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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Chardonnay und er mit einem Orangensaft. Er sah, dass der Rasen gemäht war, die Rabatten aber wirkten ungepflegt und zugewuchert. Wieder durchzuckte ihn ein überspannter Gedanke, wie er gar nicht zu ihm passte: Es kam ihm in den Sinn, dass sie womöglich aussahen wie ein Liebespaar – der verheiratete jüngere Mann und die muntere Geschiedene, beide auf Spaß und Leidenschaft und Gesellschaft aus. Trafen sich solche Menschen nicht in Hotels wie diesem? Zum allerersten Mal konnte er den Reiz einer solchen Affäre beinahe verstehen, den Kitzel.
    «Ich kann nicht lang bleiben. Mein Mann wartet darauf, dass das Abendessen auf den Tisch kommt.» Womit seine Phantasie in Stücke zersprang. Warum hatte er angenommen, sie wäre geschieden?
    «Wie lange arbeiten Sie schon im Willows?»
    Sie verzog das Gesicht. «Zwei Jahre.»
    «Gefällt der Job Ihnen denn nicht?»
    «Wie ich schon sagte, er ist sterbenslangweilig. Aber was anderes kann ich nicht. Früher bin ich davon ausgegangen, dass immer jemand da sein würde, der für mich sorgt. Und ich würde es wahrscheinlich nirgendwo aushalten, wo ich einem Chef in den Arsch kriechen muss.»
    Sie hielt inne, aber er unterbrach sie nicht. Er merkte, dass sie das Publikum genoss. Sie würde schon weiterreden.
    «Mein Mann ist im Immobiliengeschäft. Vor dem Boom hat er ein paar billige Wohnungen am Tyne gekauft, einigermaßen hergerichtet und an Studenten vermietet. Aber die Renovierungen sind größtenteils auf Kreditbasis gemacht worden. Er hat immer gedacht, er könnte die Wohnungen weiterverkaufen, wenn es eng für uns wird.»
    Wieder schwieg sie, und diesmal warf er eine Bemerkung ein. Nur um zu zeigen, dass er zuhörte. «Aber als es dann eng für Sie wurde, wollte niemand kaufen …»
    «Genau. Plötzlich ging uns das Geld aus. Es war ganz schön hart, sich umzustellen. Keine Urlaube im Ausland mehr, keine schicken neuen Autos. Wir mussten sogar die Putzfrau rausschmeißen.» Sie schnitt eine Grimasse, um ihm zu zeigen, dass sie über sich selbst lachte, über diesen bizarren Lebensstil. Offensichtlich kam sie nicht aus reichem Hause.
    Dann wurde sie wieder ernst. «Ich meine, wir haben’s überlebt, aber leicht war das nicht. Dann hat Danny angefangen zu studieren, und wir mussten die Gebühren bezahlen. Er ist unser einziges Kind, und wir wollten nicht, dass es ihm an irgendwas fehlt. Jerry hat sich schon den Arsch abgearbeitet, also war ich dran, den Hintern hochzukriegen und einen Job zu suchen. Ich war Mitglied im Willows-Fitness-Club, und als ich die Stellenanzeige gesehen habe, dachte ich mir: Das ist genau das Richtige für mich. Und es ist ja auch in Ordnung. Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass es so langweilig werden würde.»
    Sie schaute aus dem Fenster. Ashworth sah, wie draußen endlich auch Keating, der Gerichtsmediziner, eintraf. Er war bei einem anderen Fall aufgehalten worden, und im Dampfbad wartete immer noch Jenny Lister auf ihn.
    «Kannten Sie die Tote?»
    «Das Gesicht habe ich wiedererkannt. Wie sie heißt, hätte ich nicht gewusst.»
    «Was wissen Sie über sie?»
    «Sie hat es immer eilig gehabt und ist nie lang geblieben. Und sie war höflich. Hat mir immer zugelächelt und zugewinkt, auch wenn sie nur ihre Karte durch die Schranke gezogen hat. Sie hat mich behandelt wie einen Menschen, nicht bloß wie ein Rädchen in der Maschinerie.»
    Langsam musste Ashworth zum haarigen Teil übergehen. Jede Frau würde doch ihren Sohn beschützen, oder nicht? Was immer er auch getan haben mochte. «Sie haben Danny hier einen Ferienjob besorgt?»
    «Stimmt.» Und schon war sie in Verteidigungsstellung, sah zu ihm hoch, als wollte sie sagen: Na und? Das ist doch wohl kein Verbrechen!
    «Macht es ihm Spaß?»
    «Er ist ein junger Bursche. Klar würde er lieber im Bett bleiben oder mit seinen Kumpels losziehen. Aber es ist seine Idee gewesen. Er will im Sommer rumreisen und weiß, dass wir das nicht bezahlen können. Also muss er sich selbst drum kümmern.»
    «Wir müssen mit ihm reden», sagte Ashworth. «Er hat den Poolbereich sauber gemacht. Vielleicht hat er was gesehen.»
    «Dazu brauchen Sie doch nicht meine Erlaubnis. Er ist beinahe zwanzig. Erwachsen. Wenn sie ihn heute überhaupt reinlassen, muss er seine Schicht eben angetreten haben.»
    Ashworth wusste, dass sie Danny eingelassen hatten und dass dieser gerade in Taylors Büro saß. Er war der nächste auf der Liste der Angestellten, die Joe befragen wollte.
    «Was wissen Sie über die

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