektrozünder zur Explosion gebracht wurden. Wohl gezündet durch die Funken, die im Motorantrieb dieser Dinger entstehen.«
»Carolin war nicht gerade eine begnadete Bastlerin, soviel ich weiß«, sagt Lina.
» So weit sind wir auch schon.«
»Was ist mit ihrem Freund? Ist sie getrennt? Auf dem Schild stand nicht ihr Name. Vielleicht ist der Typ ein Stalker«, mutmaßt Lina.
»Das ist genau der Grund, warum du nicht in den Streifendienst gehörst«, sagt Sven. Lina weiß, dass sie jetzt sehr vorsichtig sein muss.
»Dir ist eben sofort klar, dass ein Dildo als Tatwaffe auf eine Beziehungstat hindeutet. Für diese Tötungsart gibt es übrigens ein amerikanisches Vorbild.«
»Und was ist mit ihrem Freund?«
Sven steht von seinem Stuhl auf und macht ein paar Schritte durch das Büro.
»Lina, ich sagte dir ja schon, dass ich eigentlich nicht mit dir darüber reden darf. Schon gar nicht, weil du wegen des Schusswaffengebrauchs gerade draußen bist.«
»Warum sprichst du dann überhaupt mit mir?«
»Holla?«, sagt Sven und setzt sich wieder an den Tisch. »Du bist als Erste am Tatort gewesen, du kanntest die Tote, reicht das nicht? Was soll ich sonst machen? Abwarten, bis eine Spur an die Tür klopft und sagt ›Hallo, da bin ich‹?«
Sven schlürft einen Schluck Kaffee aus seiner Tasse und stellt sie zurück auf den Tisch. Er nimmt einen Stift und denkt einen Moment nach, bevor er sich Lina wieder zuwendet.
»Ich will diesen Fall schnell vom Tisch haben, und dazu brauche ich dich. Verstehst du? Ich brauche Hintergründe, Fakten, ein Bild von der Toten. Mit wem hatte sie zu tun, Bekanntschaften, Liebhabereien, sexuelle Neigungen … Wäre schön, wenn du ein bisschen mitarbeiten würdest.«
»Du hast mir immer noch nicht gesagt, was mit ihrem Freund ist.«
»Hat ein wasserdichtes Alibi. Was ist also mit dieser Selbsterfahrungsgruppe?«
Da war sie endlich, die Kardinalfrage. Sein Ziel, auf das er hingearbeitet hatte. Bisher mit keinem Wort erwähnt, nun kam es über den Tisch geflogen: ansatzlos, wie aus dem Off, und es ließ keine großen Umwege mehr zu.
»Was soll damit sein?«
»Komm, Lina. Hat sie darüber gesprochen, dass sie sich verfolgt fühlte? Hatte sie jemanden am Haken? Hatte sie Streit mit ihrem Freund?«
Das weißt du doch alles schon längst, denkt Lina, schließlich hast du mit der Plaudertasche Astrid gesprochen.
»Nicht dass ich wüsste. Normale Probleme halt«, sagt sie, und als sie Svens misstrauischen Blick bemerkt, schiebt sie »Frauenprobleme eben« nach.
Das ist was, worüber du dich lustig machen kannst, denkt Lina, komm schon, spring durch den Ring.
»Frauen reden doch über ihre Probleme, die sie mit Lovern haben, über Männer, die nicht verstehen wollen, dass es vorbei ist. Komm schon, Lina«, sagt Sven.
Wunderbar, die Kuh ist vom Eis!
»Genau«, sagt Lina. »Frauen, die mit Typen wie dir zusammen sind, sprechen sich mit anderen aus. Und weißt du warum?«
Sven grinst sie an. »Um die Typen aus ihren hübschen Köpfen zu bekommen?«, fragt er.
»Nein«, sagt Lina. »Weil es besser ist, über solche Typen zu reden, als mit ihnen zusammen zu sein. War’s das jetzt?«
Beim Abschied beschwört Sven sie noch einmal, genau zu überlegen, ob in der Selbsterfahrungsgruppe etwas Besonderes passiert sei, und ihn unbedingt anzurufen, wenn ihr etwas einfällt. Und sie dürfe weder die Stadt verlassen noch Zeitungsinterviews geben.
»Wenn die Journalisten das mit dem explodierten Dildo herausbekommen, ist im Präsidium die Hölle los. Ich sehe schon, wie die werten Zeitungsleserinnen die Batterien
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