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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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aufzupassen. Und Karen hatte sie angeschaut, als wäre sie verrückt geworden; sie hatte ganz offensichtlich keine Ahnung, wovon Vera sprach. Sie oder Derek hätten nichts mit einem Feuer zu tun gehabt.
    Vera hatte nachgebohrt. «Dann war’s also Danny? Hat er Ihnen manchmal im Garten geholfen?»
    Da hatte Karen traurig den Kopf geschüttelt. «Danny hat eigentlich nie mitgeholfen. Weder im Garten noch sonst irgendwo.»
    Also hatte der Mörder das Feuer angezündet. So sah Vera das. Ein Fehler. Er hätte besser jedes belastende Stück Papier mitnehmen und später sorgfältig vernichten sollen. Warum also dieses hastig gemachte Feuer? Wieso die Eile?
    Es waren wirklich nur ein paar Fetzen Text übrig geblieben. Mit der Hand geschrieben. Von Jenny Lister. Da war sich die Handschriftenexpertin sicher. In der E-Mail hieß es: Ich bin gern bereit, vor Gericht auszusagen. Ich verbürge mich mit meinem guten Ruf dafür … Bla bla bla. Sehr dramatisch. Doch für Veras Zwecke reichte es.
    Offenbar waren drei Seiten mit Text geborgen worden, und alle drei waren stellenweise verkohlt, eine davon so stark, dass kaum noch etwas entziffert werden konnte. Die erste Seite war noch am besten erhalten, und was darauf stand, sah aus wie eine Zusammenfassung. Zumindest war das Blatt nur zu einem Drittel beschrieben. Dem Labor zufolge war eine Ecke verbrannt, sodass das Ende mancher Zeilen fehlte. Den erhaltenen Text hatten sie, so gut sie es auf dem Bildschirm konnten, so gesetzt wie im Original. Vera fand es nicht allzu schwer, den Sinn des Textes zu verstehen.
     
    und wie wichtig es ist, schon früh im Leben Verbindungen aufzubau
    Verhaltensmuster, die in der Kindheit erlernt wurden, können of
    keinen Grund, weshalb nicht ein anderer Erwachsener diese Rolle übernehmen sollte. Das Kind kann dann
    eine normale, gedeihliche Beziehung zu seinen oder ihren leiblichen Kindern aufrechtzuerhalten. In der geschilderten Fallstudie allerdings erkennen wir schwerwiegende Probleme, auf die nie richtig reagiert wurde und die an dieser Stelle auch nicht zu lösen sind.
     
    Sozialarbeitergefasel, dachte Vera. Wenn Jenny wirklich vorgehabt hatte, einen Bestseller zu schreiben, der ihren Job auch dem Laien verständlich machte, wäre ihr das mit solchem Geschwätz wohl kaum gelungen. Sprach sie in dem Abschnitt über Mattie? Das nahm Vera an. Aus den Notizen auf dieser Seite erfuhr sie darüber aber nichts Neues. Doch es war immer gefährlich, voreilige Schlüsse zu ziehen. Es gab keinen Hinweis auf das Geschlecht desjenigen, um den es in der Fallstudie ging, es konnte hier genauso gut auch jemand ganz anders gemeint sein. Davon abgesehen, hatte Jenny Mattie schon seit deren Kindertagen betreut. Hätte die Vorzeigesozialarbeiterin wirklich zugegeben, dass sie auf Matties Probleme in all den Jahren, in denen sie mit dem Fall befasst gewesen war, «nie richtig reagiert» hatte?
    Vera drehte sich vom Computer weg und streckte sich. Sie konnte hören, wie der Regen in den Anbau hinter dem Haus tröpfelte. Wenn der Wind von Westen kam, sickerte Wasser durch das flache Dach des Schuppens, und normalerweise kam der Wind von Westen. Vera holte einen Eimer und eine Schüssel, stellte sie unter die Leckstellen und ging dann zurück in ihr Büro. Draußen regnete es heftiger denn je.
    Auf dem zweiten Blatt war ganz sicher von Mattie die Rede, teilweise jedenfalls, denn ihr Name wurde genannt. Vera vermutete, dass Jenny, wenn sie das Ganze tatsächlich veröffentlicht hätte, Matties Namen durch ein Pseudonym ersetzt hätte, doch in diesem frühen Stadium des Schreibens hatte sie dazu ganz offensichtlich keinen Anlass gesehen. Ein vollständiger Satz war erhalten geblieben, daneben gab es zahlreiche Lücken. Offenbar hatten die Funken vereinzelte Löcher in das Papier gebrannt, ohne die ganze Seite in Brand zu setzen. So zumindest sah es auf dem eingescannten Bild aus, das das Labor an die E-Mail angehängt hatte.
    Der vollständige Satz klang wie einem offiziellen Bericht oder dem Lehrbuch entnommen: Zuweilen, wenn auch andere Ursachen denkbar sind, ist es ein Fehler, einem Außenstehenden die Schuld daran zu geben, wenn eine Familie aus dem Gleichgewicht gerät. Wollte Jenny damit Michael Morgan in Schutz nehmen? Wollte sie andeuten, dass Mattie für den Tod ihres Sohnes ganz allein verantwortlich war? Der übrige Text war offenbar nach dem Zufallsprinzip in kurzen Sätzen aufs Papier geworfen worden und wurde immer wieder von Brandlöchern

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