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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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    «Und sonst?» Denn Ashworth sah angespannt und besorgt aus und gar nicht begeistert, wie er es nach der Nachricht der Spurensicherung doch hätte sein müssen.
    «Ein Anruf von Connie Masters. Sie sagt, es geht ihr gut und sie ist nur für ein paar Tage weggefahren.»
    «Na dann», sagte Vera. «Das ist doch gut, oder? Saudumm, dass wir ihr die Fotos nicht zeigen können, aber wenigstens wissen wir jetzt, dass sie in Sicherheit ist.»
    «Ich weiß nicht so recht.» Er blieb am Auto stehen und blickte zurück zum Hotel. Es dämmerte bereits, und alle Lichter waren eingeschaltet. «Sie klingt so komisch. Ich möchte, dass Sie sich das mal anhören.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel Dreiunddreißig
    In der Nacht regnete es, ein Wolkenbruch aus heiterem Himmel, wie ein tropischer Sturm. Es fing an, als Vera von ihrem Wagen zum Haus hochlief, und bis sie die Tür aufgesperrt hatte, war sie völlig durchnässt. Sie blieb im Flur stehen und schüttelte sich wie ein nasser Hund, wobei sie im Stillen Ashworth die Schuld gab, der sie auf dem Parkplatz des Willows festgehalten hatte, bis sie sich ein ums andere Mal die Nachricht anhörte, die Connie auf seinem Handy hinterlassen hatte. Vielleicht klang die Frau ja wirklich ein bisschen verkrampft, aber Vera war auch immer nervös, wenn sie auf Band sprechen sollte. Sie fand, dass ihr Sergeant überreagierte und aus einer Mücke einen Elefanten machte. Er hatte darauf bestanden, dass sie nach Barnard Bridge fuhren und noch einmal durch die Fenster ins Cottage spähten, aber natürlich war niemand da. Connie hatte in ihrer Nachricht gesagt, dass sie eine Weile wegbleiben würde. Ohne dieses ganze Rumgetrödel wäre Vera noch im Trockenen nach Hause gekommen.
    Auf der Fahrt gen Norden hatte sie überlegt, noch auf ein Stündchen bei ihren Hippie-Nachbarn vorbeizuschauen, um abzuschalten. Die freuten sich immer, wenn sie kam. Bestimmt hatten sie einen Topf Suppe auf dem Herd stehen und noch was von dem Selbstgebrauten auf Vorrat, das entspannender wirkte als alles, was einem der Arzt so verschrieb. Aber jetzt war ihr schon der bloße Gedanke, sich in eine Regenjacke zu packen und durch den Schlamm zu waten, zu viel. Stattdessen legte sie sich in die Wanne und hörte sich ein trübsinniges Hörspiel im Radio an, dann zog sie den verwaschenen Trainingsanzug an, den sie im Winter anstelle eines Pyjamas trug.
    Weil sich der Gedanke an Suppe in ihrem Kopf festgesetzt hatte, machte sie sich auf die Suche und fand ganz hinten in der Speisekammer eine Dosensuppe, die noch aus Hectors Zeiten stammen musste. Ochsenschwanz. Seine Lieblingssuppe. Sie wärmte die Suppe in einem kleinen Topf auf, und auf einmal stand er ihr wieder leibhaftig vor Augen. Hector in seiner ganzen, gewaltigen Größe, der ihr noch das letzte bisschen Selbstvertrauen raubte. Der ihr – wie sie heute glaubte – vorwarf, dass sie lebte, während ihre Mutter gestorben war. Aber wie hätte Vera sich wohl geschlagen, wenn sie die Möglichkeit gehabt hätte, Kinder zu bekommen? Lausig, dachte sie. Sie wäre auch lausig gewesen, schlimmer als Hector. Viel schlimmer als Connie oder Jenny Lister oder selbst als Veronica Eliot.
    Im rückwärtigen Teil des Hauses gab es ein kleines Zimmer, das sie als Büro benutzte. Überall Papierberge, über die sie klettern musste, um überhaupt in den Raum zu gelangen, und ein Computer, der bald museumsreif wäre. Sie schaltete ihn ein, und während er röchelnd zum Leben erwachte, ging sie sich eine Tasse Tee kochen. Als sie mit dem Teebecher und einer Packung Vollkornkekse mit Schokolade zurückkam, war er noch immer nicht ganz hochgefahren. Die kleinmädchenhafte Ärztin kam ihr wieder in den Sinn, die sie in den Fitness-Club geschickt hatte, damit sie in Form käme, und sie stellte sich vor, wie sehr die das missbilligen würde, dann schlug sie sich den Gedanken aus dem Kopf. Immerhin waren es Vollkornkekse. Das war ja wohl gesund genug.
    Bis ihr E-Mail-Account auf dem Bildschirm angezeigt wurde, hatte sie genug Zeit, um drei Kekse zu essen. Dann öffnete sie die Nachricht von der Expertin, die die Papierfetzen untersucht hatte, die sie in der Feuerstelle im Garten der Shaws gefunden hatten. Vera hatte Karen gleich im ersten Gespräch nach dem Feuer gefragt. «Haben Sie oder Derek das angezündet, bevor Sie zur Arbeit gegangen sind?» Schon da war Vera das Ganze komisch vorgekommen. Solche Feuer machte man am Wochenende, wenn man Zeit hatte, darauf

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