Seelenverkäufer
ausgeschlagen zu haben, das er dir durch den Kerl mit dem Fotoapparat gemacht hat.
»Um was handelt es sich denn?« fragte er. Er beherrschte die deutsche Sprache fließend, man merkte ihm kaum den Ausländer an.
»Es handelt sich um Herrn Hogendahl, was Ihnen wohl schon das Fräulein gesagt hat. Aber mehr möchte ich am Telefon lieber nicht erzählen.«
»Hogendahl?« brummte er, als müsse er sich erinnern, wer das sein könne. »Ich habe offengestanden kein großes Interesse mehr an dem Herrn.«
Daß er jetzt log wie gedruckt und mich nur für dumm verkaufen oder meinen Preis drücken wollte, war mir sonnenklar. Deshalb setzte ich auch alles auf eine Karte und sagte kühl wie ein Eisschrank: »So? Dann entschuldigen Sie man schon, daß ich Sie gestört habe.« Dabei tat ich so, als wollte ich im nächsten Moment einhängen.
Aber ich hatte das letzte Wort noch nicht gesprochen, als er auch schon hastig: »Halt, halt!« rief und mich fragte, wann ich Zeit hätte, ihn aufzusuchen. Hätte er nicht so getan, als ob ihm an Hogendahl nichts mehr gelegen sei, wäre ich wahrscheinlich sofort hingegangen, denn ich wollte ja unserem Mieter so schnell wie möglich aus der Bredouille helfen; aber weil ich nun wußte, daß Don Saraiva auf noch heißeren Kohlen saß als ich, antwortete ich frostig, daß ich leider vor Montag nächster Woche keine Zeit fände und er sich bis dahin schon gedulden müsse.
»Unmöglich!« schrie er. »Ich reise am Mittwoch nächster Woche wieder ab und bin bis dahin von morgens bis abends und bis tief in die Nacht hinein besetzt!«
Damit nun hatte er mir alles verraten, was ich wissen wollte, daß er nämlich hinter Hogendahls Erfindung her war wie der Teufel hinter der armen Seele. Jetzt, wo sich ihm eine Gelegenheit zu bieten schien, hinter Hogendahls Geheimnisse zu kommen, wollte er bestimmt keine Stunde länger warten, weil er vor Gier und Ungeduld schon am Platzen war.
»Tut mir leid«, sagte ich freundlich, »aber in dieser Woche bin ich leider besetzt.« Der Generaldirektor von Siemens & Schuckert hätte es nicht besser als ich herausgebracht, und ich hörte, daß Saraiva etwas auf spanisch oder portugiesisch zu Fräulein Cornelius sagte, was im Tonfall genauso klang, als hätte er auf deutsch: >Dieser gottverdammte Lümmel!< gesagt. Anschließend knurrte er: »Also schön, ich werde versuchen, mich am Montag für ein paar Minuten für Sie freizumachen.«
»Ja bitte, versuchen Sie es, Don Saraiva«, sagte ich höflich.
»Vormittags um elf?« schlug er vor.
»Ist mir genehm«, sagte ich, nachdem ich so getan hatte, als müsse ich erst meinen Terminkalender befragen. »Und wo kann ich Sie
finden?«
»Im >Hotel Atlantiks Ich werde dem Portier Bescheid geben, daß ich Sie erwarte.«
13
Himmel, Zwirn und Wolkenbruch! Was schlichen diese Tage und Stunden bis zum Montag langsam dahin. Wenn ich mir nicht felsenfest eingebildet hätte, daß Don Saraiva wohl dasselbe empfinden mußte wie ich, dann hätte ich mir vor Ärger über meine Großspurigkeit mein Monogramm in den Bauch beißen können. Mit dem Sonnabend ging es ja noch an. Das war für uns immer ein Hauptgeschäftstag, an dem die Kunden auch die besseren Obstsorten und das feinere Gemüse kauften; für mich gab es Lauferei genug, um mich für den Tag zu beschäftigen. Aber daß ich auch den Sonntag hinter mich brachte, ohne vor Spannung und Erwartung zu platzen, das war schon das reine Wunder. Und seine Sonntagspredigt in der Hedwigskirche schien Pfarrer Malzahn direkt an mich zu richten, denn er hatte aus den Sprüchen Salomos jenen ausgewählt, wo es heißt, daß ein Geduldiger mehr ausrichtet denn ein Starker.
Ob es an dieser Predigt lag, daß ich am Montag mit halbstündiger Verspätung in Don Saraivas Hotel eintraf, möchte ich bezweifeln. Auf jeden Fall war es einer der besten Einfälle, die ich je gehabt habe, mich noch eine Weile in den Straßen herumzutreiben und den hohen Herrn auf mich warten zu lassen. Denn als ich endlich im >Hotel Atlantik« eintrudelte, da stürzten gleich der Portier und zwei Pagen wie die Habichte auf mich los und fragten, ob ich etwa jener Pitt Tümmler sei, den Don Saraiva erwartete. Und als ich schlicht bejahte, schüttelte der Portier über seinem goldbestickten Feldmarschallkragen bloß den Kopf, als könne er es nicht verstehen, daß ein so großer Mann wie Don Saraiva wegen solch einer Rotznase wie mir die Nerven verlieren konnte. Während der letzten zwanzig Minuten hatte der nämlich
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