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Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition)

Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition)

Titel: Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Stefan Burkhardt
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gegeben.
    Sein Kamerad hatte inzwischen die Fassade des Schlachtermeisters erreicht. Nun wirkte Wilhelm auf einmal wieder alt und staksig und ging, als könnten ihn seine Beine kaum noch tragen. Seine Vitalität war nur von kurzer Dauer gewesen. Wilhelms Blick ruhte starr auf dem Kinderwagen. Deshalb entging ihm wohl auch, dass sich die Tür des Geschäftes öffnete. Eine junge Frau stürmte hinaus und rannte geradewegs in ihn hinein. Während sie ihre Tüte fallen ließ, taumelte Wilhelm einige Schritte rückwärts.
    Für eine schreckliche Sekunde befürchtete Karl Gustav, dass sein Genosse das Gleichgewicht verlieren und hinfallen würde. Bei seinen geschundenen Knochen würde es eine Ewigkeit dauern, wieder auf die Beine zu kommen.
    Gottlob hielt der alte Kampfelch sich. Karl Gustav sah sein wütendes Gesicht.
    »Ruhig Blut, Wilhelm«, brummte er. Eines konnten sie jetzt überhaupt nicht gebrauchen: Aufmerksamkeit.
    Glücklicherweise hatte Wilhelm sich Sekunden später wieder unter Kontrolle. Er kratzte sich über den Hals und ging schwerfällig in die Hocke, während er der Frau beim Einsammeln ihrer Einkäufe half. Sie lächelte und sagte etwas, stand dann auf und hielt ihm den Arm hin, an dem Wilhelm sich dankbar abstützte.
    Karl Gustav stieß einen tiefen Seufzer aus. Noch mal gut gegangen. Wenn Wilhelm sich nicht zusammengerissen hätte, wäre auch eine schallende Ohrfeige ins Gesicht der Schönen möglich gewesen.
    Wilhelm schlug gerne zu.
    Sein alter Kamerad sah der Frau einen Augenblick hinterher, bevor er sich wieder umdrehte. Jetzt befand sich der Kinderwagen in greifbarer Nähe. Während Wilhelm sich über ihn beugte, behielt Karl Gustav die Tür des Geschäftes im Auge. Nicht, dass es besonders viel nutzte. Wie sollte er seinen Kumpel warnen, falls Herta aus dem Laden käme?
    Aber die Tür öffnete sich nicht noch einmal, und so ging alles plötzlich unheimlich schnell.
    Wilhelm griff in den Wagen und hielt Sekunden später das blümchenbedeckte Bündel in den Armen. Er schaute nach beiden Seiten, aber es waren keine Passanten in der Nähe. Mit eiligen Schritten verließ Wilhelm den Bürgersteig.
    »Er hat es wirklich hinbekommen«, murmelte Karl Gustav und startete den Motor. Als Wilhelm die Beifahrertür aufriss und sich neben ihn setzte, gab Karl Gustav Vollgas.
    Hannelore stieß einen erstickten Schrei aus. Maren sah, dass jegliche Farbe aus ihrem Gesicht gewichen war. Wer konnte es ihr verdenken? Es musste ein Schock für sie sein, nach so vielen Jahren die Einzelheiten der Kindesentführung geschildert zu bekommen.
    Wolfgang hatte sich zu ihr gebeugt und hielt seine Frau inzwischen fest in den Armen.
    Lackner betrachtete die beiden einen Augenblick lang ungerührt.
    Dann fuhr er fort.
    »Am nächsten Tag trafen wir uns wieder. In der Pension, in der Wilhelm wohnte. Beinahe hätte das vorwitzige Hausmädchen noch Lunte gerochen. Sie hätte das Baby fast im Ko… also eben fast entdeckt.«
    Maren beobachtete, wie Lackner den Mund verzog, als ob ihn eine Erinnerung ganz besonders schmerzte.
    »Der Plan, mir ein Baby zu besorgen, schlug fehl«, erklärte der Greis danach kurz angebunden und schob sein Schnapsglas erneut in die Tischmitte.
    Diesmal machte Wolfgang keine Anstalten, ihm einzuschenken.
    Lackner wartete einen Moment und griff dann selbst zur Flasche. Als der nächste Klare durch seine Speiseröhre floss, haute er mit der Faust auf den Tisch und sagte: »Wir haben uns anschließend direkt auf den Weg nach Finnland gemacht.«

23
    Seine Nervosität wurde von Sekunde zu Sekunde schlimmer.
    »Was guckst du so?«, fragte Wilhelm verständnislos. »Du kommst ja ohne Baby. Kannst dir alles in Ruhe anschauen. Und den Alten vom Wald brauchen wir nun auch nicht mehr.«
    Der Alte vom Wald war ein Mensch, Verbündeter des Hauptmannes, der eine kleine Hütte mitten im Nirgendwo bewohnte. Manchmal, wenn der Hauptmann Dinge aus der Stadt benötigte, worum es sich dabei auch immer handeln mochte, besorgte der Alte sie für ihn. Ob er dafür Geld bekam oder einfach am Leben gelassen wurde, vermochte Karl Gustav nicht zu sagen. Sie hatten den Alten bisher nie zu Gesicht bekommen.
    Jedenfalls sah der ursprüngliche Plan vor, dass der Alte die Babys nach erfolgtem Seelentausch zurück nach Deutschland bringen sollte.
    »Du kannst mich ja nun heimbringen«, sagte Wilhelm fröhlich und rieb sich dermaßen hektisch über den Nasenflügel, als wäre sein Riechorgan zu einem gewaltigen Mückenstich

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