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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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kennengelernt?»
    Diesmal erkundigte er sich nach dem Grund für die Frage.
    «Erzählen Sie’s mir doch einfach», sagte sie.
    Und das tat er. Vielleicht war er ebenso daran gewöhnt, Anweisungen entgegenzunehmen wie sie zu erteilen.
    «Das war im Willows. Auf einer Verlobungsfeier. Über Freunde von Freunden. Ich glaube, als Kinder sind wir uns auch schon begegnet. Sie wissen bestimmt, wie das ist, wenn man in der gleichen Gegend aufwächst. Ihre Eltern stammten aus vornehmeren Kreisen als meine, aber sie hatten kein Geld. Es gab da eine ziemlich traurige Geschichte mit einem Feuer, und das Haus war nicht versichert gewesen. Aber auf dieser Feier im Willows haben wir uns das erste Mal richtig miteinander unterhalten. Ich glaube, sie war vorher eine Weile weg. Auf einer Art Au-pair-Stelle oben an der schottischen Grenze bei Freunden von ihren Eltern. Sie war wunderhübsch. Das ist sie natürlich immer noch, aber damals war sie einfach atemberaubend schön.»
    Loyalität. Noch so eine Soldatentugend.
    Er nahm ein kleines Foto aus seiner Brieftasche. Es zeigte Veronica mit Anfang zwanzig. Sehr schmal und blass. Langes, dunkles Haar, das aus dem Gesicht gekämmt war. Ernst. Nicht mal die Andeutung eines Lächelns.
    «War Simon Veronicas erstes Kind?», fragte Vera.
    «Natürlich!» Er lachte kurz auf. «Die Schwangerschaft ist ohne jede Komplikation verlaufen. Alles ganz ohne Probleme, sie hatte auch keine Fehlgeburten vorher. Nichts in der Art. Er ist etwas zu früh gekommen, und die eigentliche Geburt habe ich verpasst, ich war im Nahen Osten und bin zurückgekommen, als alles schon vorbei war. Aber es ist alles völlig glattgegangen. Deshalb habe ich ja auch gedacht, wir könnten es riskieren, noch ein Kind zu bekommen, nachdem Patrick ums Leben gekommen war.» Er blickte auf. «Warum geht es hier eigentlich, Inspector?»
    «Hintergrundinformationen.» Sie behielt den Plauderton bei. «Oder sogar eher pure Neugier. Aber deswegen bin ich gar nicht da. Ich bin hier, weil da draußen das Auto von einer Frau steht, die vermisst wird.»
    «Ach ja?»
    «Connie Masters. Sie wohnt im Mallow Cottage, gleich gegenüber von Ihnen.»
    «Ich habe meine Frau mal von ihr reden hören, aber Mrs Masters selbst habe ich nie kennengelernt.»
    «Dann wissen Sie also nicht, was ihr Nissan Micra auf dem Parkplatz Ihres Unternehmens macht?»
    «Tut mir leid, Inspector, aber ich habe keinen Schimmer.» Er sah ihr mit klaren, grauen Augen ins Gesicht, und mit einem Mal konnte sie nicht mehr erkennen, ob ihr Gegenüber die Wahrheit sagte oder nicht. Sie stellte sich vor, wie er geschäftliche Verhandlungen führte. Oder Poker spielte. Er war bestimmt gut. Es konnte sein, dass er bluffte, aber sein Gesicht verriet rein gar nichts.
    Sie stand auf und bemerkte Ashworths Überraschung, dass sie es offenbar dabei belassen wollte. An der Tür blieb sie kurz stehen und drehte sich noch einmal um, um Eliot ins Gesicht zu sehen. «Ist Patrick beerdigt worden?», fragte sie. «Gibt es ein Grab?»
    Der Mann ließ nicht erkennen, ob die Frage ihn schockierte. «Nein. Er ist eingeäschert worden. Veronica wollte es so.»
    «Und die Asche ist auf Greenhough verstreut worden, dem alten Anwesen von Veronicas Familie.» Das war eine Feststellung diesmal, keine Frage.
    «Ja.»
    «Und deswegen liegt ihr das Grundstück so am Herzen?», fragte Vera.
    «Es liegt uns allen sehr am Herzen.»
    Und dann ging Vera aus dem Büro und schloss behutsam die Tür hinter sich.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel Achtunddreißig
    Auf der kurzen Fahrt vom Gewerbegebiet nach Barnard Bridge machte Vera den Mund nicht auf, außer um ein Telefongespräch entgegenzunehmen. Joe Ashworth glaubte, dass es der Kerl vom Sozialamt war, weil Vera ihn mit Craig anredete, doch er konnte nicht verstehen, worum es ging. Craig sprach, und Vera hörte zu, und das Gespräch dauerte die restliche Fahrt über. Sie hatten wieder Veras Land Rover genommen, was gegen sämtliche Vorschriften verstieß, weil der Wagen ungefähr hundert Jahre alt war und jeden Augenblick auseinanderbrechen konnte, aber falls die Straße überschwemmt wäre, kämen sie damit wenigstens durch. Die Fenster gingen nicht richtig zu, und der Motor war so laut, dass man das Gefühl hatte, in einem Panzer zu sitzen. Es stank nach Diesel und Abgasen.
    Als sie die Kiesauffahrt der Eliots hochrollten, sagte sie schließlich etwas. «Sie halten hübsch den Mund da drin, ja? Und machen Sie sich Notizen. Ausführliche Notizen. Die

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