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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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nicht weniger als achtmal beim Portier angerufen, ob ich denn, zum Teufel, noch immer nicht angekommen sei? Und da wußte ich, daß ich Oberwasser hatte. Daraufhin wurde mir so ruhig im Magen, als hätte ich die ganze Flasche Baldrian aus Mutters Spind intus.
    Ein Page in einem grünen Affenjäckchen verfrachtete mich im Fahrstuhl in den ersten Stock, und von unten hatten sie wohl gemeldet, daß ich im Anmarsch sei. Denn in der Tür von Numero zehn stand schon Don Saraiva, schwarz und elegant gekleidet wie ein Herr in einem Modeblatt, mit weißen Gamaschen über den Lackschuhen, und eine goldene Sprungdeckeluhr in der Hand. Er brüllte mich an, ob ich denn total verrückt geworden sei, ihn eine geschlagene halbe Stunde warten zu lassen!
    »Tut mir mächtig leid, aber ich konnte mich nicht früher vom Geschäft freimachen«, sagte ich achselzuckend; aber da schob er mich auch schon rein ins Appartement und knallte die Tür hinter mir ins Schloß. Ich weiß ja nun nicht, was er sich von mir für eine Vorstellung gemacht hatte — sein Gesicht jedenfalls sprach Bände, als wir uns damals zum erstenmal in dem taghellen Hotelzimmer von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden. Ich muß ungefähr so wie ein Konfirmand ausgesehen haben: tapsig, schlaksig und, weil ich gerade anfing, in die Breite und Höhe zu gehen, überall ein paar Zentimeter aus dem blauen Einsegnungsanzug herausgewachsen.
    Don Saraiva wirkte wie ein strahlender Filmheld. Er hätte glatt die Rolle von Ramon Novarro oder vom Rudolfo Valentino spielen können mit seinem bräunlichen, kühnen Gesicht und mit seinen blauschwarzen, glänzenden Haaren. Man hätte sich nur wünschen können, so auszusehen, wie er, wenn er nicht so geschniegelt und gepudert gewesen wäre. Seine Hände zitterten. Und wahrhaftig, polierte Fingernägel hatte er auch — und das ist ja nun etwas, wo ich das Speien kriege.
    Sein Zorn über meine Verspätung legte sich rasch, und während er mich aufforderte, in einem Fauteuil Platz zu nehmen, drückte er auf einen Klingelknopf am Schreibtisch. Einen Augenblick später öffnete sich hinter mir, von der Rückenlehne des Sessels verdeckt, eine Tür, und in dem Luftstrom, der hereinwehte, roch ich den süßen Duft des Visitenkärtchens wieder und wußte, daß Fräulein Lydia Cornelius hinter mir stand.
    »Also, da ist unser junger Freund«, sagte Don Saraiva und deutete auf mich. Es war ein tückisches, tiefes Polster, in dem ich saß, und ich mußte mir erst richtig Schwung geben, um auf die Beine zu kommen. Aber da stand sie schon vor mir. Sie war noch schöner geworden in der Zwischenzeit, oder es schien mir nur so, weil sie sich hier sozusagen in einem Rahmen bewegte, der besser zu ihr paßte als unsere ollen, abgewetzten Plüschmöbel.
    »Ja, ich glaube mich zu erinnern«, sagte sie frostig und nickte mir zu, wie man eben einem >kleinen Schuft< zunickt, der gekommen ist, sich seine dreißig Silberlinge abzuholen. Nachdem sie sich dann zu uns gesetzt hatte, fragte Don Saraiva mit unverkennbarem Hohn und öliger Überlegenheit, welchem Umstand er denn nun eigentlich die Ehre meines Besuches zu verdanken habe. Dabei steckte er die Hand in die Hosentasche und klimperte darin mit Kleingeld, als wolle er mich so an die richtige Melodie erinnern. Aber ich ließ mich durch nichts aus der Ruhe bringen, sondern dachte bei mir: Na, warte nur ab, du wirst schon noch Augen machen!
    Und dann legte ich auch gleich ohne viel Umstände los. »Ja, Herr Saraiva«, sagte ich, als ob er mir das, was er bei sich dachte, gerade laut erzählt hätte, »da irren Sie sich nun ganz gewaltig, wenn Sie meinen, daß ich hergekommen bin, um Ihnen Herrn Hogendahl zu verkaufen.«
    Er hörte ruckartig auf, mit dem Geld zu klappern, und zog die Hand aus der Tasche, als hätte er sich die Finger verbrannt.
    »Ha?!« sagte er mit vorgeschobenem Kinn, und in seinen schwarzen Teufelsaugen knisterten Funken.
    »Nee, Sie brauchen sich gar nicht aufzuregen«, fuhr ich fort, nicht im mindesten eingeschüchtert, »aber wenn es so wäre, daß ich mir etwas verdienen wollte, dann hätte ich ja schon damals Gelegenheit dazu gehabt, als Sie mir den Kerl mit dem Fotoapparat auf den Hals schickten.«
    »Was für einen Kerl?« knurrte er wütend. »Das möchte ich mir doch sehr verbitten! Ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie sprechen?« Ich stellte jedoch fest, daß ihm meine Bemerkung in Gegenwart von Fräulein Cornelius sehr unangenehm und peinlich war. Mir fiel sozusagen ein

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