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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Baby schrie. Er schaltete die Wischer ab und konnte nichts mehr sehen, dann schaltete er sie wieder ein und war dem Geräusch ausgesetzt, das an seinen Nerven zerrte. Er war drauf und dran, mit der Faust die Windschutzscheibe einzuschlagen.
    Es half ihm auch nicht gerade, dass Vera, als er endlich im Besprechungsraum ankam, so aufgedreht wirkte wie selten. Von irgendwoher hatte sie eine richtige Kaffeemaschine aufgetrieben, und der Duft nach Kaffee warf ihn schon beim Eintreten beinahe um.
    «Wo sind die anderen?» Er fragte das. Normalerweise konnte Vera es nicht ausstehen, wenn jemand zu spät kam, und auch das hatte zu seiner Anspannung beigetragen, als er auf dem Herweg in den Stau geraten war. Jetzt hoffte er, dass sie über den Rest des Teams herziehen würde. Immerhin hatte er sich bemüht, pünktlich zu sein.
    Doch sie zuckte nur die Achseln. «Das Wetter ist der reinste Albtraum, finden Sie nicht?» Sie goss ihm Kaffee ein. «Haben Sie es heute Morgen schon bei Connie versucht?»
    Er blickte sie misstrauisch an, glaubte, sie wollte sich über ihn lustig machen, aber sie sah vollkommen ernst aus. «Ja, und der Anruf ist wieder auf die Mailbox umgeleitet worden. Ich habe ihr eine Nachricht hinterlassen, dass sie sich bitte bei uns melden soll.»
    «Ich würde gern wissen, was Connie von dem hier hält.» Vera heftete ein paar Blatt Papier an die Kunststofftafel. Kopien der verkohlten Seiten aus dem Feuer im Garten der Shaws. «Sie weiß am besten von allen, was Jenny über ihre Arbeit gedacht hat.»
    «Sie meinen, dass Connie uns helfen könnte?»
    «Nun, Herzchen, man wird sehen.» Sie schenkte ihm ein Lächeln, das geheimnisvoll wirken sollte, aber bloß aussah, als hätte sie Verstopfung.
    Er ging mit seinem Kaffee zur Tafel, um die verkokelten Seiten näher zu betrachten, aber es fiel ihm schwer, in den Wörtern irgendeinen Sinn zu erkennen, ja sich überhaupt darauf zu konzentrieren. Er begriff nicht, wieso Vera so begeistert war.
    Holly und Charlie kamen zusammen ins Zimmer, sie lachten über einen Witz, und wieder fühlte er sich ausgeschlossen – er war ein Außenseiter, der in dem Graben zwischen Vera und ihren Leuten gefangen saß. Ich muss schauen, dass ich befördert werde, dachte er. Sonst stehe ich mein Leben lang in ihrem Schatten.
    Vera sah den Zuspätgekommenen nachsichtig zu, wartete, bis sie sich Kaffee genommen hatten, und legte dann mit ihrer Vorführung los. Ashworth hatte den Eindruck, dass sie aus diesen Textfetzen eine Bedeutung oder ein Motiv für die Morde herausgelesen hatte. Das würde ihre gute Laune erklären. In diesem Moment beneidete er sie so stark, dass er beinahe Hass auf sie empfand.
    Vera berichtete von den Ereignissen des vergangenen Tages: davon, wie sie Veronica Eliot, Lisa, die Familie Shaw, Freya und Morgan vernommen hatten. Joe musste zugeben, dass sie verdammt gut darin war, die Ereignisse zusammenzufassen, Verbindungen zu ziehen und eine Bedeutung in alldem zu erkennen, die ihm wahrscheinlich entgangen wäre. Auch die Tatsachen schilderte sie so, dass man ihr gut folgen konnte.
    «Für mich stellt es sich so dar, dass Jenny Lister das einzige Opfer sein sollte», sagte sie. «Wenigstens am Anfang. Danny Shaw ist umgebracht worden, weil er über den ersten Mord etwas gewusst oder herausgefunden hat. Dass in dem Feuer bei ihm im Garten Dokumente verbrannt worden sind, die Lister gehört haben, legt den Schluss nahe, dass er ihr Notizbuch gefunden hat.»
    Sie hielt inne, um Luft zu holen, und Holly ergriff die Gelegenheit und meldete sich. «Könnte dann nicht Shaw Jenny umgebracht haben? Wie hätte er sonst an ihr Notizbuch kommen sollen?»
    «In der Tat, wie hätte er darankommen sollen? Offenbar hatten er und Hannah was miteinander, bevor er auf die Uni gegangen ist. Nach allem, was man so hört, hat sie ihm sehr viel mehr bedeutet als er ihr, aber wir werden natürlich nie erfahren, was er dazu zu sagen hätte. Wir können nur vermuten, dass das Notizbuch zur gleichen Zeit gestohlen wurde wie Jennys Tasche, nämlich nach dem Mord, aber ich denke, wir sollten uns da nicht festlegen.»
    «Was meinen Sie damit?» Charlie, der über seinen Kaffee gebeugt dasaß, sah beinahe munter aus.
    «Vielleicht sagt Hannah uns ja nicht die Wahrheit, und Danny hat sie besucht, wenn er in den Ferien nach Hause kam.» Vera ließ den Blick über ihr Publikum schweifen. «Vielleicht denkt sie ja, dass sie doch noch zu jung ist, um sich festzulegen.»
    «Niemals!» Holly war ganz

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