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Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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sich nicht besonders oft sahen und eigentlich auch nicht viel füreinander empfanden.
    Und es war auch klug von ihr, die Sache so zu behandeln und eine gewisse Distanz zu wahren, wie diese Videos ja wohl bewiesen. Es war klug, nicht mit jemandem zusammen zu sein, für den sie möglicherweise irgendwelche echten Gefühle hegte, mit jemandem, der eventuell auch etwas für sie empfand. Es war klug, sich nicht auf Menschen einzulassen, von denen sie wusste, dass sie vielleicht...
    Der Gedankengang riss abrupt ab, als sich die Szene vor ihren Augen wandelte und eine neue Vorstellung in einer neuen Kulisse begann. Chess sah plötzlich klar. Ihr Mund stand offen, ihr Magen machte einen gewaltigen Satz, und ihre Finger tasteten nach dem Handy.
    Kym Pyle, an ein brutal aussehendes Eisengestell gefesselt, in einem Raum, den Chess nicht erkannte. Ihre Haut war weiß angemalt oder mit einem weißlichen Puder bestäubt, sodass sie im schummrigen Licht leuchtete, und um ihre Augen waren schwarze Kreise gezogen. Sie bäumte sich in den Fesseln auf, entblößte die Zähne und warf den nackten Körper herum, als Roger auf sie zukam und etwas nach ihr warf, was wie Erde aussah.
    Als wäre sie ein Geist.
    Ricantha, um Geister zu rufen und zu binden, dazu ein Symbol, um die Seele im Körper festzuhalten, und Althea, damit sie sich nicht mit ihrem eigenen Psychopomp vereinigte. Eine Eule, um sie nach der Befreiung festzuhalten und an den gewünschten Ort zu bringen. Vielleicht auch schwachen elektrischen Strom, um den Geist feste Gestalt annehmen zu lassen?
    Chess konnte den Blick nicht vom Bildschirm abwenden. Sie guckte mit aufgerissenen Augen und vergaß glatt zu blinzeln.
    Terrible hatte gesagt, die Handtasche einer Hure sei so etwas wie ihre Seele, der einzige wirkliche Besitz, den sie hatte. Etwas mit derartig viel Energie war ein Totem, ein Stellvertreter, der die Seele mit der Welt oberhalb der Stadt der Toten verbinden konnte.
    Sie war so dumm gewesen, so verdammt dumm. Sie hatte sich so sehr auf die Augen und ihren eigenen kostbaren Arsch konzentriert, dass sie den deutlichsten Hinweis übersehen hatte, das Alleroffensichtlichste überhaupt.
    Sie selbst hatte es immer und immer wieder gesagt: Geister hingen am Ort ihres Todes fest. Sie machten keine Fortschritte.
    Und was tat eine Nutte? Sie hatte Sex. Sex für Geld.
    Wenn man also der Geist einer ermordeten Prostituierten war und ein Bordell eröffnen wollte, was würde man dann logischerweise tun?
    Man würde es mit Geisterhuren besetzen.
    Die Szene auf der Disc wechselte, aber Chess sah nicht mehr hin. Sie drückte die Kurzwahltaste, unter der Terrible gespeichert war und versuchte, ihre zitternden Hände zu beruhigen.
    Hätte sie verhindern können, dass es so weit kam, wenn sie besser aufgepasst hätte?
    Sie hatte von Anfang an alles falsch gemacht. Weil sie sich mit Lex eingelassen und so viel Zeit damit vergeudet hatte, in ihrem drogenvernebelten Kopf Gedanken zu wälzen, ob sie beobachtet wurde, ob man sie erwischen würde und wie sie die Dinge verbergen konnte, die auf keinen Fall herauskommen durften.
    Apropos Enthüllungen ... Sie ließ das Handy zuschnappen. Seit der Nacht im Haus der Pyles hatte sie mit Terrible nicht mehr gesprochen. Eigentlich seit diesem bescheuerten Streit nicht mehr. Was sollte sie jetzt tun, ihn anrufen, sagen, was sie wusste, und das war's dann?
    Nein. Sie war gerade high genug, gerade aufgeregt genug, um zu beschließen, dass sie es ihm persönlich sagen sollte. Um zu beschließen, dass sie es sich verdient hatte, mit eigenen Augen zu sehen, wie er reagierte. Und außerdem - na ja, sie wollte ihn einfach sehen, und so benebelt, wie sie im Moment war, hatte sie das nötige Selbstvertrauen, den Gedanken in die Tat umzusetzen. Immerhin war sie ihm doch noch etwas schuldig, oder?
    Zeit, die Sache zu begleichen.

18
    Selbstverständlich sind Sie aufgefordert, das Gespräch mit
    Kindern zu suchen und ihre Fragen mit der Wahrheit zu
    beantworten, die ihrem Alter und ihren Lebensumständen
    angemessen ist. Vergessen Sie aber niemals, dass sie es nicht
    mit Erwachsenen zu tun haben; es sind Kinder.
    Mit gutem Beispiel vorangehen!
    Handbuch für Kirchenangestellte
    Zwanzig Minuten später stand sie im Flur vor seiner Wohnung. In ihrem Magen tummelten sich fröhliche Schmetterlinge, und ein Zwölferträger Bier hing schwer an ihrer linken Hand. Sie klopfte an der dicken Stahltür.
    Keine Antwort. Okay. Aber wo war er dann? Ihr war gar nicht der

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