Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
klang.
Tizian und Jonathan hoben langsam die Augenbrauen, vollkommen synchron! In jeder anderen Situation hätte Melica dieses Bild vielleicht lustig gefunden – nun jedoch machte es sie nur nervös.
„Ihr müsst mich falsch verstanden haben! Außer Tizian hat mich niemand angegriffen!“
„Was ist mit dem Dämon, der dich verwandelt hat?“
„In Ordnung! Der auch!“, räumte sie augenrollend ein. „Aber sonst war da echt nichts!“
Jonathan bedachte sie mit einem argwöhnischen Blick. „Dir ist aber schon klar, dass wir dir kein Wort glauben?“
„Dann könnt ihr euch ja problemlos in meine Lage versetzen! Mir geht’s genauso!“, rief Melica und klatschte begeistert in die Hände.
„Du glaubst selbst nicht, was du sagst?“
Melica schenkte Tizian ein falsches Lächeln. „Wie lustig du doch bist!“
„Das ist dir-“ Tizian würde seinen Satz nie zu Ende führen. Stattdessen warf er seinem Bruder einen verwirrten Blick zu.
Dieser hatte Melica nämlich aus heiterem Himmel an der Schulter gepackt und sie herumgerissen. Irritiert musterte Melica den blonden Mann, Angst spürte sie jedoch keine.
„Ich glaube nicht, dass du den Ernst der Lage verstehst. Unsere Welt steht Kopf, Melica! Wir brauchen dich!“
Melica erwiderte seinen Blick ruhig, obwohl es tief in ihr brodelte. Was bildete sich der Kerl eigentlich ein? „Ich verstehe den Ernst der Lage vollkommen“, entgegnete sie und war selbst von der Kälte in ihrer Stimme überrascht. „Vor ein paar Wochen habe ich mich in einen Dämon verwandelt und kann seitdem alle möglichen Leute anzünden. Das ist extrem krank, aber ich kann es trotzdem irgendwie akzeptieren. Dass ihr mich aber gerade zu so einer Art Jesus macht – das ist einfach zu viel!“
„Wir würden dich niemals mit Jesus vergleichen.“
„Danke – das beruhigt mich wirklich ungemein“, blaffte Melica sarkastisch. „Darauf wollte ich aber nicht hinaus! Und jetzt lass mich gefälligst los, Jonathan! Soll mich das beeindrucken oder was?“
Jonathan funkelte sie ärgerlich an.
Melica beeindruckte dies jedoch nicht im Geringsten. „Ich zittere förmlich vor Angst“, kommentierte sie und warf einen bedeutungsvollen Blick auf seine rechte Hand, die noch immer ihre Schulter umklammerte. „Könntest du jetzt bitte endlich deine Finger von mir nehmen?“
Melicas Kopf schoss herum, als ein lautes Lachen zu ihr herüberwehte. Tizian schien sich ja gar nicht wieder einkriegen zu können, seine Mundwinkel zuckten unkontrolliert, in seinen warmen, grünen Augen standen sogar Tränen. „Scheint ganz so, als hättest du keine allzu großen Chancen bei Melica.“
Langsam nahm Jonathan die Hand von ihr, doch es sah fast so aus, als müsste er jeden Finger einzeln von ihr lösen. Sein Ausdruck wirkte für einen kurzen Augenblick betroffen, aber dann war er wieder da, der gewohnte, selbstgefällige Blick. „Ich kann nicht behaupten, dass mich das stört. Kinder haben mich noch nie gereizt.“
Vor Empörung klappte Melica der Mund auf. „Ich bin kein Kind mehr!“
Jonathan grinste süffisant, sagte jedoch nichts dazu. Stattdessen wechselte er das Thema: „Wann hast du dich das letzte Mal ernährt?“
Melica schlug genervt die Augen nieder. „Wenn du glaubst, dass der Themawechsel gerade unauffällig war, dann hast du echt einen Schaden. Aber ich will ja keine Spielverderberin sein. Wann ich mich das letzte Mal „ernährt“ habe? Ich hatte noch keinen Hunger – zum Glück.“
„Du hast mich falsch verstanden. Ich wollte wissen, wann du das letzte Mal eine Seele übernommen hast.“
Melica hob langsam eine Augenbraue. „Ich habe schon verstanden, was du mir sagen wolltest. Meine Antwort war ganz richtig: ich musste noch niemanden aussaugen.“
Während sich die beiden Brüder schockierte Blicke zuwarfen, wanderte Melicas Augenbraue noch eine Etage höher. „Habe ich irgendetwas verpasst?“
„Melica, du…“ Tizian brach ab, eine seltsame Betroffenheit lag auf seinem Gesicht.
Verwirrung schwappte durch ihren Körper, rasend schnell und eroberte rigoros jede Zelle. „Was habt ihr denn auf einmal?“
„Du…du musst schreckliche Schmerzen haben“, brach es aus Tizian hervor.
Mit einem Mal hatte Melica wirklich das Gefühl, irgendetwas verpasst zu haben. Sie starrte die beiden mit großen Augen an. „Schmerzen? Warum das denn?“
„Du musst nicht länger stark sein, Kleine“, säuselte Tizian. „Du kannst es zugeben!“
„Wovon zur Hölle sprecht ihr
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