Seelenverkäufer
zu sein und keiner Seele etwas von dieser grandiosen Idee zu erzählen, beging Hogendahl den Fehler, wofür er sich am liebsten selber die Zunge abgebissen hätte, darüber mit einem von seinen Mechanikern zu sprechen, den er für treu und ergeben hielt. Natürlich stand der Bursche auch in Don Saraivas Sold und hatte nichts Eiligeres zu tun, als dem die Sache brühwarm zu erzählen.
Es war fast selbstverständlich, daß Don Saraiva für dieses durchaus im Bereich technischer Möglichkeiten liegende Projekt sofort Feuer fing. Der Gedanke, Tauchtiefen von hundert und vielleicht noch mehr Faden zu erzielen, bot ihm die Aussicht auf ungeheure, bis dahin für ewig verloren geglaubte Schätze. Am liebsten hätte er Hogendahl sofort in seine Kabine eingesperrt und nicht eher herausgelassen, bis der Konstruktionsplan für den Roboter fertig gewesen wäre.
Aber er stieß bei Hogendahl auf eisige Zurückhaltung. Der dachte auch nicht im Traum daran, mit Don Saraiva über seine vorläufig noch völlig ungewisse, sozusagen traumhafte Idee zu sprechen oder ihn sogar an zukünftigen Erfindungen zu beteiligen. Da verwies Don Saraiva, als ob er so etwas vorausgeahnt hätte, auf den kleingedruckten Paragraphen des Vertrages, daß danach nämlich Hogendahl verpflichtet sei, das Recht an sämtlichen an Bord der >Esperanza< gemachten Erfindungen Don Saraiva zu überlassen.
Hogendahl brüllte Saraiva an, er sei ein Schuft und ein Betrüger; Don Saraiva schrie zurück, was Hogendahl sich eigentlich einbilde und wofür er ein Salär von zehntausend Dollar im Jahr bekäme? Daraufhin erklärte der Ingenieur, für den Anblick dieser Menschenschinderei an Bord müßte er mindestens das Dreifache bekommen. Aber so viel Geld gäbe es auf der ganzen Welt nicht, daß es Don Saraiva gelingen könne, Hogendahls Gewissen darin zu ersäufen. Don Saraiva erwiderte kalt lächelnd, was das Gewissen beträfe, so sei das eine ganz alberne deutsche Erfindung, mit der er sich nie befaßt habe; aber wenn Hogendahl nun wirklich ein so zart besaitetes Gemüt besäße, dann könne er sich ja betätigen und durch die Verwirklichung seiner Pläne und Ideen seinem Gewissen für alle Zukunft ein sanftes Schlummerröllchen unterlegen.
Da war denn zwischen beiden Herren, wie man so sagt, der Bart ab, und das vollends, als Don Saraiva kühl erklärte, er werde Hogendahl, falls dieser sich weigere, den zwischen ihnen geschlossenen Vertrag zu erfüllen, in einem brasilianischen Gefängnis Gelegenheit geben, über Unterschriften und ihre Folgen für einen mündigen Mann nachzudenken. Und wenn Hogendahl die Konstruktion des Roboters nicht übernehmen wolle, dann werde er ein Heer von Technikern aufbieten und das Tauchgerät ohne ihn bauen lassen.
9
Hogendahl tippte mit dem Zeigefinger auf ein Buch mit marmoriertem Pappeinband, das neben ihm auf dem Tisch lag.
»Hast du schon einmal den Namen Ferdinand Braun gehört?« fragte er mich.
Ich mußte leider den Kopf schütteln.
»Er war ein Genie«, sagte Hogendahl, »und wurde mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.«
»Wofür bekam er den Preis?« fragte ich nicht allzu interessiert, denn ich entdeckte in dem, was er mir bisher erzählt hatte, und in der Erwähnung des Herrn Braun keinen rechten Zusammenhang.
»Für die Erfindung einer nach ihm benannten Röhre, mit der ein neues Zeitalter beginnen wird«, sagte Hogendahl mit einem fast feierlichen Ausdruck in der Stimme. »Denn diese Braunsche Röhre wird es ermöglichen, daß man in vielleicht gar nicht allzu fernen Tagen in jedem Kino und vielleicht sogar in jedem Haus auf einer speziell konstruierten Projektionsfläche Geschehnisse sehen kann, die sich, von einer Spezialfilmkamera aufgenommen, irgendwo in der Welt abgespielt haben.«
Ich muß ihn ziemlich dumm angegafft haben, denn er winkte ab und murmelte: »Ich sehe schon, daß du das nicht verstehen kannst, aber diese Möglichkeit, die der Technik jetzt gegeben ist, sozusagen fernzusehen und von Bord aus Dinge in der Tiefe des Ozeans zu beobachten, ist für meinen Tauchroboter, wenn man ihn so nennen will, von allergrößter Bedeutung.«
»Tatsächlich?« fragte ich, denn allzu klar sah ich immer noch nicht. Das schien Hogendahl ein wenig zu verstimmen.
»Für Dummheit kann man nichts«, brummte er, »die ist angeboren. Aber nun sei man nicht beleidigt, du willst ja kein Physikprofessor werden. Wo war ich mit meinem Bericht von den Ereignissen auf der >Esperanza< denn stehengeblieben?«
»Als Don
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