Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
umdrehen!“
Jonathan verstummte schlagartig. „Wie bitte?“
„Wir müssen umdrehen!“, wiederholte Melica panisch. „Sofort! Gott, ich kann doch nicht einfach….Jetzt mach doch endlich was, Jonathan!“
„Warum sollte ich das bitte tun?“, fragte Jonathan genervt, ohne seinen Blick von der Fahrbahn zu nehmen. Er sah nicht so aus, als hätte er vor, nach Hamburg zurückzufahren.
„Meine Freunde wissen doch gar nicht, wo ich bin! Ich muss mit ihnen reden! Bestimmt machen sie sich Sorgen um mich! Und ich vergesse sie einfach!“
„Und deshalb diese ganze Aufregung?“ Jonathan blickte die hysterisch durch die Gegend starrende Melica nur kurz an. „Wegen diesem Unsinn machst du hier solche Panik?“
„Das ist kein Unsinn!“, protestierte Melica aufgebracht. „Das sind meine Freunde! Oder zumindest sind sie das einmal gewesen…Sie hassen mich jetzt bestimmt.“
„Warum sollten sie? Sie wissen doch nicht, dass du freiwillig verschwunden bist!“, antwortete Jonathan trocken. „Sie werden denken, dass du schon wieder entführt worden bist. Und dafür werden sie dir wohl kaum die Schuld geben.“
„Genau das wollte ich hören!“, versicherte ihm Melica sarkastisch. „Danke!“
„Schreib ihnen doch einfach einen Brief“, warf Tizian vorsichtig ein.
„Einen Brief? Super – warum schreib ich ihnen nicht gleich eine SMS?“
Jonathan ließ ein leises Seufzen hören. „Gib mir bitte einmal dein Handy.“
Misstrauisch sah sie ihn an. „Warum?“
Jonathan hielt seinen Blick fest auf die Fahrbahn gerichtet, doch ein Muskel an seinem Mund zuckte, fast so, als versuche er, ein Lachen zu verbergen. „Ich mag Handys.“
Sollte sie das wirklich überzeugen? Melica schüttelte ungläubig den Kopf, während sie in ihre Tasche griff und das weiße Handy hervorzog. Sie trug es eigentlich nur aus Gewohnheit mit sich herum – es funktionierte nicht mehr, seit Melica bei der Ankunft bei ihrem Großvater zu Boden gefallen war.
Jonathan löste eine Hand vom Lenkrad und streckte sie ihr auffordernd entgegen.
Melica zögerte, dann ließ sie ihr Handy in seine geöffnete Handfläche fallen.
Im Gegensatz zu ihr zögerte Jonathan keine Sekunde. In einer beinahe unnatürlich aussehenden Bewegung warf er das Handy aus dem halb geöffneten Autofenster.
„Bist du verrückt?“, herrschte ihn Melica fassungslos an. „Warum zum Teufel hast du das gemacht?“
Jonathan zuckte mit den Schultern. „Handys lassen sich orten.“
„Aber das funktionierte doch sowieso nicht mehr!“
„Dann kann es dir doch auch egal sein, dass es nun weg ist.“
Melica lehnte sich erschöpft zurück. „Du hättest wenigstens die Speicherkarte herausnehmen können.“
„Ich merk’s mir für’s nächste Mal“, behauptete Jonathan, bevor er mit einem Mal scharf auf die Bremse trat. „Wir sind da.“
Melica schaffte es kaum, den Mund für eine Frage zu öffnen, da hatte Tizian die Hintertür auch schon aufgerissen und war aus dem Auto gesprungen. Erleichterung lag auf seinen sonnengebräunten Zügen. „Ich hasse dein Auto!“
Melica musterte ihn irritiert. Dann blickte sie sich fragend um. Sie befanden sich in einer gewöhnlichen Kleinstadtsiedlung. Alle Häuser standen brav in einer Reihe, alles war sauber und ordentlich. Gleichzeitig sahen die Häuser jedoch auch anders aus als Melica sie kannte. Irgendwie waren sie um einiges heller. „Wo sind wir?“
Jonathan öffnete ebenfalls die Tür, machte jedoch keinerlei Anstalten, auszusteigen. Stattdessen sah er sie ruhig an. „Norwegen.“
„Was Norwegen?“, fragte sie verwirrt und hob langsam eine Augenbraue.
„Wir sind in Norwegen“, erklärte Jonathan gelassen. „Ganz in der Nähe von Kristiansand.“
„Wir sind nicht mehr in Deutschland?“
Was war eigentlich mit ihr passiert, dass sie so etwas nicht mitbekommen hatte? Gott – sie mussten mehr als 15 Stunden durch die Gegend gefahren sein!
„Nein. Wenn man in Norwegen ist, dann ist man nicht mehr in Deutschland“, erklärte ihr Jonathan, bevor er sich umdrehte und aus dem Auto stieg.
Melica blieb verdattert sitzen. Was sollte sie auch draußen? Sie wusste ja noch nicht einmal, warum sie überhaupt hier waren. Norwegen… Von ihrem Platz aus beobachtete sie die beiden Brüder, die mit entschlossener Miene auf eines der Häuser zumarschierten. Es unterschied sich nicht von den anderen, fiel weder durch die Fenster noch durch die Tür besonders auf. Es war nichts Besonderes, einfach durch und durch
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