Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition)
Fortsetzungskrieg hat also wirklich stattgefunden?«
»Genau. Es gab 1940 den finnisch-sowjetischen Winterkrieg. Die Sowjetunion hat die damals baltischen Staaten gezwungen, der Sowjetunion beizutreten, und Finnland sollte das gleiche Schicksal erleiden. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, sind die Sowjets einfach in den nördlichen Teil Finnlands einmarschiert. Nach einer brüchigen Waffenruhe fing im Jahre 1941 der Fortsetzungskrieg an, in dem Finnland seinerseits die Sowjetunion angriff, mit massiver Unterstützung der deutschen Wehrmacht. Die Sowjetunion war ja der erklärte Feind beider Länder.«
»Warum wurde Finnland dann nicht von der UdSSR besetzt, als der Krieg sich dem Ende neigte?«
»Tja, das ist eine der verrückten Geschichten des Zweiten Weltkrieges. Als die Finnen sahen, dass die Russen langsam, aber beständig immer stärker wurden, haben sie im Sommer 1944 einen Waffenstillstand mit der Sowjetunion vereinbart und fortan gegen die Wehrmacht Krieg geführt. Aus Waffenbrüdern wurden gewissermaßen über Nacht Feinde.«
»Aber in deinen Visionen sind die Soldaten noch friedlich vereint?«
Peter dachte an den blonden, langen Mann, der ihm die Hand gereicht hatte und nickte.
Maren gab einen lang gezogenen Seufzer von sich und schaute sehnsüchtig auf die leeren Bierflaschen.
»Wie war deine Oma eigentlich drauf?«
»Sie ist erstaunlich fit. Auf alle Fälle kein Pflegefall, den man einfach in ein Heim abschieben sollte.«
»Hat sie nach deiner Mutter gefragt?«
Erstaunt sah Peter seine Freundin an. »Nein, mit keinem Wort. Warum fragst du?«
»Als Lackner weg war, lief dein Vater ihm hinterher. Ich war endlich mal mit deiner Mutter alleine, und wir konnten uns ungestört unterhalten.«
»Worüber?«
»Darüber, warum in eurer Familie so viel in Schutt und Asche liegt. Wusstest du eigentlich, dass du als Kind für einige Tage einfach verschwunden warst? Entführt gewissermaßen?«
Maren erzählte ihm von den damaligen Ereignissen und schaute ihm anschließend fragend in die Augen. Als Peter ein tiefes Brummen ausstieß, verformte sich ihr Mund zu einer missbilligenden Grimasse.
»Du hast nichts davon gewusst.«
»Nein«, bestätigte Peter. »Meine Eltern haben das nie erwähnt.«
»Deine Mutter jedenfalls war so erbost über deine Oma, dass der Kontakt kurze Zeit später vollkommen abbrach.«
»Jetzt wird mir einiges klar«, stöhnte er und rieb sich über die Wange.
Maren zog ihn zu sich und umarmte ihn fest. Seine Nase berührte die Haut ihrer Oberarme. Wie gut sie roch. Ihre Hände griffen sanft, aber bestimmt in seine Haare und drückten seinen Kopf auf ihren Schoß. Peter schaute in ihr Gesicht, welches sich nun direkt über seinem befand.
»Ob mein damaliges Verschwinden und meine Visionen miteinander zusammenhängen?«, fragte er leise.
Seine Freundin spitzte kurz die Lippen.
»Wie soll das denn gehen?«
»Ich weiß es nicht.«
»Du hast die Visionen doch erst seit einigen Tagen. Und es waren ja auch nur zwei.«
»Trotzdem habe ich während dieser Phasen genug erlebt. Das kannst du mir glauben.«
Peter seufzte erneut. Es gab keine vernünftige Erklärung für das alles. Und genau das war es, was ihn so schrecklich ängstigte.
Maren senkte den Kopf und gab ihm einen langen und intensiven Kuss.
Marens Küsse hatten ihn auf andere Gedanken gebracht. Ungeduldig stand Peter in der Küche und schenkte sich eine Cola ein. Der perlende Schaum floss über den Rand und machte die Tischplatte klebrig. Doch das war ihm momentan egal. Er wollte so schnell wie möglich wieder zurück ins Wohnzimmer, zurück zu Maren.
Im Augenwinkel fiel ihm der fette Schmierfleck auf dem Spiegel im Flur auf. Peter blieb stehen, nahm das saubere Papiertaschentuch aus der Hose und rubbelte auf dem Fleck herum. Fingerabdrücke auf Scheiben und Spiegeln konnte er überhaupt nicht leiden. Vielleicht war das eine Mitgift seiner Mutter. Hannelore fing ebenfalls sofort an zu putzen, wenn ihre Augen Schmutz erblickten. Bei ihm beschränkte sich dieser Fimmel glücklicherweise auf Dinge, in die man hineinschauen oder aus denen man hinausschauen konnte.
Der Fleck war fast verschwunden, als ihm auffiel, dass das Kristallglas plötzlich stumpfer wurde. Und zwar nicht nur dort, wo die Schmiererei gerade noch geprangt hatte, sondern auf der gesamten Breite.
Es sah aus, als wäre im Spiegel unvermittelt schwerer Nebel aufgezogen. Seine Gestalt verschwamm und war unmittelbar danach lediglich noch als vager
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