Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
eigentlich? Ich komme langsam echt nicht mehr mit! Jonathan, Tizian – mir geht es echt fantastisch! Körperlich jedenfalls! Seelisch würde es mir wahrscheinlich auch gut gehen, wenn ihr endlich aufhören würdet, mich für die Retterin der Welt zu halten. Wisst ihr eigentlich, wie anstrengend das sein kann? Warum könnt ihr nicht einfach einsehen, dass ich nicht die bin, die ihr sucht? Ich wette, da draußen irgendwo ist ein Dämon mit unglaublichen Kräften, der nur auf euch und eure komische Prophezeiung wartet! Lasst mich doch einfach in Ruhe und sucht nach dem richtigen Auserwählten! Hier mit mir verschwendet ihr nur eure Zeit!“ Sie hatte sich so in Rage geredet, dass ihr gar nicht aufgefallen war, dass ihr Jonathan und Tizian schon lange nicht mehr zuhörten.
Die beiden Brüder starrten seltsam fassungslos an ihr vorbei, fixierten irgendeinen Punkt hinter ihr, den sie nicht sehen konnte.
Beleidigt schürzte Melica die Lippen. War das zu glauben? Da hielt sie schon eine wirklich beeindruckende Ansprache und keiner hörte ihr zu! Schlecht gelaunt folgte sie Jonathans Blick und wollte schon etwas Unfreundliches durch das Zimmer zischen – doch sie konnte es nicht.
Nicht jetzt, wo sie wusste, was die beiden Brüder dermaßen aus dem Konzept gebracht hatte. Gott, das war doch vollkommen unmöglich!
Jonathans Fernseher sah genauso aus wie immer. Das Problem war nur, dass er in der Luft schwebte, vor ihr, direkt auf Augenhöhe. Mit aufgeklapptem Mund starrte sie auf den Bildschirm. „Das…“, hauchte sie und schüttelte leicht den Kopf. Wahrscheinlich hatte sie einfach den Verstand verloren. Das musste es sein! Fernseher konnten nicht fliegen!
„Wie macht ihr das?“, fragte Melica nach einiger Zeit verständnislos.
„Nicht wir sind dafür verantwortlich“, murmelte Jonathan. Melica brauchte ihn nicht zu sehen, um seine Verwirrung zu spüren. „Sondern du. Das ist die einzige Erklärung. Du lässt ihn schweben!“
„Ich?“ Sie fuhr herum und fixierte die beiden Dämonen mit einem panischen Blick. „Ich…kann so etwas gar nicht!“
Wäre diese Situation nicht so absurd gewesen, dann wäre sie wütend gewesen. Wütend darüber, dass es die beiden offenbar nicht einmal für nötig hielten, auf ihre Worte zu antworten.
Tizian schluckte hart, bevor er sich mit versteinerter Miene an seinen Bruder wandte: „Wie ist das nur möglich?“
Jonathan schüttelte den Kopf. „Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung.“
Der Fernseher fiel mit einem Krachen zu Boden. Mit großen Augen sah Melica zu, wie er in tausend Einzelteile zerbarst.
~*~
Zane war wie von Sinnen. Ein furchteinflößendes Zittern hatte seinen Körper erfasst, seine Haut glühte vor unterdrückter Wut. Wut auf sich selbst, Wut auf seine eigene Dummheit. Mit einem gequälten Schnauben tauchte er den Pinsel in die schwarze Farbe, immer und immer wieder. Er hatte schon immer gerne gemalt.
Leidenschaft. Zorn. Hass. Verzweiflung schwappte über ihn herab und trug ihn fort, weit weg, an einen Ort, an dem alles so viel einfacher und doch so unendlich kompliziert war. Wie sehr er sein Leben doch hasste! Seine Gedanken waren in Aufruhr, verwirrten ihn, vernebelten seine Sinne.
Und das alles war nur wegen ihr! Er verabscheute sie! Sie mit ihrem so wilden, braunen Haar. Sie mit diesen hellen Augen. Sie mit diesem Lächeln, das ihn in tiefste Abhängigkeit gestürzt hatte. Verdammt – was war nur mit ihm los? Ein Strich, ein Punkt und noch einer. Ein unförmiger Fleck schwarzer Farbe, der sich quer über die gesamte Leinwand zog. Ein Abbild seiner Angst, seiner Gedanken, Gefühle.
Würde ihn jetzt jemand sehen, mit nichts als einer schwarzen Stoffhose bekleidet, die bleiche Haut voll von schwarzer Farbe – er würde ihn für völlig wahnsinnig halten. Und wahrscheinlich hätte er sogar Recht damit. Wie sonst sollte man erklären, dass der Mann, der niemals auch nur die kleinste Emotion zeigte, völlig aufgebracht Farbe auf eine Leinwand schüttete? Wie sonst sollte man erklären, dass seine Gedanken beinahe sekündlich abdrifteten, die Gedanken von ihm, dem Mann, der immer alles und auch sich selbst unter Kontrolle hatte? Ihm, dem Mann, der von so vielen gehasst und gefürchtet wurde?
Zane machte sich nichts vor, er wusste, dass er weit mehr Feinde als Freunde besaß. Doch er war glücklich damit gewesen, stolz darauf, ein kalter, sarkastischer Einzelgänger zu sein. Aber dann kam sie und machte alles kaputt, zerstörte sein mühsam
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