Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)
paar Hörspiele mitgebracht. Und dann musste ich auch schon wieder in die Maschine nach Singapur.
Da das Flugzeug überbucht war, haben sie mich in die Business-Klasse gesetzt. So konnte ich den Flug über gemütlich ein paar Filme genießen und dann noch schön schlafen. Bei der Ankunft in Singapur wurde ich von zwei Agentinnen empfangen, die auf mich und ein paar andere Seeleute gewartet haben. Sie halfen uns bei der Zollabfertigung und den Passkontrollen. Hier erfuhr ich auch, dass ich mit dem Zweiten Ingenieur unseres Schiffes ins Hotel gebracht werden sollte, weil das Schiff erst später einlaufen würde. Also steckten uns die Agentinnen in ein Taxi zum Hotel. Wir fuhren zusammen mit ein paar Italienern einer anderen Reederei. Die Italiener mussten sich zu dritt ein Zimmer teilen. Der Zweite Ingenieur und ich bekamen jeder ein Einzelzimmer. Im Hotel habe ich erst einmal ein Vollbad genommen. Ich dachte mir, dass das bestimmt die letzte Möglichkeit für die nächsten vier Monate sein würde.
Danach habe ich mich mit dem Zweiten Ingenieur, er ist übrigens Russe und heißt Alexej, zum Abendessen getroffen. Das Büfett war riesig. Ich glaube, ich habe mindestens eine Tonne Schrimps gegessen. Um 1 Uhr nachts kam dann das Taxi und brachte uns zum Schiff. Die Fahrt dauerte überhaupt nicht lange, aber der Weg dorthin war sehr beeindruckend. Erst fuhren wir durch diese riesige Stadt voller Wolkenkratzer, dann durch den Hafen mit seinen riesigen Containerterminals.
An Bord angekommen, begrüßte mich der Erste Offizier, drückte mir meinen Kammerschlüssel in die Hand und meinte nur: »Bis später!« Weil ich nicht wusste, was ich anderes tun sollte, ging ich also erst einmal in meine Kammer und packte aus. Die Kammer ist super. Ich habe ein Bett, zwei Schreibtische, eine Couch, einen Couchtisch und ein kleines Badezimmer mit Dusche und WC. Ach ja, zusätzlich habe ich natürlich noch einen Stuhl und einen riesigen Schrank. Ich packte also aus, die Stunden verstrichen, und niemand meldete sich bei mir. Langsam wurde ich etwas nervös. Ich wollte mich doch endlich an die Übergabe mit meinem Vorgänger, dem Dritten Offizier, machen.
Kurz bevor ich hätte einschlafen können, so gegen 7 Uhr morgens, klingelte mein Telefon, und die Übergabe sollte beginnen.
Mein Vorgänger war wie ich 25 Jahre alt. Er war sehr nett und hilfsbereit. Am Anfang der Übergabe war ich noch guter Dinge. Doch mit der Zeit, mit jeder Stunde, die verstrich, hatte ich mehr und mehr Aufgaben zu erledigen. Ich zweifelte nicht daran, dass ich die zu meiner Zuständigkeit gehörenden Pflichten erledigen könnte, aber die Zeit der Einweisung erschien mir viel zu kurz. Hier sollte ich die gesamte Schiffskommunikation mit all ihren Haupt-, Neben- und Notsystemen leiten. Da die Ladungsübernahme überwachen. Hier wieder die private Kommunikationsabrechnung führen, da die Seekarten und Bücher berichtigen. Dann noch die Reiseberichte für den Charterer erstellen, ach ja, die Seereisen planen und natürlich das Wichtigste: jeden Tag acht Stunden auf Wache gehen und auf Manöverstation achtern das An- und Ablegemanöver leiten. Jetzt, ein paar Tage später, kann ich sagen, dass das alles gar nicht so schlimm ist. Doch im ersten Moment wuchsen mir meine Aufgaben fast über den Kopf. Ich fragte mich, ob die denn nicht wussten, dass ich gerade erst das Studium abgeschlossen und noch nie zuvor auf einem Containerschiff Dienst getan hatte.
Auf jeden Fall verschwand der alte Dritte nach der Übergabe ziemlich schnell, und um 18 Uhr begann mein Dienst: die Ladungswache. Da stand ich nun, ohne auch nur eine blasse Ahnung von dem zu haben, was genau zu tun war, und regelte die Übernahme einer nicht enden wollenden Anzahl von Containern. Um Mitternacht war dann Wachende für mich. Ich habe aber kurz davor festgestellt, dass die nächste Seereise noch gar nicht geplant war. Also ging ich auf die Brücke, um bis 4 Uhr morgens die Reise von Singapur nach Durban (Südafrika) zu planen. Kaum lag ich im Bett, klingelte das Telefon. Bereitmachen zum Ablegen. Ich glaube, es war ganz gut, dass ich so müde war. So hatte ich keine Möglichkeit, mir zu viele Gedanken über das Ablegen zu machen. So ein Manöver hatte ich schließlich noch nie geleitet. Ich zog mir also meinen Overall an, schnappte mir mein Funkgerät und ging auf meine Manöverstation. Ich weiß auch nicht mehr genau, wie es geklappt hat, aber ich habe den Matrosen die Anweisungen gegeben, die ich
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