Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
ihr noch?“, fragte er, als ihn die anderen nur überfordert anstarrten. „Los! Es geht weiter!“
~*~
Melica wusste nicht, wie viele Kilometer zwischen Norwegen und Deutschland lagen. Sie wusste nur, dass es viele waren. Zu viele, um sie mal einfach so und ohne Probleme abzulaufen. Und doch tat sie gerade genau dies. Nun gut - es war nicht so, dass sie keine Probleme hatte. Ganz im Gegenteil. Nach drei Tagen hatte sie das Gefühl, ihr Körper würde sie hassen. Ihr Kopf pochte, ihre Beine schmerzten und ihre Füße…nun, sie war sich nicht sicher, ob sie überhaupt noch welche besaß.
Nach drei Tagen, in denen sie vielleicht gerade einmal vier Stunden Schlaf und kein Essen bekommen hatte, konnte sie mit Sicherheit sagen, dass sie in der Hölle gelandet war. Niemandem wünschte sie eine solche Reise, nicht einmal Vanessa, Jims unerträglicher Freundin!
Die ständige Müdigkeit ließ sie grimmig und zynisch werden und sorgte dafür, dass die Barkleys kein Wort mehr mit ihr wechselten. Ihre Kleidung bestand aus mehr Schmutz als Stoff. Sie hatte aufgehört zu atmen, nur, um ihren eigenen Geruch nicht länger ertragen zu müssen. Und sie wollte nicht einmal wissen, wie schrecklich sie aussehen musste. Es reichte, dass sie sah, in welchem Zustand sich die anderen Dämonen befanden.
Das Schlimmste jedoch war der Hunger. Er wütete in ihr, fraß sie von innen heraus auf und dachte nicht einmal daran, zu verschwinden. Und obwohl Melica wirklich alles tat, um die anderen nicht zu enttäuschen, spürte sie mit jeder Sekunde, dass ihre Kräfte den ständigen Kampf mit der Anstrengung verloren und tot zu Boden fielen. Melica war sich sicher, dass es ihr genauso ergehen würde. Sie würde zusammenbrechen, wenn sie Schorfheide nicht bald erreichten. Und so war es schließlich auch.
Sie liefen gerade über eine karge Wiese. Der Regen prasselte sturzbachartig auf sie herab, der Wind peitschte durch ihre Haare und ließ Jonathan innerlich tausende Tode sterben.
Der Hunger erreichte mit einem Mal eine Intensität, die es Melica unmöglich machte, sich zu bewegen. Sie verlor die Kontrolle über ihren Körper, fiel unsanft auf die harte Erde.
Isaks besorgte Miene war das Letzte, das sie sah. Dann war sie an einem anderen Ort, weit weg und doch gleichzeitig so nah.
~*~
„Wir hätten merken müssen, wie schlecht es ihr geht!“
Melica nahm die Stimme wie durch einen tiefen Nebel wahr, sie hörte die Worte und konnte sie trotzdem nicht verstehen.
„Falsch, Isak. Melica hätte uns sagen sollen, dass sie hungrig ist.“
„Wundert es dich, dass sie es nicht getan hat? Sie ist unglaublich stur!“
„Ja, es wundert mich. Ich hätte nicht gedacht, dass es jemanden gibt, der dermaßen unbedacht ist. Ihr hätte wer weiß was passieren können.“
„Ihr kann immer noch allerhand passieren, wenn ihr nicht endlich ruhig seid!“, sagte plötzlich eine resolute weibliche Stimme. „Ihr weckt sie noch auf! Das Mädchen braucht seinen Schlaf!“
Als wäre das ihr Einsatz gewesen, drehte sich Melica herum. Ein kleiner, winziger Teil ihres Verstandes registrierte erfreut, dass sie auf einer großen, weichen Matratze lag. Ein weit größerer Teil kämpfte jedoch noch immer gegen die Müdigkeit an.
„Großartig, Jungs. Jetzt habt ihr sie aufgeweckt. Dass ihr auch nie auf mich hören könnt!“
„Entschuldigung, Renate“, lautete die dreistimmige Antwort.
„Bei mir braucht ihr euch nicht zu entschuldigen. Melica ist diejenige, die unter euch leidet. Und jetzt verschwindet. Hier steht ihr mir nur im Weg!“
„Aber ich kann sie doch nicht alleine lassen! Ich bin ihr-“
„Ja, ich weiß, dass du ihr Onkel bist. Das hast du inzwischen oft genug erwähnt. Trotzdem kann ich euch hier nicht gebrauchen.“
„Schön. Aber du sagst mir sofort Bescheid, wenn sie ansprechbar ist, oder?“
„Ja, Isak.“
Stühle wurden zurückgeschoben, wenige Sekunden später hörte man Schritte, die langsam leiser wurden.
„So, Mädchen. Die drei sind weg. Du kannst deine Augen also aufmachen.“
Ein wenig verlegen öffnete Melica ihre Augen und blickte direkt in das strenge Gesicht einer pummeligen, älteren Frau.
Diese musterte sie kritisch. „Ich weiß zwar nicht, warum du dich gerade schlafend gestellt hast, doch damit ist jetzt Schluss. Du wirst mich nicht davon abhalten, dich zu untersuchen.“
Untersuchen? Alarmiert blickte sich Melica um. Weiße Wände, weiße Schränke, weiße Betten. Oh Gott. Offenbar war sie mitten in
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