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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Veras Stimme wurde immer lauter, bis sie das Zimmer ausfüllte.
    «Er hat Fragen gestellt», sagte Morgan. «Über Jenny Lister und die Rolle, die sie im Elias-Jones-Fall gespielt hat. ‹Du hast sie doch gekannt. Wie war sie so? War sie wirklich so etepetete und selbstgerecht, wie es in den Zeitungen hieß?› Genaugenommen war es ziemlich geschmacklos. Ich hätte nicht gedacht, dass Danny auf solchen Klatsch was geben würde.»
    «Hat Danny Ihnen erzählt, dass er Jenny einmal begegnet ist? Dass Jennys Tochter seine große Liebe war? Dass er Jenny die Schuld daran gegeben hat, dass Hannah sich von ihm getrennt hat?» Vera hatte diesen Gedanken vorher noch nicht in Worte gefasst, aber sie war sich sicher, dass er stimmte. Und das gab Danny ein Mordmotiv.
    «Nein», sagte Morgan. «Davon hat er mir rein gar nichts erzählt.» Seine Stimme war ruhig und beherrscht.
    «Aber Sie sind nicht überrascht.»
    «Nein, das überrascht mich nicht. Sein Interesse an dem Mord an Jenny Lister klang nach mehr als der bloßen Lüsternheit eines Voyeurs. Ich hatte den Eindruck, dass es um was Persönliches ging.»
    «Glauben Sie, dass er sie umgebracht hat?»
    Es herrschte Schweigen. Morgan sah sie an, sagte aber nichts.
    «Das muss Ihnen doch durch den Kopf gegangen sein. Bei all den Fragen.» Wieder wartete Vera darauf, dass er antwortete. Schließlich hob Morgan zu sprechen an.
    «Er könnte es schon getan haben. Ja, er war so außer sich, dass er es getan haben könnte.»
    Das musstest du jetzt ja sagen, dachte Vera. Was solltest du sonst sagen, wenn du sie umgebracht hast?
    Morgan sah sich im Raum um, wie ein Schauspieler, dachte Vera, der nach einem besonders dramatischen Augenblick auf Applaus wartete. Nun, diese Befriedigung würde sie ihm nicht verschaffen. In unverändertem Ton fuhr sie mit der Befragung fort. «Erinnern Sie sich an weitere Einzelheiten aus dem Gespräch mit Danny an dem Tag, bevor er ums Leben gekommen ist?»
    Morgan runzelte die Stirn. «Er hat dann angefangen, über Freundschaft zu reden. Darüber, wie viel ihm unsere Freundschaft bedeutet. Er meinte, er hätte in Bristol eine Menge Leute kennengelernt, aber keinen, bei dem er sich so geben könnte, wie er ist. An der Uni würden die Leute ein solches Getue machen. Ich hätte mich wohl geschmeichelt fühlen sollen, aber ich wollte bloß noch nach Hause und habe gar nicht mehr richtig hingehört. Ich fürchte, ich habe ihm das Wort abgeschnitten und gesagt, ich müsse los. Jetzt komme ich mir deswegen ganz schön mies vor. Hätte ich ihm besser zugehört und wäre ihm ein echter Freund gewesen, dann hätte sein Tod vielleicht verhindert werden können.»
    Vera gestattete es ihm, einen Moment in selbstgefälligem Gram zurückzublicken, ehe sie weitersprach. «Sie haben uns nicht gesagt, dass Sie und Freya im Hotel waren an dem Vormittag, an dem Jenny Lister erdrosselt worden ist.»
    Das war das Letzte, was er erwartet hätte, und als sie seinen Gesichtsausdruck sah, hätte sie am liebsten gesungen.
    Sie fuhr fort: «Ich weiß ja, dass Sie keine besonders hohe Meinung von der Polizei haben, Mr Morgan, aber es muss Ihnen doch klar gewesen sein, dass wir das rausfinden.»
    «Freya hat an einem Gymnastikkurs für schwangere Frauen teilgenommen.»
    «Wie nett.» Sie blickte ihn an, wartete darauf, dass er weiterredete, und verlor schließlich die Geduld. «Und Sie, Mr Morgan? Was haben Sie so gemacht?»
    «Ich war hier», sagte er. «In diesem Zimmer hier. Habe Papierkram erledigt.»
    «Warum haben Sie uns das nicht schon früher erzählt?»
    «Weil Sie nicht danach gefragt haben, Inspector.»
     
    Als sie zurück zum Auto gingen, wollte Vera mit Joe über das Gespräch reden. Sie fand, dass sie es nahezu perfekt hinbekommen und sich bemerkenswert gut zurückgehalten hatte, und das wollte sie gewürdigt wissen. Aber er hatte schon sein Handy eingeschaltet und hielt es sich ans Ohr, um die entgangenen Anrufe abzuhören.
    «Und?», fragte sie, als er das Handy schließlich wieder in die Tasche steckte.
    «Ein Anruf von der Spurensicherung. In dem Feuer im Garten der Shaws haben sie noch ein paar Fetzen Papier gefunden, die nicht verbrannt sind. Haben sich gedacht, dass uns das interessieren könnte. Sie meinen, es ist Jenny Listers Handschrift.»
    «Ihr Notizbuch», sagte Vera, während ihre Gedanken in alle Richtungen gleichzeitig schossen. «Vielleicht das Konzept von dem Zeugs, das sie über Mattie Jones schreiben wollte.»
    «Sie haben es abgetippt und

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