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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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die Kleine den Fitness-Club an jenem Vormittag verlassen hat. Das muss gewesen sein, bevor ich die Leiche gefunden habe, denn unter den anderen Zeugen wäre sie uns aufgefallen. Ist sie selbst hingefahren, oder hat jemand sie mitgenommen? Und wir müssen hundertprozentige Sicherheit darüber haben, ob Danny Shaw da war oder nicht. Wir wissen, dass seine Schicht erst später begonnen hat, er also noch nicht bei der Arbeit war, aber vielleicht hatte er ja einen anderen Grund, im Hotel zu sein. Wenn er gesehen hat, wie Freya den Mord an Jenny begeht, hätten wir auch ein Motiv für den Mord an ihm.»
    Ashworth spürte, wie die Ideen durch Veras Kopf sprudelten. Sie konnte gar nicht mehr aufhören zu reden, genau wie seine Kinder, wenn sie zu viel Süßigkeiten mit künstlichen Inhaltsstoffen gegessen hatten. «Wenn Sie das alles rausgefunden haben, rufen Sie mich an, dann fahren wir nach Tynemouth und reden mit Freya. Oder wir fangen sie an der Uni ab, falls das neue Semester schon begonnen hat. Besser, wenn wir sie ohne Morgan erwischen. Mir gibt es hier einfach zu viele verdammte Zufälle.»
    «Sie halten Freya doch nicht im Ernst für verdächtig?», unterbrach Ashworth sie. «Wieso hätte sie Jenny Lister umbringen sollen?»
    Vera spie ihm die Worte förmlich entgegen. «Weil Morgan es ihr gesagt hat. Weil er wehrlose junge Frauen dazu bringt, das zu tun, was er will. Du lieber Himmel, er hat Mattie Jones dazu gebracht, ihren eigenen Sohn umzubringen!»
    Joe wollte sagen, dass sie dafür keinerlei Beweise hätten: Vera solle besser vorsichtig sein. Aber er wusste genau, dass sie nicht in der Stimmung war, auf ihn zu hören.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel Sechsundzwanzig
    Es war schon fast dunkel. Joe Ashworth stand neben dem wackligen schmiedeeisernen Tischchen in Connie Masters’ Garten und sah zu, wie ein Ermittler von der Spurensicherung im Unkraut herumstocherte, in dem noch immer Jenny Listers Tasche lag. Er hielt das alles für Zeitverschwendung, weiter nichts als eine aufwendige Show: der Ermittler in seinem blauen Schutzanzug und den Überschuhen, der aussah wie ein riesiges Teletubby. Er arbeitete jetzt im Schein einer starken Taschenlampe. Was konnte er da noch zu finden hoffen? Für Joe lag es auf der Hand, dass jemand die Tasche von der Straße aus ins Unkraut geworfen hatte, denn wie sonst war es möglich, dass der Bärenklau von außen völlig unberührt ausgesehen hatte? Sie würden keine Fußabdrücke finden, sie würden gar keine Spuren des Mörders finden, wenn es denn überhaupt der Mörder gewesen war, der die Tasche weggeschmissen hatte.
    Es war Veras Beschluss gewesen, unmittelbar nach der Besprechung in Kimmerston hierherzufahren. Er hatte nur widerwillig zugestimmt, zum einen, weil er fürchtete, sie könnte sonst Holly an seiner statt bitten mitzukommen, zum anderen, weil er nicht mehr die Kraft besaß, einen Streit vom Zaun zu brechen. Mit einem Mal deprimierte ihn sein Zynismus. Normalerweise ließen ihn seine Begeisterung für die Arbeit, seine Rolle als Veras Stellvertreter, als ihr Vertrauter und Ersatzsohn, solche öden Phasen in den Ermittlungen durchstehen. Es war seine Aufgabe, sie zu motivieren und zu ermutigen, ihr zu sagen, wie genial sie war, sie in Schwung zu halten. Doch dieses Mal fühlte er sich ausgelaugt. Vera würde das auf die Landschaft schieben, so weit im Landesinnern, alles flach und sumpfig: Was Sie brauchen, Joey, mein Junge, ist ein kräftiger Ostwind, der Ihnen die Spinnweben aus dem Kopf bläst. Aber Ashworth dachte, dass mehr nötig war als ein Spaziergang am Strand und eine frische Meeresbrise, um seine Stimmung wieder zu heben.
    Ganz im Gegensatz zu ihm sprudelte Vera immer noch vor Energie. Sie stand neben ihm und brüllte dem Mann auf der anderen Seite des Bachs etwas zu.
    «Können Sie mir sagen, wie lange sie da schon liegt?»
    «Nicht genau.» Der Ermittler war neu. Joe hatte ihn noch nie gesehen. Veras bizarre Art schien ihn zu verwirren, sie kam ihm bestimmt vor wie ein angriffslustiges Tier, und er war froh, dass sie auf der anderen Seite des Bachs gefangen war. «Noch nicht.»
    «Ich suche ein Notizbuch», rief sie. « DIN  A 4 mit festem Einband. Ich muss es haben, bevor Wasser da rankommt!»
    Joe wusste, dass das Notizbuch nicht da sein würde. Der Mörder war ja kein Idiot. Leder zu beseitigen mochte schwer sein, aber Pappe und Papier konnte man restlos verbrennen. Wieso also das Risiko eingehen, es wegzuwerfen?
    Er sah zu, wie der Ermittler

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