Seelentraeume
weitere vier Monate mit der Verfolgung der Sklavenhändler. Zuerst habe ich sie studiert und dann getötet. Ich habe sie eigentlich chancenlos auf offenem Feld abgeschlachtet, im Schlaf getötet. Ich habe ihre Lager vernichtet. Von meiner Hand starben vier Anführer. Es hat nichts gebracht. Sie rekrutieren einfach neue Strolche. Mir war klar, dass ich bis an die Spitze ihrer Hierarchie aufsteigen und das Haupt der Organisation abschlagen musste. Aber dazu galt es, den Markt zu finden, wo die Entführten verkauft werden. Bei meinem letzten Überfall fiel mir eine Karte in die Hände. Darauf ist verzeichnet, wo die Schiffe der Sklavenhändler landen, aber die Karte ist verschlüsselt, und ich konnte den Code nicht knacken. Dazu brauchte ich den Schlüssel.«
»Und so sind Sie in dem Käfig gelandet?«
»Ein Mann, mit dem ich verhandelt habe, hat mir eine Falle gestellt«, sagte Richard. »Eine Fehleinschätzung meinerseits, die sich nicht wiederholen wird. Ich wurde gejagt und bin geflohen. Ich wusste, dass das Edge meine Rettung sein würde. Leider war ich zu verwirrt, um zu wissen, wohin ich wollte, oder am Ziel jemanden zu warnen.«
Er beugte sich vor und neigte den Kopf. Eine Verbeugung, die jedem Blaublütigen gut angestanden hätte. »Es tut mir leid, dass ich Sie mit hineingezogen habe. Die werden dafür bezahlen. Mehr kann ich nicht für Sie tun.«
Er wollte das Gespräch beenden und sich mitsamt ihrer Chance, etwas auszurichten, vom Acker machen. Nein. Nein, das würde sie nicht zulassen. Die Verletzungen in ihrem Inneren waren noch zu frisch, die Erinnerung an das Feuer noch zu lebhaft. »Nichts da«, sagte Charlotte. »Ich begleite Sie.«
»Kommt nicht infrage.«
Sie sammelte sich und blickte mit dem ganzen Hochmut ihrer Erziehung auf ihn hinab. »Sie verstehen nicht, mein Herr. Das war keine Bitte.«
»Ich bitte um Verzeihung. Wenn das so ist, sollte ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass ich auf Drohungen nicht wohlwollend reagiere.«
Der Hund hob den Kopf und fletschte die Zähne.
»Sie sind nicht mein Feind«, sagte Charlotte. »Und ich will Sie auch nicht töten, Richard, ich will dem hier ein Ende bereiten.« Sie deutete auf den Käfig hinter ihm.
Als er seufzte, registrierte sie in seinem Gesicht zum ersten Mal Anzeichen von Erschöpfung.
»Vielleicht sollte ich meine Erklärungen fortsetzen. Wie ich schon sagte, benötigte ich einen Codeschlüssel.«
»Ja.«
»Jackal Tuline, einer der Unterführer der Sklavenhändler, hatte eine Schwester. Vor einem Monat servierte sie in einer Taverne Getränke. Voshak zog ihr eine Flasche über den Schädel und fiel vor einem Dutzend Zeugen über sie her. Er schlug ihr die Nase platt und renkte ihr den Kiefer aus. Ich habe sie selbst gesehen, die Frau ist nicht mehr wiederzuerkennen. Seit dieser Erfahrung ist sie schwer versehrt, und ihr Gesicht ist noch das geringste Problem.«
Charlotte warf einen Blick auf die verwesende Leiche. Der Kerl würde niemandem mehr Gewalt antun. Das zu wissen erfüllte sie mit schrecklicher, ungestümer Freude.
»Es hieß danach, dass Tuline sich rächen wollte, aber zu viel Angst hätte, sich Voshak vorzuknöpfen. Ich bin an ihn herangetreten und habe ihm eine Gelegenheit zur Revanche versprochen. Wir haben verhandelt.«
Richards Stimme triefte vor Hohn, als spräche er davon, durch Jauche zu schwimmen.
»Wir wurden handelseinig. Er würde mir den Codeschlüssel verkaufen, ich würde für Voshaks Ableben sorgen. Als ich mich dann im Wald mit Tuline traf, um ihn zu bezahlen, lockten mich sechs seiner Männer in einen Hinterhalt.« Richard grinste. Ein hartes, humorloses Grinsen. »Ich vergeudete ein paar Augenblicke damit, über Tulines Gerissenheit zu staunen. Er hatte die Vergewaltigung seiner Schwester selbst in die Wege geleitet.« Richard hielt inne. »Es war sein Plan, den er mit Voshak besprochen und in die Tat umgesetzt hatte. Und alles nur, um mich aus der Reserve zu locken. Dieses Ausmaß an Niedertracht geht über meinen Verstand.«
Charlotte hätte sich am liebsten übergeben. »Was ist dann passiert?«
»Ich habe ihn in zwei Stücke gehackt.« Richard beugte sich vor. »Als Declan mir seinen Vorschlag unterbreitete, sagte er mir, dass dieser Einsatz mich auffressen würde – und das hat er auch. Er hat mich aus vielen Gründen ausgewählt, zum großen Teil, weil ich nichts zu verlieren habe. Meine Familie braucht mich nicht mehr. Meine Frau hat mich verlassen. Und Kinder habe ich keine.«
In ihr regte
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