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Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition)

Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition)

Titel: Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Stefan Burkhardt
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vorzuweisen. Keine fehlenden Gliedmaßen, wie andere Männer seiner Generation, die man überall auf den Straßen herumhumpeln sah. Er hatte noch alle Sinne beieinander, und sein Gehirn arbeitete einwandfrei. Das war nicht selbstverständlich. Es gab etliche Leute, die hatten selbst noch dreißig Jahre nach Kriegsende verstörende Psychosen oder waren schlicht und einfach geisteskrank geworden, ohne Aussicht auf Genesung. Dafür hatte es Wilhelm ganz gut getroffen. Dennoch, seine unzähligen kleinen und mittelschweren Verletzungen summierten sich zu einem nie abflauenden Schmerzensfluss. Gerade an Tagen wie heute, bewölkt und leicht regnerisch, konnte man das Elend, das in seinem Körper wohnte, fast spürbar greifen. Nicht nur, dass Wilhelm ausschließlich unter Qualen auf seinem rechten Bein gehen konnte, er wirkte auch völlig ausgelaugt. Seine Haut war eingefallen, und selbst die Muskeln seiner Arme versagten ihm den Dienst.
    Karl Gustav legte den Kopf schief und beobachtete, wie Wilhelm den Koffer an die Tür schob. Natürlich hätte man ihm helfen können, aber so weit ging ihre Freundschaft nicht. Im Grunde genommen war es ja nicht mal eine echte Freundschaft, die da zwischen ihnen bestand. Eher so eine Art Zweckgemeinschaft.
    Wenn er seinen Partner in dieser Verfassung betrachtete, fühlte Karl Gustav sich gleich noch mal so jung. Nicht, dass der Krieg seinem Körper weniger angetan hatte, doch er kam halt besser damit zurecht.
    Wilhelm öffnete die Zimmertür und schaute ihn auffordernd an.
    »Was ist? Mach los. Ich kann es gar nicht erwarten, aus diesem verschissenem Körper zu kommen.«
    Karl Gustav gab ihm ein paar Minuten Vorsprung. Wilhelm schwitze schon hier oben wie ein Eisbär in der Sahara. Bestimmt hatte er sich bis aufs Blut verausgabt, wenn dieser dusselige Koffer endlich ins Auto geschafft war.
    Sein Blick irrte in dem kleinen Zimmer mit dem viel zu schmalen Bett umher. Ihm wollte noch immer nicht in den Kopf, warum Wilhelm hierhergezogen war. Was sprach gegen den Hof? Der Dummkopf hätte bis heute bequem bei seiner dämlichen Alten bleiben können.
    Mit Herta wären sie schon fertig geworden.
    Trotzdem war es Wilhelm lieber gewesen, in diese Pension zu ziehen. Er hatte Angst, dass seine Frau oder seine Tochter hinter den Plan kommen könnten.
    »Hier stört uns niemand bei den Vorbereitungen«, hatte Wilhelm immer wieder gesagt.
    Vielleicht hatte der alte Kämpfer in dieser Hinsicht sogar recht. Wo hätten sie das Baby verstecken sollen, wenn deren Mutter und Oma ständig in der Nähe gewesen wären?
    Karl Gustav warf einen letzten flüchtigen Blick auf das kleine Waschbecken, welches einen langen Schritt neben dem Bett angebracht war, und verließ schließlich das Zimmer. Fehlte noch, dass er sich die Hände schmutzig machen musste, nur weil Wilhelm den Koffer nicht ins Auto gewuchtet bekam. Aber mittlerweile dürfte alles erledigt sein. Er ging die Treppe herunter.
    Der alte graue Opel parkte direkt vor dem Eingang. Wilhelm beugte sich auf der Beifahrerseite ins Auto und schien irgendetwas zu verstauen. Sein Keuchen war bis hierher zu hören. Karl Gustav musste unwillkürlich lächeln. Als er ins Freie trat, fiel sein Blick auf die zweite Gestalt, die schräg hinter dem Auto stand. Das scharfe Hausmädchen. Er lächelte Dorothea mit weit geöffnetem Mund an.
    »Na, geht es jetzt endlich los?«, fragte Dorothea.
    »Ja, nun geht es los«, trällerte er, nahm ihre Hand und hauchte ihr einen Kuss darauf. »Finnland, wir kommen.«
    »Fahrt ihr gleich von hier weg?«
    »Einen klitzekleinen Umweg müssen wir noch machen«, sagte Wilhelm, der inzwischen wieder aus dem Auto gekrochen war und sich gemächlich in eine aufrechte Stellung zu bringen versuchte. Er blinzelte Karl Gustav verschwörerisch zu.
    Auch Karl Gustav konnte es kaum erwarten, endlich den Kinderspielplatz zu erreichen.
    Apropos Kinder.
    Er senkte seinen Kopf und schaute ins Innere des Wagens. Nichts zu sehen.
    »Wo hast du das Balg?«, fragte er leise.
    »Im Kofferraum«, flüsterte Wilhelm. »’ne halbe Beruhigungstablette und die Sache war gegessen.«
    Sein Kamerad lachte mit der unverwechselbaren tiefen Stimme, und es dauerte nicht lange, bis Karl Gustav mit einstimmte. Sie hörten erst wieder auf, als Dorothea sich von ihnen verabschiedete und zurück in die Pension schlenderte.
    »Willste mal sehen?«, fragte Wilhelm verschwörerisch und fuhr mit dem Zeigefinger seinen Hals auf und ab.
    »Das Balg? Klar!«
    Die Männer gingen

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