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Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition)

Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition)

Titel: Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Stefan Burkhardt
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    »Wir haben ein Problem. Die Krähe ist geflüchtet.«
    Wilhelm lachte in seiner typisch bellenden Art und übertönte damit sogar kurzzeitig den Schreihals.
    »Guck doch mal nach vorn. Der Wald hört da auf. Scheint ’ne Lichtung zu sein.«
    Karl Gustav kniff die Augen zusammen und konnte nichts weiter als Stämme und Äste erkennen. Auch heller wurde es vor ihnen nicht. Dennoch zweifelte er nicht im Geringsten an Wilhelms Aussage. Der wusste so etwas. Irgendwie fand er sich immer zurecht.
    Tatsächlich hörte der Wald eine knappe halbe Stunde später abrupt auf. Karl Gustav schauderte, als er erkannte, wo sie sich befanden. Exakt an der gleichen Stelle hatten sie schon einmal gestanden, damals, als sie vor dem russischen Angriff geflüchtet waren.
    Der Hügel sah jetzt im Frühling viel seichter aus. Wildblumen wuchsen im Gras. Die schwarzen Felsen waren von ihrem Standpunkt aus noch nicht einzusehen. Dazu musste man erst halb um die Anhöhe herumgehen oder darüberklettern.
    Während Karl Gustav seine Schritte auf die Wiese setzte, suchte er den Himmel vergebens nach dem Vogel ab. Die Krähe konnte es anscheinend gar nicht erwarten, in die Höhle zu seinem Herrchen zu fliegen. Bei dem Gedanken an den Hauptmann spürte Karl Gustav einen schalen Geschmack in seinem Mund.
    Ob der Hauptmann sich an seinen Teil der Abmachung halten würde?
    Aber hätte er sonst den Vogel geschickt? Er hätte sie auch einfach die holprige Schotterstraße weiterfahren lassen können.
    Von allein hätten sie die Höhle niemals gefunden.
    Karl Gustav verzog nachdenklich die Lippen. Vielleicht gar nicht so schlecht, dass er selbst kein Kind dabei hatte. So war es ihm vergönnt, in Ruhe zuzusehen, wie der Hauptmann den Seelentausch bei Wilhelm und dem Baby vornahm. Und wenn ihm irgendetwas nicht geheuer vorkam, brauchte er sich hier ja nie wieder blicken zu lassen.
    »Endlich«, schnaufte Wilhelm, der ihn inzwischen sogar überholt hatte, und zeigte auf die verkeilten Felsen. »Wir haben es geschafft.«
    Ein seltsames Gefühl überkam ihn beim Durchschreiten des schmalen Einganges. Karl Gustav ging zur hinteren Felswand und erblickte den kurzen steilen Weg, der hinab in die zweite Ebene führte. Aber das Ende des Weges lag bereits im Dunkeln. Und die Dunkelheit schien eine ganz besondere Konsistenz zu haben. Sie war tiefschwarz und alles einnehmend und wirkte, als könnte man sie mit Händen greifen. Kurz hatte er den Eindruck, als blickten seine Augen auf einen riesigen zugezogenen Theatervorhang in komplett schwarzer Farbe, der direkt unterhalb des abschüssigen Weges sämtliche Blicke abwehrte.
    »Die Fackeln scheinen nicht zu brennen«, flüsterte Karl Gustav.
    Wilhelm legte das Baby ab und zuckte grinsend mit den Achseln.
    »Der Hauptmann wird da unten auf uns warten«, sagte er überzeugt. »Pass auf!«
    Seine Hände griffen nach dem zappelnden Bündel, welches sich anscheinend endlich müde geplärrt hatte, denn es gab nur noch vereinzelte, krächzende Geräusche von sich, und platzierten es direkt vor dem Steilgang.
    »Und ab!«, rief Wilhelm gut gelaunt, während er dem Baby einen Schubs gab.
    Zuerst sah es so aus, als ob sich das Baby überschlagen und den Weg herunterrollen würde. Die Blümchendecke rutschte auf dem nackten Stein nicht wirklich gut. Dann aber glitt das Balg irgendwie aus seiner Decke und schlitterte in seinem Strampler auf den Rücken hinunter.
    Die Veränderung, die daraufhin einsetzte, kam plötzlich und unerwartet.
    Karl Gustav spürte einen Luftzug, der von unten hinaufwehte. Der schwarze bleierne Vorhang schien sich aufzulösen. Auf einmal waren Teile der unteren Höhlenfelswände zu erkennen, die feucht schimmerten. Das Baby war durch den unsanften Aufprall wieder wach geworden und brüllte, als hätte es sich etwas gebrochen. Ein leises Knistern war zu hören. Nur Sekunden später leuchtete ein orange flackerndes Licht zu ihnen hinauf und ließ alle Konturen deutlich zum Vorschein kommen. Das konnte nur eines bedeuten.
    »Die Fackeln sind an«, erklärte Wilhelm zufrieden und sprach damit seinen Gedanken aus. »Wir werden erwartet.«
    Sein Kamerad setzte sich umständlich auf den Hosenboden, gab mit den Händen Anschwung und glitt hinunter.
    »Ich sollte wohl hinterher«, brummte Karl Gustav in sich hinein, als er einen kalten Atem in seinem Nacken spürte. Keuchend wirbelte er herum. Vor ihm stand der Hauptmann. Die Wehrmachtsuniform war frisch gebügelt, die Knöpfe glitzerten. Seine

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