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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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wohlfühlen. Was meinen Sie?» In der Regel waren solche Fragen rein rhetorisch, aber diesmal wollte Vera wirklich wissen, was Ashworth davon hielt.
    «Ich weiß nicht so recht.»
    «Na los, Joey. Spucken Sie’s aus! Sie dürfen auch anderer Meinung sein. Wenigstens ab und zu mal.»
    «Er ist ziemlich gut in diesen Spielchen, oder? Nachdem der Junge ums Leben gekommen ist, wurde er auch befragt. Ein Verhör auf dem Revier ist nichts Neues für ihn. Wahrscheinlich schüchtert es ihn nicht mal sonderlich ein. Er wird dafür sorgen, dass sein Anwalt dabei ist.»
    «Und was schlagen Sie stattdessen vor?» Sie hörte selbst, wie gereizt sie klang. Es mag ja einfach sein, meine Ideen in der Luft zu zerpflücken. Aber ein eigener Vorschlag wäre dann schon ganz nett.
    «Was halten Sie davon, wenn wir mit ihm in sein Büro im Willows fahren? Das wird ihm lästig sein, er muss noch mal raus, obwohl er doch gerade seinen Tee trinken will. Wenn wir ihn abholen, können wir uns in der Wohnung noch kurz umsehen, ob da was auf Connie oder die Kleine hindeutet. Sein Büro ist ein neutraler Ort, aber ihn wird es verunsichern. Ich weiß, dass er dort keine Akten aufbewahrt, aber wir könnten ja andeuten, dass es einen bestimmten Grund gibt, weshalb wir es uns mal ansehen wollen. Dann schicken wir ihn mit dem Taxi nach Hause und sind …»
    «… fast schon in Barnard Bridge, um vor Feierabend noch mal bei Connies Cottage vorbeizuschauen.» Vera grinste. «Wissen Sie was, alter Knabe, ich scheine Ihnen ja doch schon ein paar Dinge beigebracht zu haben!»
    Sie beschloss, Morgan vorher anzurufen, um ihm zu sagen, dass sie ihn abholen würden. Das wäre offizieller, als wenn sie einfach vor seiner Tür auftauchten. Und wenn Vera unten bei ihm auf der Straße stand und von ihrem Handy aus anrief, würde sie sehen, wenn er oder Freya plötzlich mit Connie und deren Tochter aus dem Haus käme. Obwohl sie sich das nicht vorstellen konnte. Morgan mochte ja ein mieser Gauner sein, aber um die beiden bei sich zu Hause zu verstecken, war er zu schlau.
    Es brachte ihn ziemlich durcheinander, dass sie darauf bestand, ins Willows zu fahren. «Ist das denn wirklich nötig, Inspector? Da gibt es rein gar nichts zu sehen.»
    «Wir können natürlich jederzeit einen Durchsuchungsbeschluss erwirken, Mr Morgan, wenn Ihnen das lieber ist. Das könnte allerdings ein paar Stunden dauern, und ich will Sie doch nicht mitten in der Nacht aus dem Bett scheuchen.»
    Er war allein in der Wohnung. Freya war nicht da. Als Ashworth nach ihr fragte, sagte Morgan, sie sei mit ein paar Freunden ins Kino gegangen. Er versuchte, so zu tun, als würde er sich für sie freuen, aber für Vera klang es, als wäre er eingeschnappt. Sie fragte, ob sie das Bad benutzen dürfe, und sah sich im Rest der Wohnung flüchtig um. Ihr Blick fiel noch einmal auf den Futon. Als würde man auf einer Hartfaserplatte schlafen, dachte Vera. Alles war sehr sauber und ordentlich, nicht mal eine Maus hätte sich irgendwo verstecken können. Die Handtücher im Badezimmer waren akkurat zusammengelegt, der Spiegel glänzte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Morgan seinen Teil zum Putzen beitrug, und fragte sich, ob Freya das machte oder ob sie eine Putzfrau hatten. Wenn es Freya war, würde die sicher bald fahnenflüchtig werden, ohne dass sich noch jemand von außen einmischen musste.
    Auf der Fahrt zum Willows herrschte eisernes Schweigen. Das war Veras Idee gewesen. Morgan redete gern. Es gab ihm das Gefühl, die Kontrolle zu haben. Einmal, als sie gerade auf die A69 fuhren, versuchte er, ein Gespräch in Gang zu bringen. «Gibt es irgendwelche Fortschritte, Inspector?»
    Aber Vera drehte sich zu ihm um und unterbrach ihn, noch bevor er den Satz beendet hatte. «Damit warten wir besser, bis wir uns richtig unterhalten können, ja?»
    Sie spürte, wie der Mann, der hinter ihr saß, immer angespannter wurde. Beim Willows sorgten sie dafür, dass er zwischen ihnen ging, nicht, weil sie glaubten, er würde versuchen abzuhauen, sondern um ihm das Gefühl zu geben, er sei ein Verdächtiger. Er benutzte seine Chipkarte, um in den nicht-öffentlichen Bereich zu gelangen, und dann noch einmal, um das kleine Zimmer aufzusperren, in dem er seine Patienten empfing.
    «Nennen Sie sie so?», fragte Vera. Sie saßen einander an einem kleinen Couchtisch gegenüber. An einer Wand stand eine hohe Liege, aber das Gespräch über die Krankengeschichten fand vermutlich stets in diesen Sesseln statt. Vera

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