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Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Titel: Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Krahlisch
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weibliche Kapitäne gibt es. Ich stelle mir immer vor, wie diese Frauen aussehen. Und in meiner Vorstellung sind sie unglaublich schön, intelligent und sympathisch. Und ich verabscheue sie dafür.
    Vor ein paar Jahren hatte ich einen Alptraum. Ich träumte, Heribert würde sich von mir trennen. Ich träumte von einem Telefonat, in dem er mir erzählte, dass er sich in eine Offiziersanwärterin verliebt habe. Zwischen ihnen sei alles ganz toll. Sie würden viele Interessen teilen. Nicht nur die Seefahrt, sondern auch ihre Vorliebe für Science-Fiction-Filme. Es war ein ziemlich realistischer Traum, denn unser unterschiedlicher Filmgeschmack ist ein ständiges Thema. Ich liebe ruhige und humorvolle, deutsche und französische Filme. Science-Fiction-Filmen kann ich nichts abgewinnen. Wenn Heribert Urlaub hat, stehen wir oft in der Videothek und können uns nicht entscheiden. Meistens nehmen wir dann zwei Filme mit nach Hause. Einen für ihn, einen für mich. In meinem Traum hatte ich großes Verständnis für seinen Entschluss. Ich wünschte ihm alles Gute und legte auf. Als ich kurz darauf erwachte, war ich völlig am Ende. Ich griff zum Handy und rief ihn sofort an. Sein Schiff lag gerade in Ägypten im Hafen von Port Said. Ich erzählte ihm von meinem Traum. Er musste lachen. Das war die einzig richtige Reaktion.
    Derzeit befindet sich auf seinem Schiff auch eine Frau, eine 22-jährige Auszubildende aus dem Maschinenraum, die Schiffsmechanikerin werden möchte. Das Gute ist, dass ich sie bereits kennengelernt habe. Sie machte gerade ein Praktikum an Bord, als ich Heribert im vergangenen Jahr auf seinem Schiff in Hamburg besuchte, und wir unterhielten uns lange. Sie erzählte mir von ihrem Freund. Natürlich ist das keine Garantie, das weiß ich, aber wenigstens habe ich im Moment keine Alpträume.
    Rotes Meer, 26. 07. 2002
     
    Hallo, meine liebe Nancy,
    hier nun ein weiterer Versuch, dir einen langen Brief zu schreiben. Erst einmal vielen Dank für deine E-Mail. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schön es für mich ist, ein Lebenszeichen von dir zu bekommen, welches nicht Wochen oder gar Monate alt ist. Wenn diese gelbe Kontrollleuchte am Satcom-Gerät blinkt und eine Nachricht von dir kommt, ist das fast wie Geburtstag und Weihnachten auf einmal. Der Gedanke, dass du vielleicht vor nicht einmal zwei Minuten an deinem Computer warst, um mir zu schreiben, ist einfach wundervoll.
    Ach ja, es tut mir übrigens leid, dass dich meine kleine Weltreise so viel kostet. Doch glaube mir, diese Investition lohnt sich. Denn sobald ich zu Hause sein werde, wirst du keinen einzigen Schritt mehr gehen müssen. Dann werde ich dich auf Händen tragen. Allerdings wirst du in der ersten Zeit nach meiner Heimkehr außerhalb deiner Wohnung erst einmal auf dieses Privileg verzichten müssen, denn ich denke nicht daran, das Haus zu verlassen. Ich würde dich also bitten, ein paar Konserven mit Nahrungsmitteln zu besorgen. Es wäre doch schade, wenn wir während unserer trauten Zweisamkeit verhungern müssten.
    Nun aber genug davon. Ich werde dir nun einmal schreiben, wie es mir an Bord meines neuen Schiffes bisher so ergangen ist. Bei meiner Ankunft wurde ich übrigens sehr nett vom Kapitän empfangen, also kein Vergleich zum letzten Mal.
    Mein Tag beginnt immer um 7.45 Uhr. Wenn der Wecker klingelt, gehe ich ins Bad, dusche schnell, putze mir die Zähne und ziehe mir etwas an. Pünktlich um drei Minuten vor acht melde ich mich auf der Brücke. Da treffe ich den Kapitän, mit dem ich die nächsten vier Stunden verbringe. Neben meinen Tätigkeiten als Wachgänger, zu denen es gehört, jede Stunde die Schiffsposition zu bestimmen und diese dann in die Seekarte einzuzeichnen, die Uhrzeit für Sonnenauf- und -untergang zu berechnen und Wetterbeobachtungen vorzunehmen, hören der Kapitän und ich meistens Deutsche Welle Radio. Aus den Beiträgen, die gesendet werden, ergeben sich viele Diskussionsthemen, die uns die ganze Wache über beschäftigen. Um 12 Uhr ist meine Wache vorbei, und ich gehe langsam zur Messe. Dort werde ich dann schon von unserem Dritten Ingenieur erwartet. Während ich also meinen Platz einnehme und vom Steward von vorne bis hinten bedient werde (er schenkt mir zum Beispiel sofort nach, sobald mein Glas leer ist), fragt mich der philippinische Ingenieur über mein Liebesleben und über dich aus. Bisher hegte ich nur den Verdacht, dass er eventuell schwul sein könnte, doch gestern unterhielt ich mich während

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